ESG-Vergütung im Dax und M-Dax „Nachhaltigkeit ist kein Luxusgut“

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Und welche haben Nachholbedarf?

Bannier: Die Nachzügler im Ranking entstammen aus vielen unterschiedlichen Branchen. Hier lässt sich somit weniger gut ein Zusammenhang herstellen. Hinzu kommt, dass auch die Gründe, warum das Ranking für diese Gesellschaften so schlecht ausfällt, ganz unterschiedlich sind: Manche berücksichtigen schlicht gar keine Nachhaltigkeitsziele in ihrem Vergütungssystem, andere tun dies zwar, berichten jedoch so unklar und wenig präzise, dass das Urteil darüber aus Transparenzgründen schlecht ausfällt.

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K+S, Spitzenreiter der M-Dax-Unternehmen beim ESG-Vergütungsscore, bleibt in der Dimension Regulatork weit urück

Worin liegen die Gründe, dass nachhaltigkeitsbezogene Ziele zu selten transparent und nachvollziehbar definiert werden?

Bannier: Die Unternehmen selbst nennen hier häufig wettbewerbsbezogene Gründe: Sie möchten schlicht nicht zu viele Details über ihre Steuerungslogik preisgeben, kündigen jedoch an, die Informationen ein Jahr später im Vergütungsbericht nachzuliefern. Da es wenig Sinn macht, die Vergütungsziele ein Jahr später bereits wieder zu ändern, empfinde ich dieses Argument jedoch als eher schwach: Warum sollte mir ein Jahr der „Geheimniskrämerei“ einen so großen Wettbewerbsvorteil erbringen? Mein Eindruck ist vielmehr, dass die Unternehmen und deren Aufsichtsräte zum Zeitpunkt der Festlegung der Vergütungssysteme schlichtweg noch nicht das Zutrauen hatten, „harte“, glasklar formulierte Nachhaltigkeitsziele nach außen zu tragen. Das Thema Nachhaltigkeit ist hoch-komplex, da braucht es eine gewisse Zeit, bis man die für das Unternehmen wirklich wesentlichen Nachhaltigkeits-Facetten herausgearbeitet hat. Idealerweise sollte man dies im Dialog mit den unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen tun – auch dies benötigt Zeit. Da man regulatorisch jedoch angehalten war, die Vergütungssysteme bereits zur Hauptversammlung 2020 oder spätestens 2021 zu aktualisieren, hat man sich dann auf zunächst eher „weiche“ Zielformulierungen festgelegt.

Wie müssten idealerweise klar formulierte Ziele aussehen?

Bannier: Im Optimalfall werden die Ziele quantitativ so formuliert, dass unmittelbar erkennbar ist, welcher Zielerreichungsgrad mit diesem Wert einhergeht. Als Beispiel: „Für eine 100 Prozent Zielerreichung muss der CO2-Ausstoß über das Geschäftsjahr um X Prozent reduziert werden. Wird nur eine Reduktion um Y Prozent erreicht, entspricht dies einer Zielerreichung von Z Prozent.“ Als Investor würde man sich – zumindest bei den Nachhaltigkeitszielen, die sinnvoll quantifiziert werden können, wie THG-Emissionen, Wasserverbrauch, Recycling- oder Diversitäts-Quoten – ein Vorgehen wünschen, das auch dem der finanziellen Ziele entspricht: Hier geben die Unternehmen ja häufig mittels einer Abbildung an, wie sich KPI-Werte in Zielerreichung niederschlagen.

Warum ist es so wichtig, dass die langfristige Vergütungskomponente von den Nachhaltigkeitszielen abhängt?

Bannier: Die Nachhaltigkeitstransformation ist in den meisten ihrer Facetten ein langfristig orientierter Prozess. Am Beispiel der Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels wird dies unmittelbar deutlich. Insofern ist es nur logisch, dass entsprechende Ziele in den Vergütungssystemen vornehmlich in die langfristige variable Vergütung eingehen sollten. Sobald nachhaltige Maßnahmen aber auch in kurzfristige Prozessschritte heruntergebrochen werden können und dies auch messbar ist, spricht natürlich auch nichts dagegen, entsprechende Ziele in die kurzfristige variable Vergütung aufzunehmen.