Nähe gewinnt Strategische Ansätze für das Private Banking der Sparkassen

Seite 2 / 3

Auch die vermögenden mittelständischen Unternehmer haben ihre individuellen Erwartungen und Ansprüche. Ihre Bankberatung muss sich dem oftmals fließenden Übergang von geschäftlichen und privaten Interessen anpassen und aufeinander abgestimmte Lösungen bieten. Hier müssen die Leistungen der betreuenden Einheiten „Geschäftskunden“ und „Private Banking“ ineinandergreifen und vom Kunden als Betreuung aus einer Hand mit entsprechender Informationskohärenz wahrgenommen werden.

Vielen Sparkassen fehlt es aktuell an einer internen Aufstellung zur Verzahnung der entsprechenden PK- und FK-Angebote und Prozesse und einem guten Zusammenspiel dieser Einheiten. Diese begreifen sich, oftmals durch organisatorische Rahmenbedingungen befördert, als autarke Einheiten, was das Erschließen der Zielgruppe der Unternehmenskunden für das hauseigene Private Banking erschwert. Diese Beispiele zeigen exemplarisch, wie verschieden die Interessen der unterschiedlichen Kundengruppen des Private Banking sind.

Drei maßgebliche Handlungsfelder

Nur mit individuellen, jeweils auf die Bedürfnisse und Wünsche aller Kundengruppen abgestimmten Ansprache- und Betreuungsstrategien können Sparkassen ihre vorhandene Reichweite erfolgreich nutzen. Maßgeblich sind drei Handlungsfelder:

1. Ausbau der vorhandenen Produktpalette

Zur Erschließung eines erweiterten Kundenkreises ist das vorhandene Spektrum an Private-Banking-Produkten und -Dienstleistungen im Sinne der jeweiligen (Teil-) Zielgruppen attraktiver zu gestalten. Hier stärkt  die Digitalisierung nicht nur alle Facetten des Angebots, sondern trägt auch durch eigene, innovative Produktansätze zur Erschließung neuer Kundengruppen bei. So bedient das Robo-Advisory zum Beispiel den Bedarf des finanziell geschulten Selbstentscheiders und weist damit hohe Überschneidungen mit einzelnen Private-Banking-Kundengruppen auf.

Des Weiteren ist es erfolgsentscheidend, das vorhandene Produktuniversum individuell auszugestalten und mit für die anspruchsvollen Zielgruppen maßgeschneiderten Beratungs- und Serviceleistungen anzureichern. Dabei kann die Vermögensverwaltung sinnvoll als Nukleus des Private Banking positioniert werden. Ihr Bestandsportfolio kann um hochwertige Zusatzangebote wie Generationenmanagement, Nachfolgeberatung, Testamentsvollstreckung, die Übernahme der Verwaltung vermieteter Immobilien und die Hinzunahme von Beratungsleistungen für weitere finanznahe Dienstleistungen (unter Ausnutzung der PSD-2-Schnittstelle) erweitert werden.

Die Berater fungieren hierbei als Beziehungsmanager und zeichnen sich durch entsprechende Soft Skills aus. Da das Private-Banking-Klientel in der Regel über gute, teilweise ausgezeichnete Finanzkenntnisse verfügt, ist ein hohes fachliches Know-how unerlässlich, damit Beratungsgespräche auf Augenhöhe geführt werden können. Gleichzeitig ist es erforderlich, sich auf die jeweiligen Kunden einstellen zu können – das Anspracheverhalten wie auch die Grundlagen des Vermögensmanagements sind zwischen den unterschiedlichen Teil-Segmenten durchaus heterogen. Zusätzliche Kompetenz kann über Co-Lösungen eingebracht werden. Eine grundsätzliche Stärkung leistet die Verknüpfung von Finanzierungs- und Investitionsberatung.

2. Ausweitung der digitalen Kommunikationskanäle

Dem klassischen Beratungsgespräch in den Räumen der Bank kommt im Private Banking nach wie vor eine hohe Bedeutung zu. Jedoch gewinnen weitere Kommunikationskanäle Convenience bedingt für den Kunden zunehmend an Relevanz. Anstatt vor Ort Zeit zu verlieren, lassen sich Kunden Quartalsberichte oder erstellte Angebote online via Co-Browsing vorstellen oder vom Berater im eigenen Büro zwischen zwei Terminen auf dem Tablet präsentieren. So unterstützen digitale Kommunikationskanäle die Kundenbindung.

Persönliche Nähe und Digitalisierung sind kein Widerspruch: Kundennähe geht heute über die rein physische Präsenz hinaus. Digitalisierte Rundum-Beratungs- und Betreuungsprozesse ermöglichen eine vertiefte Kundenbindung. Gerade die Personalisierung von Dienstleistungen wird so zum Standard. Private-Banking-Angebot, -Produkte und -Produktabschluss können zielgruppengerecht gestaltet werden und die unmittelbare Interaktion mit dem Betreuer einschließen.

Natürlich haben die neuen Kanäle auch die Erwartungshaltung gerade anspruchsvoller Kundengruppen an Erreichbarkeit und Reaktionsgeschwindigkeit nachhaltig verändert. Ein vollwertiger Informationszugang, der in „Realtime“ Auskünfte und Portfolioübersichten liefert, gehört längst zur Pflicht. Kunden erwarten darüber hinaus eine hohe Dynamik in der Interaktion. Hierzu gehört unter anderem auch die Möglichkeit, Aufträge erteilen und Anfragen stellen zu können, die dann zeitnah während der Geschäftszeiten bearbeitet werden. Die Definition für eine gute Erreichbarkeit hat sich deutlich erweitert, nicht nur in Bezug auf Zeiten, sondern auch auf Kanäle und Informationskohärenz.

Gerade vermögende Kunden erwarten, dass Kommunikation mit ihrem Berater dann stattfindet, wenn ihr eigener Terminkalender es erlaubt, jenseits der klassischen Geschäftszeiten. Auch hier sollten die Sparkassen die Person des Private-Banking-Beraters in die Überlegungen miteinschließen. Eine digitale Infrastruktur, die technisch auf der Höhe der Zeit ist, und der geschulte Umgang mit ihren Möglichkeiten sind die Voraussetzung, um mit allen Private-Banking-Kundengruppen auf Augenhöhe zu interagieren.

Ein Kundenberater, der mit den neuen Medien wie seinem Tablet oder beim Co-Browsing erkennbar nicht oder nicht gut zurechtkommt, verliert in der Kompetenzvermutung auch in anderen Bereichen.