Nachhaltigkeit als Chance Was der Mittelstand vom Versagen der Konzerne lernen kann

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Zögerer und Zauderer sehen sich bestätigt

Ein Zyniker mag urteilen, es wäre besser gewesen, diese Unternehmen hätten sich gar nicht erst mit dem Thema Nachhaltigkeit abgegeben. In Anbetracht solch desolater Bilanz scheint Nachhaltigkeitsmanagement als Beleg für Glaubwürdigkeit von Unternehmen seinen Zenit längst überschritten zu haben. Vielmehr sehen sich Zögerer und Zauderer beim Thema Nachhaltigkeit in ihrer Zurückhaltung bestätigt.

Wieso also noch auf einen Nachhaltigkeits-Zug aufspringen, der den Bahnhof, so der Eindruck, schon fast verlassen hat? Dessen Fahrt – auch gerade vor dem Hintergrund der politischen Rahmenbedingungen nicht allein in den USA, wo Nachhaltigkeit als Wirtschaftsbremse diffamiert wird – ins Ungewisse führt, wenn nicht aufs Abstellgleis?

Dazu kommen noch andere Argumente, mit denen der Mittelstand das Thema Nachhaltigkeit abwehrt: er behauptet, und darunter viele Familienunternehmer, man stünde in der Tradition der „ehrbaren Kaufleute“. In den Kommunen, in denen sie produzieren und verwalten, schaffen sie häufig seit Generationen Arbeitsplätze, engagieren sich vor Ort und zahlen dort auch Steuern.

Mittelstand in Abwehrhaltung

Und tatsächlich belegen die Zahlen einer kürzlich veröffentlichten Studie vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und des Instituts für Mittelstandsforschung, dass Familienunternehmen nicht allein in Deutschland, sondern auch im Rest der Welt wahre Arbeitsplatzmaschinen sind.

Und in all den Punkten unterscheiden sie sich von diversen multinationalen Großkonzernen, die weder durch ein gutes Betriebsklima auffallen, noch Arbeits- oder Menschenrechte erkennbar hochhalten, geschweige denn vor Ort Steuern zahlen. So weit, so kurz gedacht. Denn der Mittelstand sitzt einem Missverständnis auf, wenn er seine tradierten unternehmerischen Gewohnheiten als Nachhaltigkeits-Geschichte verkaufen will.

Idealtypisch geht es dem nachhaltig gemanagten Unternehmen nur vordergründig um „nicht-finanzielle-Kennzahlen“, „grüne Themen“, Zertifizierungen oder gute Bewertungen in Nachhaltigkeits-Ratings oder Rankings. Es geht vor allen Dingen um eine Haltung, die Unternehmen und Unternehmer am Markt erfolgreich macht. Das umschreibende Zauberwort lautet „Vertrauen“.

Zauberwort Vertrauen

Das Vertrauen der Kunden, der Mitarbeiter, Zulieferer, Banken und der Politik – also aller Stakeholder und Shareholder – in das Unternehmen und seine Führung. Vertrauen ist Ausgangspunkt und Ziel von nachhaltig gemanagten Unternehmen. Der Weg zum Ziel ist logisch und simpel: Transparenz schafft Vertrauen. Doch nicht nur in der Kundenbeziehung, sondern auch im Unternehmen selbst.

Nachhaltigkeitsmanagement ist so betrachtet vergleichbar mit der klärenden Wirkung, die das Entrümpeln des eigenen Hauses nebst Keller haben kann: was ist eigentlich da, was man normalerweise gern übersieht? Was kann weg und warum? Was sollte erneuert werden? Welche und wessen Bedürfnis müssen berücksichtigt und adressiert werden?

Was klingt wie eine Binsenweisheit, kann weitreichende ökonomische Auswirkungen haben. Vertrauen entsteht, wenn Transparenz hergestellt, Verantwortung anerkannt und gelebt wird. Dazu gehört ein überprüfbarer Plan, wie die daraus abgeleiteten relevanten, plausiblen und ambitionierten Ziele erreicht werden sollen.

Mehr als der eigene Ruf

Und ja, mittelständische Unternehmen, die zum Teil auf eine sehr lange, Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken, über- oder unterschätzen tendenziell ihren von Generation zu Generation weitergegebenen und gewachsenen Beitrag zur Nachhaltigkeit in den Feldern Umwelt, Soziales und die Art und Weise, wie sie ihre Betriebe führen.