Neue Pflichten für Kunstsammler Regulierung des Kunstmarktes als Zeichen der Zeit?

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Neue Regeln zur Ausfuhr

Die bedeutende Ottheinrich-Bibel beispielsweise konnte nach deutschem Kulturgutschutzrecht nicht mehr unter Schutz gestellt werden, als sie bereits zur Versteigerung nach London ausgeführt worden war. Ohne kurzfristige Finanzierung durch eine Allianz öffentlicher und privater Geldgeber hätte dieses Werk, dessen Abwanderung man als wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz wertete, nicht für die Bayerische Staatsbibliothek erworben werden können.

So muss bei einer Ausfuhr innerhalb des EU-Binnenmarktes bislang nur für solches Kulturgut eine Ausfuhrgenehmigung eingeholt werden, das zuvor in das sogenannte „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ eingetragen worden ist. Im Eintragungsverfahren befindliche Kulturgüter dürfen per se nicht ausgeführt werden. Aber auch eingetragene Kunstwerke können nach bisheriger Genehmigungspraxis in der Regel nur zu vorübergehenden, sprich Ausstellungszwecken, ausgeführt werden.

Künftig soll ein Genehmigungserfordernis für die Ausfuhr in andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zusätzlich für Kulturgut bestimmter Alters- und Wertgrenzen gelten. Dabei orientiert sich der Gesetzesentwurf zunächst an den Vorgaben nach geltendem EU-Recht für Ausfuhrgenehmigungen, wenn Kulturgüter ins außereuropäische Ausland verbracht werden sollen.

Dabei setzt der Gesetzgeber die Wertgrenzen jedoch deutlich herauf. Beispielsweise von 50 auf 70 Jahre und 150.000 Euro auf 300.000 EUR für Bilder und Gemälde. Durch dieses neue Genehmigungserfordernis werden die deutschen Behörden in die Lage versetzt zu entscheiden, ob das betroffene Kulturgut ausgeführt werden darf oder einzutragen ist.

Die Kehrseite

Die internationale Fungibilität bedeutender Kulturgüter wird durch die Unterschutzstellung nicht unerheblich eingeschränkt. Dies wird durch die Neuregelung des Kulturgutschutzrechts insbesondere mit dem Ziel, die Effektivität des deutschen Eintragungssystems zu verbessern, mehr Kunstsammler als zuvor treffen.

Die Eintragung als solche greift eindeutig in die Eigentumsrechte der Inhaber betroffener Kulturgüter ein. Das sieht auch das Bundesverwaltungsgericht nicht anders, hat jedoch bereits im Jahre 1993 entschieden, dass die Eintragung keine Enteignung, sondern eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Artikels 14 I 2 des Grundgesetzes sei. Das Kulturgutschutzgesetz knüpfe an der sozialen Funktion des Eigentumsobjekts an, daher könne eine Eintragung auch nur bei national wertvollem Kulturgut gerechtfertigt sein.

Wie können jedoch die Voraussetzungen einer Eintragung so präzise formuliert werden, damit genügend Rechtssicherheit besteht und die Regulierung nicht übers Ziel hinaus schießt?

Zwar sieht der Gesetzesentwurf eine ausführlichere und an die bisherige Prüfungspraxis anknüpfende Formulierung der Prüfvorgaben vor, jedoch konstatiert die Gesetzesbegründung unter Bezugnahme auf die oben genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugleich, dass sich die den Begriff des national wertvollen Kulturgutes prägenden Merkmale abstrakt nicht abschließend festlegen lassen.

Die Unsicherheit für die betroffenen Eigentümer wird nicht dadurch geringer, dass die Entscheidung über eine Eintragung von der Zustimmung eines aus dem Kreis der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen, der Wissenschaft, des Kunsthandels und Antiquariats und der privaten Sammler bestehenden Sachverständigenausschusses abhängig gemacht wird.

Auch wenn die Eintragung ausweislich des Wortlauts und der Begründung des Gesetzesentwurfs keine Ermessensentscheidung sein soll, bietet die in der Sache durchaus begründete Einbeziehung des Sachverständigenausschusses weitere Unwägbarkeiten. Umso wichtiger wird die Festlegung ausreichend transparenter Entscheidungskriterien sein.

Warum hingegen die zum Ausgleich für die Sozialbindung der Eigentums vorgesehenen steuerlichen Privilegierungen nunmehr lediglich auf den Status Quo festgeschrieben werden –  das heißt Erbschafts- und Schenkungssteuerbefreiung nach Paragraf 13 I Nr. 2 b) des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) sowie Geltendmachung von Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen nach Paragraf 10g EStG – und nicht ähnlich wie bisher offen formuliert werden (zum Beispiel als „insbesondere“-Regelung), um die steuerlichen Anreize möglicherweise künftig zu verbessern, ist ebenso fraglich.