Nachhaltige Anlagen Was Anleger bei ESG-Ratings beachten sollten

Pia Lena Karrenbrock arbeitet im Investment Office der Family Office Bank Marcard, Stein & Co.

Pia Lena Karrenbrock arbeitet im Investment Office der Family Office Bank Marcard, Stein & Co. Foto: Marcard, Stein & Co.

Verantwortungsbewusstes Investieren, das ökologische und soziale Aspekte sowie gute Unternehmensführung (E=Environmental, S=Social und G=Governance) in die Entscheidung für eine Anlage einbezieht, gewinnt sowohl für institutionelle als auch private Investoren zunehmend an Bedeutung. Durch die verstärkte Nachfrage nach Vermögensanlagen, die nachhaltigen Kriterien Rechnung tragen, ist zugleich eine deutliche Unsicherheit in Bezug auf die Bewertung und den Vergleich von ESG-Investments entstanden. Die Herausforderung liegt also darin, die ESG-basierten Investments durch Bewertungsmodelle und Ratings vergleichbar zu machen.

Die Bewertung von Nachhaltigkeitskriterien von Investmentprodukten wird heute von einer Vielzahl von Ratingagenturen angeboten, wobei die vier größten Agenturen MSCI, Sustainalytics, RepRisk und ISS Environmental & Social Quality Score den Markt dominieren. Die Ratings sind dabei analog zu Bondratings aufgebaut. Jedes Rating erfolgt anhand eines eigens konzipierten Kriterienkatalogs der Ratingagentur. Die generell unterschiedlichen Definitionen des doch sehr weiten Begriffs „Nachhaltigkeit“ sind geprägt durch die ethischen Vorstellungen. Somit sind die zwangsläufig differierenden ESG-Ratings von Investments aufgrund unterschiedlicher Methodologie und Interpretation nicht von der Hand zu weisen.

Auch der zugrundeliegende Kriterienkatalog der Ratingagenturen ist nur bedingt öffentlich, sodass die Vergleichbarkeit der Ratings schwer fällt. Die Inkonsistenz der Ratings unterschiedlicher Anbieter lässt sich anhand des Beispiels der Bank of America (BofA) verdeutlichen: BofA hat ein erhebliches Ausmaß an ESG-bezogenen Risiken, vor allem in Bezug auf Geschäftsethik. Sowohl RepRisk als auch Sustainalytics haben diese Risiken erfasst, aber kamen zu widersprüchlichen Ratings. So bewertet RepRisk BofA mit CCC (unterdurchschnittlich), wohingegen Sustainalytics BofA zum selben Zeitpunkt mit „Überdurchschnittlich“ bewertete.

Ein weiteres Problem ist außerdem, dass die den Ratingagenturen und Investoren zur Verfügung stehenden Informationen meist von den Unternehmen selbst veröffentlicht werden und somit schwer zu verifizieren sind. Dies ist jedoch keine alleinige Besonderheit für ESG-Daten, sondern gilt grundsätzlich auch für Bilanzdaten, wobei diese den GAAP (Allgemein anerkannte Rechnungslegungsgrundsätze der Vereinigten Staaten) unterliegen und somit Mindestanforderungen erfüllen müssen.