Neuer Premier, alte Probleme Boris Johnson setzt sich durch

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Da die EU bereits wiederholt deutlich gemacht hat, dass sie nicht willens ist, Theresa Mays Austrittsabkommen neu zu verhandeln – ein Vorschlag, den das Parlament bereits dreimal abgelehnt hat –, ist unklar, wie genau Johnson beabsichtigt, sein Land erfolgreich aus Europa zu führen.

Andererseits ist Alexander Boris de Pfeffel Johnson, der 1964 in New York geboren wurde und in Oxford studiert hat, dafür bekannt, seinen Skeptikern die Stirn zu bieten. Wie er 2004 selbst sagte: „Meine Chancen, Premierminister zu werden, stehen in etwa so gut, wie Elvis auf dem Mars zu finden oder dass ich als Olivenbaum wiedergeboren werde.“

Der Urenkel eines türkischen Journalisten begann seine Karriere als Korrespondent in Brüssel beim Daily Telegraph, und war bekannt dafür, kräftig gegen die EU auszuteilen. Später wurde er Redakteur beim Spectator, war für zwei relativ unspektakuläre Amtszeiten Bürgermeister von London und hatte zuletzt kurzzeitig den Posten des britischen Außenministers inne.

2016, bevor er zu einem der lautstärksten Befürworter für den Ausstieg aus der EU wurde, schrieb Johnson zwei Kolumnen, in denen er das Für und Wider eines EU-Referendums gegenüberstellte. Tatsächlich erwies sich Johnson, trotz der schlechten Chancen und der ungünstigen Umstände, als Stehaufmännchen.

Doch obwohl er vermutlich eher in der Lage sein wird, seine Partei mehr zu einen als seine Vorgänger, steht mit ziemlicher Sicherheit fest, dass er eines nicht überleben wird: die Parlamentswahlen. Nichtsdestotrotz scheint dies das wahrscheinlichste Szenario zu sein, besonders wenn die Konservativen, die für einen Verbleib in der EU sind, sich dafür entscheiden sollten, dass der Sturz der Regierung eine annehmbarere Option ist als ein No-Deal-Brexit. In einem solchen Szenario würde die Labour-Partei voraussichtlich wieder durch eine Koalition an die Macht kommen und eventuell ein zweites Brexit-Referendum fordern.

Daher scheint ein wie auch immer gearteter Deal, der eine Einigung über die Frage der irischen Grenze beinhalten müsste, wahrscheinlicher als überhaupt kein Deal. Die Wettbüros sehen das Risiko für einen No-Deal-Brexit bei weniger als 20 Prozent – doch damit liegt das Risiko immer noch höher als beim ursprünglichen Referendum im Juni 2016.

Dies alles bedeutet, dass das Vereinigte Königreich, trotz eines neuen Gesichts in Downing Street Number 10, ein weiterer Sommer voller Unsicherheiten bevorsteht. Und diese Unsicherheit wird weiterhin auf der Wirtschaft des Landes lasten.

In einem am Montag veröffentlichten Bericht warnte das UK National Institute of Economics and Social Research, dass das Wachstum in Großbritannien bereits zum Stillstand gekommen sei und dass das Land mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent bereits in einer technischen Rezession stecke. „Die Aussichten für die Zeit nach Oktober sind tatsächlich sehr düster“, schrieb das unabhängige Forschungsinstitut, „und es könnte im Falle eines ungeordneten No-Deal-Brexits zu einem heftigen Konjunkturabschwung kommen.“