Nachgefragt bei Ralf Vielhaber „Die deutschen Private-Banking-Anbieter geraten ins Hintertreffen“

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Ist der Grund für die Verbesserung der Institute aus dem deutschsprachigen Ausland auf deren Regulierung zurückzuführen oder auf eine intrinsische Motivation?

Vielhaber: Das war und ist erst einmal den Umständen geschuldet. Luxemburg, Liechtenstein, Österreich und die Schweiz haben den Wettbewerbsvorteil des Bankgeheimnisses verloren. Das war jahrzehntelang ein starker Kundenmagnet.

Einige Anbieter haben relativ früh, vor rund sechs bis sieben Jahren, erkannt, dass man an Stelle des Bankgeheimnisses etwas Neues setzen muss, um beim vermögenden Kunden zu punkten. Etliche haben auf ganzheitliche Beratung auch ihrer deutschen Kunden nach deren inländischen Rechtsvorschriften gesetzt, ihre Berater entsprechend fortgebildet und so ihre Beratungsstandards und das Servicelevel hochgesetzt. Sie beraten individueller und belegen folgerichtig in unserem Jahresranking die vorderen Plätze.

Das hört sich an, als ob die deutschen Häuser die erwachsen gewordene Konkurrenz verschlafen hätten.

Vielhaber: Die deutschen Anbieter hatten im letzten Jahrzehnt eindeutig einen Wettbewerbsvorsprung in der ganzheitlichen Beratung. Der ist im Private Banking weg. Die vergangenen Jahre haben sie sich mehr um die Erfüllung von Regulationsvorgaben als um die Ansprüche der Kunden gekümmert. Da wird jetzt auch deshalb viel Standardisierung hausintern verlangt, um bloß keine Nachfragen seitens der Bafin zu provozieren.

Es gibt zwar auch in Deutschland Banken, die die Regulierungsvorhaben etwas lockerer nehmen, aber insgesamt geht der Trend, gerade im Private-Banking-Segment in Deutschland, stark in Richtung Standardisierung.

Was umfasst das alles?

Vielhaber: Unterhalb des Grenzbetrages von einer Million Euro finden sich vornehmlich vorgefertigte Textbausteine und Standardportfolios, die noch ein wenig an die Bedürfnisse des Anlegers angepasst werden. Häufig kommen auch vergleichsweise teure Fonds zum Einsatz. Man versucht den Kunden in die standardisierte Vermögensverwaltung zu bekommen.

Beim diesjährigen Testfall ist uns zudem negativ aufgefallen, dass in der standardisierten Vermögensverwaltung das Thema des systematischen Abbaus der Aktienquote, eigentlich vorgegeben durch den Testfall, gerade in Deutschland von vielen nicht angemessen gelöst wurde. Obwohl die Herausforderung eher trivial ist. Da sollte man als Private-Banking-Kunde mehr erwarten dürfen.

Ein weiterer Punkt ist, dass einige Häuser dem Kunden bereits frühzeitig abnötigen wollen, den WpHG-Bogen vollständig auszufüllen und zu unterschreiben. Das ist dann so, als müsste dieser sein Haushaltsbuch zur Kontrolle bei der Bank abgeben. Die meisten Kunden nervt das.


Über den Interviewten:
Ralf Vielhaber ist seit 1995 Verlagsleiter und Geschäftsführer des Verlags Fuchsbriefe. Seit 2007 übt er auch die Funktion des Geschäftsführers aus. Zudem ist er Partner der Private Banking Prüfinstanz (PBPI), die 2015 zum zwölften Mal einen Markttest im deutschsprachigen Private Wealth Management durchführte.

Hinweis: Ab 1. Januar 2016 startet die PBPI das nächste Performance-Projekte, die vierte Runde. Weitere Infos gibt es hier.


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