Reinhard Pfingsten, Bethmann Bank Nachhaltigkeit bedeutet für mich ...

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Unter dem Strich dürften sich die beiden gegenläufigen Effekte weitgehend neutralisieren: Eine finanzielle systematische Mehrrendite ist auf Dauer nicht zu erwarten, einen eigenen Nachhaltigkeitsfaktor gibt es eher nicht. Das kann man jedoch auch positiv sehen: Nachhaltiges Investieren kostet auch keine Performance.

Für den Anleger stehen sowieso nicht-finanzielle Aspekte im Vordergrund: eine Rendite hinsichtlich sauberer Unternehmensführung, hinsichtlich Ökologie und hinsichtlich sozialer Kriterien. Das ist es auch, was immer wieder als „Impact“, also gewissermaßen als Wirkung bezeichnet wird. 

Mehr Transparenz wagen

Transparenz bedeutet nun: Investoren müssen die Möglichkeit haben, diese ethische Dividende oder nicht-finanzielle Rendite auch zu sehen. Nachhaltiges Investieren muss für den Investor mehr bedeuten als nur ein „gutes Gefühl“. Transparenz ist schließlich möglich, wenn der Renditeausweis eines individuellen Portfolios neben dem klassischen Performance-Reporting auch einen nicht-finanziellen Part erhält. Etwa indem es ausweist, wie viel CO2 ein Portfolio ausstößt beziehungsweise im Vergleich zu einem nicht nachhaltigen Index einspart – und damit auch in den Grenzen des vereinbarten Temperaturanstiegs nach dem Pariser Klimaschutzabkommens bleibt. Oder es ist möglich zu zeigen, auf welche Nachhaltigkeitsziele der UN das Portfolio einzahlt. Nur so wird nachhaltiges Investieren bei Anlegern für einen spürbaren Mehrwert sorgen.

Natürlich führt dieser Transparenzanspruch auch zu Herausforderungen. In einem ersten Schritt gilt es, dem Investor zu vermitteln, was eine nachhaltige Anlage bedeutet – über ein grünes Etikett hinaus. Es geht also darum, Effekte zu quantifizieren. Um eine Größenordnung zu geben: Die Unternehmen in einem klassischen, passiven Depot mit einem Anlagebetrag von einer Million Euro produzieren jährlich etwa 140 Tonnen CO2. Eine nachhaltig allokierte Anlage dagegen weist gerade mal ein Viertel dessen an Emissionen auf.


Wie viele Langstreckenflüge spart ein Portfolio?

In einem zweiten Schritt gilt es, die Zahlen erlebbar zu machen. Unter 2 Prozent Rendite kann sich jeder etwas vorstellen, aber was sind denn 125 Tonnen CO2-Einsparung auf eine Million Euro Anlagesumme? Ein einfaches Äquivalent wäre etwa die Umrechnung in Langstreckenflüge. Kurz gesagt: Ein Investor, der die CO2-Emissionen in seinem Portfolio um 125 Tonnen reduziert, bewegt sich damit etwa in der Größenordnung von 66 Flügen zwischen Berlin und New York. Definitiv ein schlagendes Argument, das zum Umdenken bewegt.

Transparenz reicht aber noch weiter – indem sie etwa veranschaulicht, ob und wie ein Portfolio auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, kurz: SDG, einzahlt. Eine der großen Herausforderungen für die Zukunft wird zum Beispiel die Versorgung mit sauberem Trinkwasser sein, nicht nur in den Entwicklungsländern in Afrika, sondern ebenso in europäischen Ländern wie Spanien. Wäre es somit nicht sinnvoll, die entsprechenden Ziele mit einem nachhaltigen Portfolio zu fördern? Oder andersrum gedacht: Wäre es nicht wenigstens von Vorteil, wenn ein Portfolio diesen Zielen nicht entgegenstünde?

Transparenz ist deshalb für mich eine Grundvoraussetzung zu einem effektiven nachhaltigen Investieren: Investoren, die noch nicht nachhaltig orientiert sind, können sich leichter neu aufstellen. Bereits nachhaltig orientierte Investoren können sich gezielt verbessern. Und nicht zuletzt erhalten Anleger dank Transparenz auch die Möglichkeit, neue und vielversprechende nachhaltige Geschäftsmodelle zu identifizieren und zu fördern.

 


Über den Autor:
Reinhard Pfingsten ist Investmentchef (CIO) der Bethmann Bank und zudem Mitglied im Management-Team des globalen Investment-Centers der ABN-Amro-Gruppe, der Muttergesellschaft der Bethmann Bank.

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