Nachhaltig genervt EU-Ziele stellen Finanzindustrie vor beinahe unlösbare Aufgaben

Christian Waigel ist Gründer der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte.

Christian Waigel ist Gründer der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte.

Niemand Geringerer als die Vereinten Nationen haben 2015 insgesamt 17 Ziele für die nachhaltige Entwicklung der Welt formuliert. Sie sollen einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene dienen. Auch die Europäische Union hat sich diesen Zielen verpflichtet und ist auf der Pariser Klimakonferenz im Dezember 2015 vorgeprescht. Das formulierte Ziel ist eine Senkung der CO2-Emissionen um mindestens 40 Prozent bis 2030. Während sich die Ersten vom Acker machen und die Vereinigten Staaten und Brasilien aus den Vereinbarungen auszuscheren drohen, halten die Europäer die Fahne hoch und an den ehrgeizigen Zielen fest.

Dafür wird auch die Finanzindustrie in die Pflicht genommen. Anfang des Jahres 2018 hat dazu die EU High-Level Expert Group on Sustainable Finance ein erstes Diskussionspapier vorgestellt. Getragen von zwei Vizepräsidenten der EU-Kommission und ausdrücklich unterstützt durch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben sie Maßnahmen vorgestellt, wie auch die Finanzbranche in den Dienst der nachhaltigen Entwicklung gestellt werden soll. Dazu folgte Anfang März ein sogenannter Action Plan der EU-Kommission mit mehreren Maßnahmen, bereits im Sommer wurden die Rechtstexte vorgestellt. Das politische Ziel ist, diese Maßnahmen bis zur Europawahl umzusetzen, bevor im Mai 2019 die Brüsseler Gremien neu gewählt werden.

Finanzmarktteilnehmer, also Mifid-Firmen wie Anlageberater, Vermögensverwalter, aber auch Versicherungsvermittler sollen auf ihren Websites ihre Strategien zu Nachhaltigkeitskriterien veröffentlichen. Bei den Kunden sollen die Institute abfragen, welche Nachhaltigkeitsziele sie verfolgen. Dazu wird die Kundenanalyse in Form des WpHG-Bogens bei der Anfrage der Anlageziele um mindestens drei Zeilen länger. Im WpHG-Bogen müssen die Kunden äußern, ob sie ökologische oder soziale Ziele verfolgen und mit ihren Investitionen auch Good Governance umgesetzt sehen möchten.

Wenn sich der Kunde dafür entscheidet, diese Nachhaltigkeitsziele aufzunehmen, müssen im Rahmen der Geeignetheitsprüfung Produkte empfohlen werden, die den Nachhaltigkeitszielen Rechnung tragen. Äußert zum Beispiel der Kunde den Wunsch, bei 50 Prozent seiner Investitionen Ziele der Ökologie, der sozialen Gerechtigkeit oder von Good Governance zu verfolgen, muss der Betreuer im Rahmen des Asset Managements Produkte empfehlen, die diesen Vorgaben gerecht werden.

Die europäischen Vorgaben sind restriktiv. Sozialinvestitionen sind Investitionen in eine Wirtschaftstätigkeit, die wesentlich zu einem sozialen Ziel beitragen, insbesondere Investitionen zur Bekämpfung von Ungleichheiten, Investitionen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts, sozialer Integration und gerechter Arbeitsbeziehungen sowie Investitionen in Humankapital oder in wirtschaftlich oder sozial benachteiligte Gemeinden. Die praktischen Schwierigkeiten liegen auf der Hand: Im Moment gibt es nur wenige Titel wie vielleicht das Kolpingwerk, die diese Vorgaben umsetzen würden, aber leider nicht börsennotiert sind und daher keine entsprechenden Investitionsmöglichkeiten zur Verfügung stellen.