Nach der Erbschaft- und Schenkungsteuerreform Die neuen Spielregeln für Betriebsvermögen

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Lediglich besonderes Finanzvermögen, sogenannte Finanzmittel können teilweise befreit werden, soweit ihr Verkehrswert 15 Prozent des Werts des Betriebsvermögens nach Abzug der Schulden nicht übersteigt. Als Finanzmittel gelten beispielsweise Geld (Kasse), Forderungen aus Lieferung und Leistung und Gesellschafterdarlehen. Diese Möglichkeit eröffnet sich aber nur, wenn die Finanzmittel im Betriebsvermögen eines originär gewerblich tätigen (produktiven oder Dienstleistungen erbringenden) Betriebs liegen.

Der insbesondere bei Familienunternehmern und Family Offices beliebten und weit verbreiteten rein vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG, die aus steuerlicher Sicht lediglich gewerblich geprägt ist, wird der Zugang zur 15-prozentigen Toleranzgrenze neuerdings vom Gesetzgeber versagt. In diesen Fällen von Familieninvestitionsgesellschaften oder Family Offices sind sämtliche, auch geringfügige Finanzmittel als Verwaltungsvermögen ohne steuerliche Verschonung zu versteuern. Aufgrund der weiten Verbreitung gerade dieser Modelle für familieneigene Vermögensverwaltungen besteht hier ein latentes Risiko im Erbfall und Handlungsbedarf zur Vorbereitung von Schenkungen.

Anderes, als normal deklariertes Finanzvermögen (Wertpapiere im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und vergleichbare Forderungen) fallen nicht unter diese 15-prozentige Toleranzgrenze. Dieses Finanzvermögen wird unabhängig vom Umfang ohne Steuerbefreiung dem fiskalischen Zugriff unterworfen. Entsprechendes gilt für Immobilienvermögen, wenn nicht mehr als 300 Wohneinheiten im Bestand vermietet werden.

Lediglich eine niedrige Bagatellgrenze von 10 Prozent des Wertes des begünstigungsfähigen (produktiven) Teils des Betriebsvermögens wird pauschal begünstigungsfähig gestellt. Diese auch „Schmutzgrenze“ genannte Regelung gilt für Verwaltungsvermögen insgesamt, also zum Beispiel für vermietete Immobilien, Kunstsammlungen oder sogenannte Luxury Assets wie Oldtimer, Briefmarken, und Segelyachten.

Auch das in den geschilderten Grenzen zulässige Finanzvermögen ist nicht ohne Weiteres in vollem Umfang steuerbefreit. Es teilt lediglich das steuerliche Schicksal des begünstigungsfähigen produktiven Teils des Betriebsvermögens. Nur dieses kann unter weiteren strengen Voraussetzungen bei Erwerben bis 26 Millionen Euro zu 85 Prozent oder gar 100 Prozentsteuerbefreit werden. Bei Erwerben über der Grenze von 26 Millionen Euro ist auch für das begünstigte Produktivvermögen allenfalls eine teilweise Steuerbefreiung erreichbar.

Betroffen sind sämtliche Familienunternehmer, bei denen – unabhängig von ihrem persönlichen Steuerstatus – entsprechendes Vermögen im Inland allokiert ist oder die ihrerseits beziehungsweise deren Vermögensnachfolger Steuerinländer sind. Bei Steuerinländern ist prinzipiell das gesamte, auch ausländische Vermögen im Erwerbsfall von den Neuregelungen betroffen.

Eine lösbare Herausforderung für Vermögensträger, Steuer- und Anlageberater?

Jahrzehntelang bewährte Konzepte hoher Eigenmittelbestände in Familienunternehmen, deren Eigenfinanzierungsfähigkeit und Bankenunabhängigkeit sind wegen des vermeintlichen Makels als erbschaftsteuerschädliches Verwaltungsvermögen auf den Prüfstand zu stellen. Eine Herausforderung für Steuerberater, insbesondere aber auch für Finanzinstitute und Vermögensverwalter, die die Finanzierungsstruktur der Familienunternehmen zum Teil neu aufstellen, aber auch die gegebenenfalls im Unternehmen freiwerdenden Finanzmittel außerhalb der Unternehmen sinnvoll in eine Anlagestruktur einbinden müssen.

Analyse- und gegebenenfalls Handlungsbedarf besteht für sämtliche Unternehmen gleich welcher Rechtsform, bei denen einer oder mehrere Gesellschafter Inländer im Sinne des Steuerrechts sind oder deren Vermögen im Inland allokiert ist.

Die erbschaftsteuerliche Gestaltungspraxis ist durchaus in der Lage, in Reaktion auf diese verschärfte Gesetzesregelung Antworten und Lösungen zu finden. Einige davon bietet der Gesetzgeber selbst an: So wird Finanzvermögen im Betrieb von privaten Kreditinstituten und/oder Finanzdienstleistungsinstituten im Sinne des Kreditwesengesetzes nicht als schädliches Verwaltungsvermögen behandelt. Eine Option, die bereits in der Vergangenheit manche Unternehmerfamilie gewählt hat. Dafür wäre allerdings ein erheblicher, insbesondere regulatorischer und aufsichtsrechtlicher Zusatzaufwand in Kauf zu nehmen.

Bedauerlich ist, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungssteuerrechts eine mittelstandstaugliche, niedrigschwellige Lösung offenbar verworfen hat: Das nicht aufsichtspflichtige, im Unternehmensverbund verortete Finanzierungsunternehmen, dessen Hauptzweck die Finanzierung der gewerblichen Tätigkeit verbundener Unternehmen ist, wurde ersatzlos aus dem ab 1. Juli 2016 geltenden Gesetzeswortlaut gestrichen.

Damit sind nicht nur die künftigen Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt, sondern es sind all jene betroffen, die bis zum 30. Juni 2016 eine solche Aufstellung gewählt haben. Diese wird im Erb- oder Schenkungsfall nicht den gewünschten steuerbefreienden Effekt bringen.