Nachfolgeplanung Tücken der Vor- und Nacherbschaft in Unternehmerfamilien

Dr. Cornelia Maetschke-Biersack (links) und Dr. Saskia Ballon von der Kanzlei Taylor Wessing

Dr. Cornelia Maetschke-Biersack (links) und Dr. Saskia Ballon von der Kanzlei Taylor Wessing: Die beiden Rechtsanwältinnen beantworten praxisrelevante Fragen der Testamentsgestaltung bei Vor- und Nacherbfolge. Foto: Taylor Wessing

Das Bedürfnis, das selbst erwirtschaftete Vermögen auch nach dem Tod dauerhaft in der eigenen Blutlinie zu halten, ist gerade in Unternehmerfamilien besonders ausgeprägt. Erbrechtlich wird dabei häufig auf das Gestaltungsmittel der Vor- und Nacherbschaft zurückgegriffen, um den Zugriff familienfremder Dritter, des Ex-Ehepartners oder des unliebsamen Schwiegerkindes auf den Nachlass zu verhindern. Dabei ist den wenigsten Erblassern bekannt, was die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft im Erbfall konkret mit sich bringt und welche Rechte der Vor- oder Nacherbe aus dem Nachlass im Einzelnen ableiten kann. 

Grundzüge der Vor- und Nacherbschaft

Die Vor- und Nacherbschaft muss als Ausnahme von der gesetzlich geregelten Vollerbschaft vom Erblasser im Testament oder Erbvertrag angeordnet werden. Sie bewirkt, dass die Erbschaft in einem ersten Schritt zeitlich begrenzt dem Vorerben anfällt, bevor sie nach Ablauf eines bestimmten, durch den Erblasser festgelegten Zeitpunkts oder Ereignisses, auf den Nacherben übergeht.

Der Zeitpunkt, in dem die Erbschaft dem Nacherben anfällt, kann der Erblasser frei bestimmen. Ist keine Anordnung getroffen, tritt der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben ein. Dies kann gerade bei relativ jungen Vorerben dazu führen, dass die Erbschaft über mehrere Jahrzehnte nur dem Vorerben zur Nutzung zur Verfügung steht.

Beschränkungen des Vorerben

Frei wie ein Vollerbe in der Verfügung über den Nachlass ist der Vorerbe allerdings nicht. Denn dieser erwirbt die Erbschaft nicht nur für einen begrenzten Zeitraum, er unterliegt auch weiteren Restriktionen. So darf der Vorerbe nur entgeltlich über den Nachlass verfügen. Zudem hat er das Nachlassvermögen getrennt von seinem eigenen Vermögen zu verwalten. Unentgeltliche Verfügungen oder Verfügungen über Grundstücke sind während der Dauer der Vorerbschaft zwar möglich, werden jedoch mit Eintritt des Nacherbfalles unwirksam und berechtigen unter Umständen zum Schadensersatz gegen den Vorerben und dessen Erben.

Die Besonderheit des nur zeitlich befristeten Erwerbes des Vorerben besteht darin, dass die Erbschaft gerade nicht Eigenvermögen des Vorerben wird. Der Nacherbe wird damit bei Eintritt des Nacherbfalles nicht Erbe des Vorerben, sondern Erbe des ursprünglichen Erblassers. Das bringt in der Praxis das Problem, dass bei Ableben des Vorerben eine saubere Trennung zwischen dem nacherbschaftlich gebundenen Vermögen und dem übrigen, eigenen Vermögen des Vorerbens häufig nicht möglich ist. Streit ist damit – gerade bei einer über viele Jahre andauernden Vorerbschaft –programmiert. 

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Der Vorerbe kann zwar von einigen gesetzlichen Beschränkungen, etwa der entgeltlichen Verfügung über Grundstücke, befreit werden. Diese Befreiungsmöglichkeiten ändern allerdings nichts daran, dass der Vorerbe das durch die Vorerbschaft gebundene Nachlassvermögen nicht durch ein eigenes Testament an seine Erben weitergeben kann. Er ist und bleibt in Bezug auf dieses Vermögen vielmehr nur Nutznießer mit eingeschränkten Rechten.

Gestaffelte Vor- und Nacherbschaft

Um das Vermögen dauerhaft und vom Erblasser vorbestimmt beispielsweise in der Blutslinie zu halten, wird häufig auf eine sogenannte gestaffelte Vor- und Nacherbschaft zurückgegriffen. Das bedeutet, dass der Nacherbe bei Eintritt des Nacherbfalles zugleich wiederrum Vorerbe wird und ihm nachgeschaltet ein weiterer Nacherbe bestimmt wird.

Zeitlich gesehen ist es dem Erblasser in der Regel möglich, bis zu 30 Jahre nach seinem Ableben den Gang des Nachlassvermögens auf diese Weise zu steuern. Auch hier bestehen für jeden Vorerben allerdings die dargestellten Restriktionen, was dieses Instrument in der Praxis nur sehr eingeschränkt tauglich macht.