Immer mehr ETFs betreiben ausdrücklich aktives Management: Die rechtliche Fondshülle heißt zwar ETF – was hierzulande oft noch mit „Passivanlage“ gleichgesetzt wird. In ihrem Inneren steckt jedoch ein aktiv gemanagter Fonds. Dieser enthält eventuell nur noch einige passive Elemente, indem er beispielsweise einem eigens kreierten Index folgt.
Aktive ETFs können jedoch auch ganz ohne Hintergrund-Index auskommen. Darauf setzt nun Guinness Global Investors. Die britische Fondsgesellschaft bietet eine ihrer Strategien ab sofort auch als Zwillings-Version in einer ETF-Hülle an: Der Themenfonds Guinness Sustainable Energy Fund (ISIN: IE00BFYV9M80) ist damit auch als Guinness Sustainable Energy Ucits ETF erhältlich. Der ETF enthalte dieselbe Anlagephilosophie, Strategie und Einzelinvestments wie der klassische Fonds, heißt es von Guinness.
Den Ursprungsfonds (ehemals „Guinness Alternative Energy Fund“) gibt es in seiner heutigen Form seit 2018, damals traten die Fondsmanager Will Riley and Jonathan Waghorn an. Jetzt betreuen sie zusammen mit einem dreiköpfigen Analysten-Team auch den ETF. In der Fonds-Verwaltung arbeitet Guinness mit dem auf ETFs spezialisierten Investmenthaus Han-ETF zusammen.
Alte Hülle – neuer Fonds
Die ETF-Hülle bestand dort bereits, wie man bei Guinness verrät. Allerdings sei der Inhalt ausgewechselt worden, samt betreuender Gesellschaft, Strategie und Fondsmanagement. So wurde aus dem ehemaligen iClima Global Decarbonisation Enablers ETF der Guinness Sustainable Energy Ucits ETF, gemanagt vom Hause Guinness – ein ganz neues Produkt.
Der ETF investiert wie sein Guinness-Ursprungsfonds vor allem in Unternehmen, die sich mit der Erzeugung, Speicherung, effizienten Nutzung oder dem Verbrauch nachhaltiger Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme, Biokraftstoffe und Biomasse beschäftigen. Das konzentrierte Portfolio enthält aktuell 33 Positionen, alle sind in etwa gleich gewichtet. 90 Prozent der Portfolio-Positionen sind Unternehmen, die mindestens 500 Millionen US-Dollar Marktkapitalisierung auf die Waage bringen – um Liquidität zu gewährleisten, wie man bei Guinness verspricht.
Von nachhaltiger Energie als Investmentthema erhofft sich das Fondshaus viel: Fahrzeuge mit Elektroantrieb werden immer stärker nachgefragt, die Kosten nachhaltig erzeugter Energie sinken, das Thema wird auch öffentlich unterstützt. In breiten Indizes ist es allerdings immer noch gering vertreten. Beim Ursprungsfonds ging dieser Plan bereits auf: Der Guinness Sustainable Energy Fund managt laut Morningstar-Daten aktuell gute 850 Millionen US-Dollar. Nun soll der neue ETF weitere Mittel in die Strategie holen.
Vorteile eines ETF
Wozu es einen deckungsgleichen ETF braucht, wenn er eine bestehende Fondsstrategie einfach nur repliziert – und der Ursprungsfonds auch weiterexistieren soll? In den USA, wo Guinness zusammen mit seinem Partnerhaus Atkinson bereits fünf aktive ETFs betreibt, ist die Lage klar: ETFs bieten Anlegern dort Steuervorteile. Doch auch in Europa könnte das ETF-Konstrukt vorteilhaft sein, erhofft man sich bei Guinness: Der Wertpapierhandel geht dort schneller vonstatten. Außerdem ist der ETF durch seine Börsenlistung für Anleger sehr transparent.
Der ETF könnte auch von einem weiteren Goodie profitieren. Er könnte der Strategie eine ganz neue Anlegergruppe erschließen: die Selbstentscheider. Denn die großen Wertpapierhandelsplattformen, die sich an Privatanleger richten („Neobroker“), bieten in der Regel nur ETFs an, keine klassischen Fonds.
Ab sofort werden Anleger also die Wahl haben zwischen dem Fonds in seiner klassischen und seiner ETF-Variante – wobei die Auswahl auch durch den Vertriebskanal mitbestimmt werden dürfte: Im klassischen Banken- und Beratervertrieb wiederum werden ETFs, die keine Vertriebsgebühren enthalten, weiterhin selten vermittelt.
Netto-Kosten sollen gleich sein
Von den Kosten her liegt der ETF von Guinness mit einer Quote von 0,65 Prozent pro Jahr im oberen Mittelfeld für einen aktiv gemanagten ETF – dafür agiert er jedoch immerhin komplett aktiv. Bei Guinness versichert man: Der ETF soll genauso viel kosten wie der schon bestehende Fonds in seiner Clean-Share-Variante. In dessen Privatanlegerklasse kommen dann allerdings noch die Vertriebsgebühren hinzu.
„Wir freuen uns, mit Han-ETF zusammenzuarbeiten, um die Verwaltung unseres ersten europäischen ETFs aufzunehmen“, sagt Guinness-Chef Edward Guinness. Hector McNeill, Co-Chef von Han-ETF, weist in einem eigenen Statement auf ein wachsendes Interesse unter europäischen Vermögensverwaltern generell an aktiv gemanagten ETF hin, das er wahrgenommen haben will. „Europa folgt aktuell dem US-Markt, wo die Mehrheit der neuen ETF-Notierungen aktive ETFs sind“, sagt er anlässlich des Starts des Guinness-ETFs.
Ob der erste europäische ETF von Guinness auch der letzte aus dem Haus bleiben wird – darauf mag man sich bei Guinness noch nicht festlegen. Es wäre also möglich, dass in Zukunft weitere ETF-Zwillinge folgen könnten.
Über Guinness Global Investors
Guinness Global Investors ist die Investmentmarke von Guinness Asset Management. Die Gesellschaft wurde 2003 in London von Tim Guinness gegründet, zunächst als Spezialanbieter für Energie-Aktien. Mittlerweile steht dessen Sohn, Edward Guinness, an der operativen Spitze. Guinness bietet eine breite Palette vor allem an Aktienfonds an, die sich sowohl an Privatanleger, Wholesale als auch institutionelle Investoren richten. Zur Jahresmitte verwaltete die Fondsgesellschaft 10,2 Milliarden US-Dollar. Seit 2023 hat Guinness auch ein Büro in Frankfurt.