Naives Herdenverhalten Warum Smart Beta nicht funktioniert

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William F. Sharpe erklärt, warum Smart Beta niemals langfristig funktionieren kann

Wenn ich Smart Beta höre, macht es mich krank“, erklärte Nobelpreisträger William F. Sharpe im vergangenen Jahr auf der Konferenz des CFA-Institutes. Der Miterfinder des Begriffs „Beta“ für Modelle der Kapitalmarkttheorie wird aus mehreren Gründen von „Smart Beta“ geradezu abgestoßen:
  • Der Begriff ist unsauber und verwirrend: Smart Beta soll eigentlich Alpha erzeugen, eine risikoadjustierte Überperformance durch die Auswahl von Wertpapieren mittels überlegener Selektionskriterien. Dies hat mit Beta, einem Risikomaß, nichts zu tun. Denn dieses misst nur Überperformance, die nur aus der Übernahme von mehr Risiko entsteht.

  • Smart Beta setzt nicht nur voraus, dass es signifikante Marktineffizienzen gibt, sondern auch, dass diese dauerhaft in der gleichen Form erhalten bleiben. Diese Annahme ist aber gerade an den schnell lernenden Finanzmärkten völlig absurd.

  • Smart Beta kann immer nur für eine Minderheit von Investoren funktionieren: Sobald nämlich viele Investoren in einen Smart Beta Ansatz investieren, setzt ein Marktprozess ein, der die zugrunde liegende Ineffizienz beseitigt.

  • Empirische Belege für das Funktionieren von Faktor-Investing sind in der Regel auf wenige Jahre und bestimmte Märkte beschränkt. Es gibt keinerlei wissenschaftlich sauber ermittelte Evidenz für das dauerhafte Funktionieren von bestimmten Faktoren in verschiedenen Märkten zu unterschiedlichen Perioden.
Sharpes Überlegungen offenbaren, dass hinter der Idee, mit Smart Beta den Markt zu schlagen, neben einer verqueren Begrifflichkeit letztlich unzulässige Verallgemeinerungen von singulären Phänomenen stehen. Hierauf kann man eigentlich keine langfristige Anlagestrategie aufbauen.

Quantitatives Investieren ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint

Quantitative Anlagestrategien haben einen Riesenvorteil, aber auch drei wichtige Einschränkungen. Der große Vorteil liegt darin begründet, dass Gefühle bei der Anlageentscheidung außen vor gelassen werden. Menschliche Vermögensverwalter treffen emotional bedingt immer wieder schlechte Anlageentscheidungen und setzen ihre eigenen Strategien nur inkonsequent um, sei es aus Opportunismus, Gier oder übertriebener Angst.

Darüber hinaus neigen sie oftmals zu überflüssigen Transaktionen, um – für sich selbst und andere – Aktivität zu demonstrieren. „Emotionale Disziplin“ ist deshalb ein maßgeblicher Erfolgs-Faktor bei aktiven Anlageentscheidungen, wie schon Benjamin Graham, der Vater der modernen Finanzanalyse vor 80 Jahren feststellte.

Ihr Fehlen kann Anleger zu Fehlentscheidungen verleiten, die sein Vermögen so stark vermindern, dass letztlich im Vergleich ein passives und rein am Index orientiertes Investment für den Anleger bessere Ergebnisse gebracht hätte. In der Praxis schaffen es nur sehr wenige Investoren – wie zum Beispiel Warren Buffett – diese emotionale Disziplin aufzubringen und langfristig Marktindizes zu schlagen.

Quantitative Strategien wie Smart Beta scheinen hier eine Lösung zu offerieren: Sie versprechen – genau wie aktive Anleger – Marktineffizienzen zu identifizieren und auszunutzen, ohne aber die Fehlerquelle Emotionalität zu besitzen. Leider ist dies in der Realität nicht ganz so einfach. Denn es gibt drei grundsätzliche Einschränkungen quantitativer Strategien, die zu beachten sind:
  • Sie basieren entweder auf Erfahrungen aus der Vergangenheit und nehmen implizit an, dass sich diese in der Zukunft wiederholen werden; oder auf Prognosen.

  • Sie sind von der Auswertung von umfangreichem Datenmaterial abhängig, was die Datenqualität um kritischen Faktor macht; oder von der Treffsicherheit von Prognosen.

  • Sie funktionieren nur in begrenztem Umfang mit Kriterien, die nicht Allgemeinwissen sind.
Langfristig erfolgreiche Quant-Investoren wie beispielsweise James Simons vom Hedgefonds Renaissance Technologies haben deshalb einen großen Apparat von Analysten aufgebaut, die keine andere Aufgabe haben, als a) permanent Markt-Trends zu prüfen und notfalls auch sehr kurzfristig Portfolio-Parameter anzupassen; sowie b) die Datenqualität sicherzustellen.

Weiterhin herrscht höchste Geheimhaltung bezüglich der identifizierten Kriterien. Smart Beta hingegen verzichtet auf die permanente Überprüfung der Strategie und basiert auf transparenten Kriterien. Dies erscheint mir sehr naiv.