Nachhaltigkeits-Roundtable „Es ist mühsam, eine Haltung zu finden“

Seite 3 / 5

Sehen Sie einen Konflikt zwischen Performance und Nachhaltigkeit?

Lang: Eins ist leider unumstößlich: Durch Nachhaltigkeit reduziere ich mein Anlageuniversum. Wenn ich keine Anlagerestriktionen habe, habe ich grundsätzlich auch mehr Möglichkeiten, Rendite zu erwirtschaften.

Stremlau: Wir sehen das anders und reduzieren unser Anlageuniversum bei den Hannoverschen Kassen ganz bewusst. Denn wir sind überzeugt davon, dass uns die Nachhaltigkeit auf lange Sicht keine Rendite kostet. Länder mit hoher Korruption sind keine guten Schuldner. Und ich möchte in den Ländern auch nicht das Gebaren der Regierenden mit einer Staatsanleihe finanzieren.

Hesse: Ohnehin muss man sich jeden Industriezweig anschauen und prüfen, welche die wesentlichen Nachhaltigkeitskriterien sind. Man darf nicht den Fehler begehen und das komplette Portfolio in Richtung eines Indikators optimieren, zum Beispiel unter klimatischen Gesichtspunkten. Bei der Über- und Untergewichtung konventioneller Aktien- und Unternehmensanleihen-Indizes nach SD-KPIs können wir eine langfristige Outperformance-Wirkung beobachten.

Dittrich: Nehmen Sie den Umweltschutz. Dieser hat viele Unterthemen, darunter das Artensterben. Hier spielt unter anderem die Landwirtschaft eine große Rolle, aber auch die Agrarchemie. Es ist verständlich, wenn Anleger, die sich nicht ständig mit solchen Themen beschäftigen, vor diesem Dickicht zurückschrecken, weil es zu kompliziert wird. Dafür gibt es aber eine ganze Reihe von Spezialisten und Dienstleistern.

Wie entscheidet man sich bei einem Zielkonflikt?

Dittrich: Manchmal muss ich mich entscheiden, was mir wichtiger ist. Wenn ich in erneuerbare Energien in Schwellenländern Lateinamerikas investiere, unterstütze ich sie, um von ihrer Abhängigkeit vom Erdöl wegzukommen. Mit einem solchen Investment trage ich aber natürlich auch das Risiko, dass aufgrund von Korruption und Unzulänglichkeiten in der Abrechnung des Energieerzeugers Rechnungen nicht bezahlt werden. Als Anleger kann es mir aber etwas wert sein, wenn ich das Thema in die Länder tragen möchte. Es gibt Investments, bei denen man nicht alle Ziele umsetzen kann. Wir haben aber bis heute keine Indizien gefunden, dass Nachhaltigkeit über ein breit diversifiziertes Portfolio hinweg Performance kostet.

Stremlau: Die Abwägung zwischen Chancen und Risiken ist Tagesgeschäft für uns. Aber die Kapitalanlage ist ohnehin schon schwierig genug. Wir können leider bisher keine Green Bonds kaufen. Denn die Rendite der Anleihen liegt unter unserem Mindestanlagezins von 1,6 Prozent. Ich finde es sehr wichtig, die Versicherten darüber zu informieren und in einen Dialog darüber zu treten. Auch das ist Aufgabe einer Pensionskasse. Wir sind Treuhänder und investieren im Sinne unserer Mitglieder.

Fritz: Als Investoren müssen wir uns fragen, wie unser Wertesystem aussieht und was es uns kostet. Unsere Asset Manager arbeiten mit einer sogenannten Positivliste. Sie beruht auf Kriterien, mit denen wir Unternehmen, Staaten und Sektoren als nachhaltig im Sinne des katholischen Werteverständnisses einstufen. Uns ist bewusst, dass wir zeitweise in einigen Bereichen Rendite liegenlassen. Das gehört aber dazu. Auf lange Sicht scheinen sich Positiv- und Negativeffekte aufzuheben.