Es klingt paradox: Die US-Notenbank Fed senkt die Leitzinsen, doch die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen steigen deutlich. Eine Analyse von HQ Trust zeigt nun: Dieses Muster ist keineswegs ungewöhnlich.
Der Fondsselektor Jan Tachtler untersuchte die Entwicklung der Renditeaufschläge bei US-Staatsanleihen in den vergangenen 50 Jahren. Das Ergebnis: In allen sieben Zinssenkungsphasen seit 1980 weiteten sich die Spreads – also die Differenz zwischen Anleiherenditen und Leitzins – nach der ersten Zinssenkung aus.
„Aktuell liegt der Spread etwa 120 Tage nach der ersten Zinssenkung rund zwei Prozentpunkte höher“, erklärt Tachtler. Dies bewege sich durchaus im historischen Rahmen. In den Jahren 1984 und 2001 sei der Zinsaufschlag sogar noch stärker gestiegen.
Das typische Muster sieht dabei so aus: In den 30 Tagen vor einer Zinssenkung fallen die Renditeaufschläge zunächst, da die Märkte die Entscheidung der Fed bereits einpreisen. Nach der tatsächlichen Zinssenkung steigen die Spreads dann aber deutlich an.

Unsichere Marktlage erfordert flexible Strategie
Für Anleger bedeutet die aktuelle Situation sowohl Chancen als auch Risiken. „Das aktuelle Zinsniveau zehnjähriger US-Staatsanleihen ist im historischen Kontext der letzten 20 Jahre attraktiv“, betont Tachtler. Allerdings warnt er auch: „Aufgrund der unsicheren makroökonomischen Lage sollten sich Investoren allerdings auf stark schwankende Zinsen bei Staatsanleihen einstellen.“
Für 2025 rechnet er mit nur zwei weiteren Zinssenkungen der Fed – vorausgesetzt, es gibt keine großen Überraschungen bei der Inflationsentwicklung. Die Renditeaufschläge dürften dabei weiterhin stark von den Markterwartungen abhängen.
Die Analyse macht deutlich: Auch wenn steigende Anleihenrenditen trotz Zinssenkungen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen mögen, handelt es sich um ein wiederkehrendes Phänomen an den Finanzmärkten. Für Anleger wird es darauf ankommen, ihre Anleihenstrategie flexibel an die jeweilige Marktphase anzupassen.