Nach den negativen Renditen Das Minuszins-Syndrom

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Harry Markowitz, Begründer der Modern Portfolio Theory und erklärter Gegner des Risk-Parity-Ansatzes („Ich bin im Anti-Risk-Parity-Lager“), hat die fragwürdige Logik hinter diesem Ansatz in einem Artikel vor einigen Monat sehr treffend charakterisiert:

"Ich konnte niemals verstehen, wie ein Portfolio gehebelt werden kann, das festverzinsliche Anlagen mit niedrigen erwarteten Renditen stark übergewichtet, um Überschussrenditen zu erzielen. Das ist, als ob ein Kaufmann drei Dollar bei jedem Verkauf verliert und dies durch Volumensteigerung ausgleichen möchte.“

Bei Handelsprogrammen und insbesondere bei Risk-Parity-Investments erfolgen Käufe in niedrig verzinslichen Renten über Terminkontrakte beziehungsweise werden fremdfinanziert.

Die Hebelwirkung kann sich bei Kursbewegungen nach unten fatal auswirken. Dies ist im Fall einer Trendwende brandgefährlich: Bei einem Kursrutsch sind Zwangsliquidationen zu befürchten, die weitere Kursverluste mit sich bringen.

Einen Vorgeschmack hierauf sah man im Mai und Juni 2013, als eine Korrektur am Rentenmarkt teilweise zu empfindlichen Kursverlusten bei Risk-Parity-Fonds führte.

Während die Konsequenzen einer Trendumkehr bei Handelsprogrammen jedoch begrenzt beziehungsweise durch das Kapital der spekulierenden Banken und Hedgefonds abgesichert sein sollten, stellen Risk-Parity-Fonds durch ihre großen Volumen und die hohe Verschuldung eine echte Gefahr für Anleger dar.

Um Gewinne zu machen, benötigt ein Risk-Parity-Portfolio nicht nur niedrige, sondern permanent sinkende Renditen. Genau dies wird bei den aktuellen Zinsen immer unwahrscheinlicher, wenn nicht sogar unmöglich: Minus-Renditen lassen die Erwartung von automatischen Kursgewinnen am Anleihemarkt absurd erscheinen.

Damit setzen sie dieser Anlagestrategie eine natürliche Grenze. Die Investoren in Risk-Parity-Fonds sitzen daher mit Milliarden von Anlegergeldern auf einer Bombe, deren Lunte mit den kürzlich negativ gewordenen Zinsen gezündet wurde.

Zum Autor: Karl-Heinz Thielmann ist der Vorstand vom Long-Term Investing Research - Institut für die langfristige Kapitalanlage.

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