Multi-Asset-Fondsmanager Thomas Romig „Es gibt keinen Ort mehr, um sich zu verstecken“

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Kostet die hohe Aktivität nicht unnötig Performance?

Romig: Wir sehen eine hohe Aktivität und Flexibilität bei der Auswahl der Investment-Themen als essenzielle Bausteine für einen zukunftsfähigen Multi-Asset-Ansatz. Aus Rendite-Risiko-Sicht war eine hohe Aktivität 2020 deutlich effektiver als statische Diversifikationsansätze, die vor allem auf historischen Mustern wie der Wechselwirkung zwischen Aktien und Bonds aufbauen. Das liegt auch an der immens gestiegenen Korrelation zwischen den einzelnen Asset-Klassen, die sich schon im Sell-off im vierten Quartal 2018 angedeutet hat. Wir stellen uns darauf ein, dass die Korrelationen auch im nächsten Sell-off extrem sein werden. Das heißt, es gibt keine Orte mehr, um sich zu verstecken. Aktivität kann das Fondsvermögens dann besser schützen als traditionelle Diversifikation.

Wie lesen Sie die Kapitalmärkte?

Romig: Wir werden bei den Anlageentscheidungen durch ein Set von Indikatoren unterstützt, die sich in den vergangenen Jahrzenten als belastbar erwiesen haben. Diese richtig zu interpretieren und in die Entscheidungsfindung einzubinden, ist für uns ein zentraler Aspekt im aktiven Management. Zu den Indikatoren zählen unter anderem das makroökonomische Umfeld, das Sentiment der Marktteilnehmer und die Positionierung großer Kapitalmarktteilnehmer. Wichtig dabei: Den Indikatoren folgen wir nicht blind – schlussendlich treffen immer wir als Fondsmanager aktive Anlageentscheidungen.

In der Corona-Krise haben Sie die Aktienquote früh runtergefahren, dann folgten die Unternehmensanleihen. Welche Indikatoren waren die Auslöser?

Romig: Schon bevor Corona die Märkte rund um den Globus infizierte, erkannten wir ein begrenztes Aufwärtspotenzial und haben deshalb im Aktienbereich in einem ersten Schritt Positionen abgebaut. Zudem schlossen wir ein Überspringen der negativen Börsenentwicklung in China auf andere Märkte nicht aus. Ein wichtiger Hinweisgeber dafür war der Indikator, der uns die Positionierung der Marktteilnehmer widerspiegelte.

Und woher kam der Impuls wieder einzusteigen?

Romig: Der Wiedereinstieg war demgegenüber mehr von der globalen Marktmeinung getrieben – ein wichtiger Auslöser für die Aufstockung der Positionen im Aktien- und Credit-Bereich war die Erklärung der US-Notenbank am 23. März, unbegrenzt quantitative Lockerung betreiben zu wollen. Dadurch konnten wir unmittelbar von der einsetzenden Erholung profitieren. Sowohl die risikobegrenzenden Maßnahmen im Februar und März als auch der Wiedereintritt Ende März zeigen doch, dass Indikatoren und die Nachrichtenlage nie eindeutig sind. Dementsprechend wichtig ist es, aufgrund der unsicheren Informationslage, im Team die aktiven Anlageentscheidungen zu treffen.

Der Assenagon I Multi Asset Conservative wird in Bälde fünf Jahre alt, hat aber bereits einige Krisen gesehen und auch Veränderungen erfahren. 2018 haben Sie das Wertsicherungs-Overlay rausgenommen. Was war der Grund?

Romig: Der Nachteil von Wertsicherungsstrategien lässt sich anhand der Marktbewegung im Jahr 2020 sehr gut aufzeigen. Uns ist es zwar gelungen, den zwischenzeitlichen Wertverlust im Fonds stark abzufedern und das erste Quartal mit lediglich minus 3 Prozent abzuschließen. Mit einem Wertsicherungs-Overlay hätten wir nicht mit vollem Risikobudget ins zweite Quartal starten können. Damit hätte sich bei der gestiegenen Geschwindigkeit am Markt ein so wichtiger Wiedereinstieg verzögert. Eine hohe Flexibilität ist bei hochkorrelierten Märkten, wie wir sie auch schon 2018 gesehen haben, und niedrigsten Zinsen ein großer Vorteil für aktive Manager.

 


Über den Interviewten:

Thomas Romig ist Geschäftsführer und Leiter Multi Asset bei Assenagon Asset Management. Unter anderem managt er den Assenagon I Multi Asset Conservative (ISIN: LU1297482223). Zum Münchner Vermögensverwalter war Romig im März 2015 von Union Investment gewechselt.

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