Mythen im Faktencheck Die Welt der Nachhaltigkeits-ETFs erklärt

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ESG-Kategorien bei ETFs

Nach der Theorie bilden die Investitionsziele Rendite, Risiko und Liquidität das klassische Anlagedreieck als Basis von Investmententscheidungen. Nachhaltigkeit ergänzt nun als jüngster Aspekt diese drei Parameter. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass potentielle Investoren unter Nachhaltigkeit nicht immer dasselbe verstehen und dementsprechend mit ihren ESG-Investments unterschiedliche Ziele verfolgen.

Diesen heterogenen Anlagezielen versuchen die Index- und ETF Anbieter mit unterschiedlichen Investmentstrategien gerecht zu werden. Die aktuellen ESG-ETFs teilen wir in drei Hauptkategorien ein: Exclusion Only, ESG-Weighted & Exclusion sowie Best-In-Class & Exclusion.

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Der einfachste Ansatz ist das Exclusion-Only-Konzept. Hier werden diejenigen Unternehmen aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen, die entweder in kontroversen Geschäftszweigen tätig sind oder mit diesen Produkten Handel betreiben. Unerwünscht sind ebenfalls Aktiengesellschaften, die im Bereich der Unternehmensführung beziehungsweise hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung negativ aufgefallen sind. Die im Index verbleibenden Unternehmen werden im Exclusion-Only-Verfahren keinem weiteren ESG-Scoring unterworfen.

Die zweite Kategorie, der ESG-Weighted & Exclusion-Ansatz, geht einen Schritt weiter. Nach dem oben beschriebenen Ausschlussprinzip wird für die verbleibenden Aktiengesellschaften ein quantitatives ESG-Rating durchgeführt. Die anschließende Gewichtung im Index richtet sich nach dem Rating-Ergebnis. Unternehmen mit einem besseren ESG-Verhalten werden übergewichtet, während schlechter bewertete Unternehmen an Gewicht verlieren.

Die im Rating ermittelten ESG-Scores bilden auch die Basis für die dritte Kategorie, den Best-in-Class & Exclusion-Ansatz. Allerdings gelten hier noch strengere Auswahlkriterien. Während sich beim vorangegangenen ESG-Weighted-Konzept nur die Gewichtungen verschieben, bleiben bei Best-In-Class-Konzepten ausschließlich die besten 50 oder sogar nur 25 Prozent der Aktiengesellschaften des jeweiligen Sektors, Landes oder einer Region im Index vertreten. Anschließend werden die ausgewählten Unternehmen in einem deutlich verkleinerten Index nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet und die restlichen Gesellschaften komplett gestrichen.

Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass die beschriebenen ESG-Indexkriterien nicht darauf ausgelegt sind, eine bessere Rendite, ein geringeres Risiko oder beides gegenüber einem kapitalgewichteten Anlageuniversum zu erreichen. Es geht vielmehr darum, mit einem möglichst niedrigen Tracking Error zur Benchmark das Zielportfolio ESG-konform auszurichten.

Die Assets under Management (AuM) sowie die Nettomittelzuflüsse bei ESG-ETFs zeigen, dass die Anleger derzeit vor allem das besonders strenge Best-in-Class-Konzept favorisieren.

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Prüfung der Kritikpunkte

Universum und Zeithorizont der Analyse: Um eine Antwort auf die möglichen Kritikpunkte an ESG-ETFs zu finden, haben wir für unsere Analyse in jeder ESG-Kategorie mindestens ein Indexkonzept aus dem Anlageuniversum MSCI World herausgesucht. Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass wir MSCI in der Wahrnehmung nicht bevorteilen wollen. Da aber bis Ende des 1. Quartals 2020 knapp 90 Prozent des Anlagevolumens der beschriebenen ESG-Konzepte in ETFs mit MSCI Indizes investiert sind, halten wir diese Vorgehensweise für legitim.

Aufgrund der recht jungen Produkthistorie der ESG-ETFs ist der für die Analyse zur Verfügung stehende Zeithorizont von knapp vier Jahren verhältnismäßig kurz. Da in diesem Zeitraum allerdings ein langanhaltender Bullenmarkt mit historischen Höchstkursen sowie auch die abrupten und weltweiten Marktverwerfungen infolge der Corona-Krise im ersten Quartal 2020 abgebildet werden, sind mindestens zwei sehr unterschiedliche Marktphasen dargestellt.

Performance-Vergleich: In der folgenden Grafik sind ETFs aus den ESG-Kategorien Exclusion only, ESG-Weighted und Best-In-Class dargestellt. Wie vermutet, wachsen die Performance-Unterschiede zwischen den ESG-Indizes und der Benchmark MSCI World mit zunehmenden Abweichungen bei der Zusammensetzung und Gewichtung. Zusammenfassend gilt für alle drei Kategorien, dass es im Betrachtungszeitraum sowohl Phasen der Out-, als auch der Underperformance gab. Bemerkenswert ist, dass speziell nach den Kursabschlägen im März 2020 alle betrachteten ESG-Indizes mit einer Outperformance gegenüber dem MSCI World endeten. Zumindest in der jüngeren Vergangenheit konnten somit keine systematischen Performance-Nachteile aufgrund von Ausschlusskriterien der ESG-Konzepte gegenüber dem Benchmark-Index MSCI World festgestellt werden.

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