Neuauflage des etwas anderen Marktausblicks Wie sich Gehälter und Jobprofile im Private Wealth Management entwickeln
Wo sehen Sie derzeit die Private-Wealth-Management-Branche in Deutschland?
Karin Schambach: Wir haben im Private-Wealth-Management-Markt in diesem Jahr deutlich gespürt, dass die Unternehmen im Vorjahr gute Ergebnisse erwirtschaftet haben. Der Aktienmarkt hat ein weiteres Jahr mitgespielt, was die generell in der Finanzindustrie ziemlich angespannte Stimmung etwas entschärft hat. Im Private Banking gab es mehr Angebote und auch eine größere Wechselbereitschaft als in den Jahren zuvor. Dennoch schwebt über allem das Damoklesschwert. Der volatile Aktienmarkt der letzten Monate hat die Nervosität bei den Anbietern sofort entfacht. Einen Ertragseinbruch kann sich dieser Tage niemand leisten. Konkret gesprochen hat dies mancherorts zu Entlassungen geführt. Eine durchaus gute Nachricht für das Private Wealth Management aber ist der nach wie vor geringe Einfluss der Robo-Advisors auf das Geschäft. Der gehobene Privatkundenmarkt zeigt sich nach wie vor konservativ. Hier sehen wir noch keine grundsätzlichen Verwerfungen.
Wie verändert sich das Jobprofil bei Beratern und Portfoliomanagern im Vergleich zu den Vorjahren?
Schambach: Wir können nicht von einer Umkehr der Trends der vergangenen Jahre sprechen. Das Kundenbuch des Beraters ist heute so wichtig wie eh und je und öffnet die Türen für einen Jobwechsel. Nur in Ausnahmefällen wird dagegen in junge Talente investiert, weil niemand glaubt, die Zeit zu haben, länger auf den Aufbau des Geschäfts und die Erträge warten zu können. Im Portfoliomanagement stellt sich die Situation anders dar: Hier sehen wir eine fortschreitende Professionalisierung. Immer wichtiger wird die Fähigkeit, Risiken in Portfolien zu bewerten und die dahinterstehenden Methoden zu beherrschen. In dieser Rolle sind heute eher die Jüngeren gefragt, die exzellent ausgebildet sind und dabei gleichzeitig noch kostengünstig.
Wie wirkt sich die zunehmende Abkehr vom Beratungsgeschäft auf das Recruiting von Private-Wealth-Personal aus?
Schambach: Wir müssen zwischen dem Massengeschäft und dem Geschäft mit den sogenannten High-Net-Worth-Kunden unterscheiden. In dem Top-Segment sehen wir die Auswirkungen bislang nicht. Denn hier greifen weder standardisierte Modelle noch die Digitalisierung, und die Profitabilität ist gewährleistet. Allerdings sehen wir tatsächlich eine starke Konzentration im Recruiting auf dieses Top-Segment.
Wird Ihrer Einschätzung nach die Zahl der Jobwechsel in naher Zukunft zunehmen?
Schambach: Wir rechnen bei Indigo nicht mit Wachstum in diesem Markt, sondern eher mit Konsolidierung. Übernahmen und Fusionen bedingen Abbau bei dem einen, aber auch den Aufbau bei dem anderen. Unterm Strich wird die Zahl der Private Wealth Manager nach unserer Einschätzung dennoch eher zurückgehen.
Kommt für jobsuchende Private Banker zunehmend ein Wechsel zu unabhängigen Vermögensverwaltern oder einem Haftungsdach in Frage?
Schambach: Definitiv. Unabhängige Vermögensverwalter oder auch das Haftungsdach sind Alternativen, allerdings nur für erfahrene Private Banker, die ein eigenes Netzwerk aufgebaut haben. Geschätzt wird dabei die Freiheit, den eigenen Kundenkreis nach den eigenen Vorstellungen zu betreuen und gleichzeitig regulatorisch abgesichert zu sein.
Was hält in den meisten Fällen unzufriedene Mitarbeiter von einem Wechsel ab?
Schambach: Ein Wechsel birgt immer ein Risiko, das nur die wenigstens Arbeitgeber bereit sind abzufedern – entweder durch finanzielle Garantien oder auch das Außerkraftsetzen der Probezeit. Deswegen rechnen sich viele unzufriedene, grundsätzlich wechselwillige Mitarbeiter aus, wie hoch die Abfindung im Falle ihrer Entlassung ausfallen würde. Der zukünftige Arbeitgeber kann das gerade angesichts des hohen Ertragsdrucks nicht ausgleichen. Warum wird das Risiko so hoch gewichtet? Weil letztlich der Wechsel die Fähigkeit voraussetzt, bestehende Kunden mitzunehmen oder – besser noch – neue Kunden zu akquirieren. Weder kann das jeder noch bietet der Markt zu allen Zeiten die notwendigen Voraussetzungen. Und gerade die Großbanken haben immer ausgefeiltere Methoden entwickelt, Kunden an die Bank zu binden. Das Risiko des Wechsels ist heute folglich höher denn je. Und vor diesem schrecken viele zurück.
Wie haben sich die Gehälter im Private Wealth Management in den vergangenen zwei Jahren entwickelt (Gründe für Auf- oder Abschwünge, Sondereffekte durch neue Marktplayer)?
Schambach: Die Gehälter im Private Wealth Management sind weitgehend stabil. Als Personalberater haben wir natürlich immer besonders die Ertragsbringer im Blick. Diese können immer noch mit Gehaltssteigerungen rechnen, weil sie stark umworben sind. Die Zeiten, in denen neue Marktplayer in größerem Stil teure Teams eingekauft haben, sind allerdings vorbei. Die Erfahrungen in dem Markt haben gelehrt, wie schwierig und langwierig es ist, ein profitables Geschäft aufzubauen, und wenige haben heute einen so langen Atem.