Private Equity Mutares-Chefs im Porträt: Dieses Duo verwandelt Probleme in Profite

Robin Laik (links) und Johannes Laumann von Mutares

Robin Laik (links) und Johannes Laumann von Mutares Foto: Christoph Fröhlich

Manchmal prallen Welten aufeinander, und niemand bekommt etwas davon mit. So wie in der Arnulfstraße Nummer 19, nur wenige hundert Meter unweit des Münchner Hauptbahnhofs. Während in der vierten Etage des repräsentativen Renaissance-Hauses ein Teil von Apples Chip-Team residiert, befinden sich drei Stockwerke darunter die lichtdurchfluteten Büros von Mutares. Ein Konzern, der spezialisiert darauf ist, in Schieflage geratene Unternehmensteile großer Konzerne oder Mittelständler zu kaufen, kernzusanieren und am Ende mit Gewinn zu veräußern. New und Old Economy trennen hier nur wenige Höhenmeter. Und während das eine Unternehmen die Zukunft der Menschheit in hochglanzpolierte Geräte presst, sorgt das andere dafür, dass strauchelnde Firmen überhaupt wieder eine Zukunft haben.  

Der Name Mutares leitet sich vom lateinischen Verb „mutare“ ab, was so viel bedeutet wie verändern. In der 2. Person Singular Konjunktiv lautet es „mutares“. Übersetzt als sogennanten Potentialis, also als Modus der Möglichkeit: „du könntest verändern“. Veränderung als Dauerzustand, das ist die Philosophie von Robin Laik.

Er ist Gründer, Chef und Hauptaktionär des Münchner Sanierungsspezialisten und beschreibt sein Business so: „Wir gehen oft dahin, wo es weh tut. Zu den Unternehmen, die andere skeptisch ansehen. Wir entwickeln neue Ideen und drehen Geschäftsmodelle so, dass wieder Geld verdient wird.“

Und die Bilanz kann sich sehen lassen. Der Konzernumsatz lag im Jahr 2022 bei 3,8 Milliarden Euro, der Jahresüberschuss stieg auf das Rekordniveau von 72,9 Millionen Euro. Anfang Mai vermeldete das Unternehmen den fünften Exit des noch jungen Jahres: Das Portfoliounternehmen Special Melted Products – ein Anbieter von Spezialstählen und Superlegierungen auf Nickelbasis mit Sitz in Sheffield, Großbritannien - wurde verkauft. Mutares rechnet mit einem Zufluss im dreistelligen Millionenbereich von bis zu 150 Millionen Euro.

Mutares-CIO Johannes Laumann: „Hier habe ich gelernt, dass man manchmal etwas Verrücktes machen muss, um erfolgreich zu sein“
Mutares-CIO Johannes Laumann: „Hier habe ich gelernt, dass man manchmal etwas Verrücktes machen muss, um erfolgreich zu sein“ © Christoph Fröhlich

Mutares im Höhenflug

Der SMP-Deal ist der größte Exit in der Geschichte des Unternehmens. Und vor allem ein Erfolg für Johannes Laumann, der als Chief Investment Officer von Mutares verantwortlich ist für das M&A-Geschäft und Investor Relations. „Ich könnte nicht glücklicher sein“, erklärte Laumann. Wie viele in der Branche startete er in der Unternehmensberatung EY, danach ging er zu Porsche Consulting, anschließend machte er zwei Jahre Stopp beim Industriekonzern Atlas Copco, bevor er 2016 zu Mutares wechselte.

Laumanns Aufstieg in die Führungsetage begann 2017. Damals übernahm Mutares von Mitsubishi Hitachi Power Systems den deutschen Stahlbauer Donges. Ein Name, der in der deutschen Stahlindustrie fest verankert war und einige markante Bauten in Deutschland hinterlassen hatte, darunter das Stadion Auf Schalke. Jedoch erwirtschaftete das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt 36 Millionen Euro Umsatz und 4 Millionen Verlust.

private banking magazin: Ein Stahlhersteller, der seine besten Zeiten hinter sich hat. Hatten Sie keine Angst, dass der Deal nach hinten losgeht?

Robin Laik: Donges passte ideal in Mutares’ Industriesegment, doch es musste komplett umgekrempelt werden. Ich traute das Johannes zu und fragte ihn, ob er diese Firma führen will.

private banking magazin: Herr Laumann, Sie haben den Job übernommen. Wie dreht man so ein kriselndes Unternehmen?

Johannes Laumann: Mit klarem Fokus. Ich rückte ab vom Kraftwerksgeschäft, hin zum Brücken- und Hochbaugeschäft. Dann habe ich das Unternehmen über Zukäufe Stück für Stück vergrößert. Nach nur zwei Jahren machte die Firma 400 Millionen Euro Umsatz, hat sich also mehr als verzehnfacht.

Robin Laik: Durch die Donges-Transformation bin ich erst so richtig auf Johannes aufmerksam geworden. Er hat aus einer 36-Millionen-Firma in kurzer Zeit ein 400-Millionen-Geschäft gemacht. Dann habe ich ihn zum Grillabend zu mir nach Hause eingeladen und gefragt, ob er zum Vorstand von Mutares dazustoßen möchte.

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Natürlich wollte er. Im Juli 2019 wurde Johannes Laumann dritter Vorstand neben Robin Laik und Finanz-Chef Mark Friedrich. Seitdem ist das Unternehmen im Turbomodus und reißt eine Bestmarke nach der nächsten. Die ursprünglich für 2028 angepeilten Ziele sind schon jetzt in greifbarer Nähe.

Doch Probleme in Profite zu verwandeln, das ist leichter gesagt als getan. Denn häufig braucht es mehr als nur einen spitzen Bleistift. „Hier habe ich gelernt, dass man manchmal etwas Verrücktes machen muss, um erfolgreich zu sein“, sagt Laumann.

Etwa die Sache mit den Sabo-Rasenmähern. Die Sabo-Maschinenfabrik in Gummersbach übernahm Mutares inmitten der Corona-Pandemie vom US-Giganten John Deere. Das Bild war ähnlich trist wie bei Donges: Jahr für Jahr verlor der Hersteller von Gartenpflegeprodukten 8 Millionen Euro.

Laumann und Laik stutzten das Geschäftsfeld zurecht, verwurzelten das Unternehmen im Hochpreis-Segment - und tauschten das Management aus. Im Chefsessel nahm im Anschluss ein gerade einmal 26-jähriger Mitarbeiter Platz, der wie Laumann von Porsche Consulting kam. Eine mutige Entscheidung, die sich auszahlte. „Er drehte die Firma, heute macht sie 3 Millionen Euro Gewinn pro Jahr“, sagt Laumann mit beinahe väterlichem Stolz.

Mutares-Chef Robin Laik: „In vielen Fällen wurde verpennt, in Forschung und Entwicklung zu investieren“
Mutares-Chef Robin Laik: „In vielen Fällen wurde verpennt, in Forschung und Entwicklung zu investieren“ © Christoph Fröhlich

Am Steuer

Über die Jahre wuchs der Mutares-Maschinenpark. Das Portfolio umfasst nun Brückenbauer und Rasenmäherproduzenten, Gebäudedienstleister und Automobilzulieferer. Seit 2019 wurde die Schlagzahl an Transaktionen deutlich erhöht. Allein im vergangenen Jahr gab es bei Mutares 14 weitere Zukäufe. Die Maschine läuft auf Hochtouren.

Die Branchen mögen grundverschieden sein, doch im Kern haben die Unternehmen eines gemeinsam. „In vielen Fällen wurde verpennt, in Forschung und Entwicklung zu investieren“, attestiert Laik. Dabei sind alte, heruntergekommene Maschinen nicht das größte Problem. „Die Vorstellungen des Managements sind meist völlig konträr zur Realität“, sagt Laumann.

Er muss es wissen. Schon bevor er eine Firma übernimmt, trifft er das Top-Management, spricht mit ihnen über ihre Einschätzungen, Pläne und Ziele. Und die sind häufig, nunja, nicht deckungsgleich mit seinen. „Unser Ziel ist immer, gemeinsam mit dem Management die Firma weiterzuentwickeln. In 9 von 10 Fällen verfehlen wir jedoch das Ziel, weil wir das Management austauschen.“ So wie bei Sabo, der wieder auf Kurs gebrachten Rasenmäher-Firma aus Gummersbach. Der damals 26-Jährige ist übrigens immer noch bei Mutares, aber krempelt bereits das nächste Unternehmen um.

private banking magazin: Als Private-Equity-Investor machen Sie sich sicherlich nicht nur Freunde. Wie gelingt eine friedliche Übernahme?

Laumann: Nach dem Top-Management sprechen wir immer direkt mit dem Betriebsrat. Wir erklären, dass das Geschäft so wie bisher nicht weitergehen kann und wir gemeinsam einen Plan entwickeln werden, um das Ruder herumzureißen.

Laik: Es ist essenziell, die Menschen mitzunehmen. Schließlich kann ich kein Unternehmen gegen die Mitarbeiter führen. Aber natürlich gehören Sozialpläne zu unserem Business. Wir müssen Kunden sagen, dass wir nicht ihre Bank sind und sie Rechnungen bezahlen müssen. Dass wir nicht mehr ausgeben können als wir einnehmen. Das macht keinen Spaß. Aber dabei muss es immer menschlich zugehen.

private banking magazin: Sie kaufen, wenn möglich, immer komplette Unternehmen. Dadurch sichern Sie sich auch die Entscheidungshoheit.

Laumann: Klare Entscheidungen sind unumgänglich, denn sie garantieren Schnelligkeit. Ich glaube fest daran, dass ein erfolgreiches Unternehmen keine demokratische Veranstaltung ist. Unternehmen, in denen immer nach Konsens gefragt wird, funktionieren nicht. Die meisten erfolgreichen Unternehmen sind mehr oder weniger patriarchisch geführt.

private banking magazin: Sie grillen sogar gemeinsam. Hilft bei solchen Entscheidungen eine enge Beziehung als Vorstand oder macht es das manchmal komplizierter?

Laumann: Robin und ich pflegen eine Freundschaft, wo man nicht überlegt, was man sagt. Sondern wo man das sagt, was einem auf dem Herzen liegt. Diese Art von offener Kommunikation erleichtert vieles.

Malte Dreher (rechts), Herausgeber und Chefredakteur des private banking magazins, im Gespräch mit Robin Laik und Johannes Laumann von Mutares
Malte Dreher (rechts), Herausgeber und Chefredakteur des private banking magazins, im Gespräch mit Robin Laik und Johannes Laumann von Mutares © Christoph Fröhlich

In aller Freundschaft

Es ist ein auf den ersten Blick ungleiches Duo, das sich an der Spitze von Mutares gefunden hat. Laik, Jahrgang 1972, steigt jeden Morgen auf sein Fahrrad und düst ins Büro, nicht nur als Mittel zur Fortbewegung, sondern auch als Statement an einen aktiven Lebensstil. Im Büro trägt er stets Krawatte („Man muss darauf achten, die DNA nicht zu verlieren“), darüber hinaus schlägt sein Herz für den FC Bayern München, die Wiesn und einen guten Pomerol. Bibelfest ist er auch, jeden Sonntag geht er in die Kirche.

Laumann, auf der anderen Seite, verkörpert den bodenständigen, pragmatischen Pfundskerl, der das Leben mit offenen Armen und einem herzlichen Lachen begrüßt. Abends singt er schon einmal ein bis zwei Runden bei Singstar, vorzugsweise Kölsches Liedgut. Aber wen verwundert das, sein Nachbar ist Brings-Schlagzeuger Christian Blüm. Am Wochenende fiebert er mit dem Karlsruher SC. Seine selbstironische Bemerkung, er sei "leiderprobt", offenbart seinen Humor und die Fähigkeit, Niederlagen zu akzeptieren.

Lebenszyklusphasen des Mutares-Portfolios
Lebenszyklusphasen des Mutares-Portfolios © Mutares

Wobei, Niederlagen akzeptieren, das fällt beiden schwer. Ganz egal ob an der Tischtennisplatte, beim Schach oder selbst bei der Uno-Partie gegen die Kinder. „Wir sind sportlich unglaublich kompetitiv. Keiner von uns beiden kann gut verlieren“, gibt Laumann zu.

Das Motto „Rather dead than second“ mag an der Tischtennisplatte noch eine spaßig gemeinte Maxime sein. Im Geschäftsleben wird der Wille zum Sieg jedoch zur zentralen Triebfeder. Denn Robin Laik ist Hauptaktionär und hält knapp 25 Prozent der Anteile, Laumann ist ebenfalls am Unternehmen beteiligt. Damit profitieren beide von der hohen Dividendenrendite, die in den vergangenen 12 Monaten bei durchschnittlich 8 Prozent lag. Laik macht da keinen Hehl draus: „Für mich ist die Dividende das größte Einkommen.“

 Robin Laik und Johannes Laumann: Profiteure des Erfolgs

„Skin in the game“ nennt man das heutzutage. Ein Begriff, der von Nassim Nicholas Taleb popularisiert wurde und eine einfache Wahrheit offenbart: Wer Entscheidungen fällt, muss auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Es ist ein Ansatz, der sicherstellt, dass beide nie den Blick für das große Ganze verlieren und zugleich eine enge Bindung zum Unternehmen pflegen. Laik und Laumann sind damit nicht nur die Steuermänner des Mutares-Dampfers, sondern zugleich auch Passagiere an Bord, die ein persönliches Interesse am Kurs des Schiffes haben.

Wie sehen die Mitarbeiter Mutares? Das war die Fragestellung eines Team-Workshops, in dessen Rahmen diese Bilder entstanden. Es sind auch die wilden Büffel zu sehen, die in den Sturm gehen.
Wie sehen die Mitarbeiter Mutares? Das war die Fragestellung eines Team-Workshops, in dessen Rahmen diese Bilder entstanden. Neben Raketen und einem Batman-Logo sind auch die wilden Büffel zu sehen, die in den Sturm gehen. © Christoph Fröhlich

Es ist gelebtes Unternehmertum, wie es seitens der deutschen Politik nicht gerade gefördert wird. Doch Laik und Laumann lassen sich von schlechten Nachrichten nicht die Stimmung vermiesen. Inflation, steigende Preise, verhaltene Kundschaft – irgendetwas ist immer, und irgendwie findet man immer eine Lösung. Man muss sich der Krise stellen.

Dazu passt eine Anekdote, die beide gerne erzählen: Es geht um den Unterschied von wilden Büffeln und gezüchteten Kühen in den USA. Wenn ein Tornado aufzieht, laufen die Kühe vor dem Sturm davon – so lange, bis sie vor Erschöpfung umfallen. Die wilden Büffel jedoch rennen in den Sturm. Sie müssen einmal viel aushalten, dann ist es vorbei. Bei ihnen sterben nur wenige Prozent der Herde, bei den Kühen sind es etwa die Hälfte. „Unser Geschäftsmodell ist es, Firmen zu kaufen, die nicht funktionieren“, sagt Laik. „Wir müssen also diese standhaften Büffel sein.“

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