Nach den negativen Renditen Das Minuszins-Syndrom

Seite 2 / 5


Welche Gründe kann es geben, warum die Zinsen negativ sind; warum es rational sein könnte, Anleihen mit negativer Verzinsung zu kaufen? Zumindest für eine stark ausgeprägte Niedrigzinsphase lassen sich Begründungen finden:

• Deflationserwartungen: Die Inflationsraten in vielen entwickelten Volkswirtschaften sind seit einigen Jahren rückläufig. Dies hat einige Gründe: sinkende Rohstoffpreise, Kostensenkungen durch Innovationen, die an Kunden weitergegeben werden, stagnierende Staatsausgaben aufgrund von Austerität.

Tatsächlich ist bei vielen Marktteilnehmern spürbar, dass die Inflationsängste nicht so stark sind wie noch vor vielen Jahren. Allerdings haben viele Notenbanken erklärt, dass sie die aktuellen Inflationsraten für zu niedrig halten und tendenziell eine leichte Inflationierung der Wirtschaft anstreben.

Insofern wäre es für Anleger unrealistisch, in der Zukunft von Deflation als Basisszenario auszugehen. Geringere Inflationsraten als in der Vergangenheit könnten deshalb niedrigere Zinsen als in der Vergangenheit rechtfertigen (zum Beispiel 2-3 Prozent pro Jahr bei Bundesanleihen anstatt wie früher 5 Prozent pro Jahr), aber nicht Negativzinsen.

• Leichte Geldpolitik: Mit ihrer lockeren Geldpolitik beeinflussen die EZB und die US-Federal Reserve insbesondere die Geldmarktzinsen massiv; dies hat auch Rückwirkungen auf den Anleihemarkt.

Andererseits ist gerade bei der EZB auffällig, dass sie sich – im Gegensatz zu den angloamerikanischen Notenbanken – mit direkten Interventionen sehr zurückhält.

Mario Draghi hat bereits mehrfach öffentlichkeitswirksam erklärt, dass er bereit ist, entschlossen zu handeln. Die darauffolgende Marktreaktion am Bondmarkt hat dann ein direktes Eingreifen der EZB dann aber über-flüssig gemacht.

Insofern erklärt die Geldpolitik von EZB und anderen Notenbanken schon, dass die Renditen niedrig sind; aber nicht, dass sie negativ geworden sind.

• Finanzielle Repression / Bankenregulierung: Banken müssen normalerweise ihre Anlagen oder Kredite mit Eigenkapital unterlegen, wobei diese Kapitalhinterlegung vom vorgeblichen Risikograd abhängen soll.

Ausnahme ist der Kauf von Staatsanleihen von Nationen mit guter Bonität, die definitionsgemäß als risikofrei gelten und für die deshalb kein Kapital zu hinterlegen ist.