Die vielfach als Schreckgespenst titulierten Regulierungsvorschriften Mifid II sind da. Nach den ersten Monaten deutet sich an, dass die neue Regulatorik mit dem damit verbundenen bürokratischen Aufwand tatsächlich schwerwiegende Folgen für Finanzberater, unabhängige Vermögensverwalter und deren Kunden haben kann – vor allem was die Ausrichtung und das Management von Portfolios anbetrifft. Doch Mifid II bietet beim Einsatz der richtigen Instrumente auch Chancen.
Das gilt vor allem für Multi-Asset-Fonds, von denen nun gerade Intermediäre wie unabhängige Vermögensverwalter und Finanzberater profitieren könnten. Denn die Fonds – sozusagen eine komplette Vermögensverwaltung im Fondsmantel – nehmen den Beratern nicht nur das Problem einer individuell geeigneten Asset-Allokation ab, sondern entlasten auch entscheidend hinsichtlich des verstärkten administrativen Aufwandes.
Entscheidend ist bei dieser Strategie allerdings ein möglichst aktives Fondsmanagement. Das sollte ein Höchstmaß an Flexibilität und Diversifikation bieten, um rasch auf Marktentwicklungen reagieren zu können.
Umschichtungen erfordern hohen Aufwand
Doch der Reihe nach: Hinter Mifid II, oder „Markets in Financial Instruments Directive“, verbirgt sich bekanntlich die neue EU-Vorgabe für den Wertpapiermarkt. Sie gilt seit dem 3. Januar 2018 und soll vor allem für mehr Transparenz und einen besseren Verbraucherschutz sorgen. Um das zu erreichen, müssen Finanzmarktakteure wie Banken, Finanzberater oder Vermögensverwalter deutlich mehr Daten an die Aufsichtsbehörden schicken und ihr Geschäft viel ausführlicher dokumentieren.
Eine wichtige Konsequenz aus Mifid II ist die sogenannte Zielmarktprüfung mit Risikoklassifizierung. Die neuen Regeln sehen vor, dass Anbieter und Vertriebe den Produkten, die sie emittieren oder vertreiben, Zielmärkte zuordnen sollen. Diese Definition soll nach dem Willen des Gesetzgebers klären, an welche Anleger sich eine Anlageform richtet und an welche gegebenenfalls auch ausdrücklich nicht.
Das hat zur Folge, dass der Finanzberater beziehungsweise Vermögensverwalter bei Kauf oder Umschichtungen von Wertpapieren für jeden einzelnen Anleger umfangreiche Überprüfungen durchführen und entsprechende Dokumentationen erstellen muss.
Damit nicht genug: Selbst Telefonate, die eine Kauf- oder Verkaufsempfehlung zur Folge haben, müssen aufgezeichnet werden. Für Vermögensverwalter, die ihre Kundenportfolios individuell und aktiv verwalten und die regelmäßig Einzelwerte oder verschiedene Produktkategorien kaufen und verkaufen, bedeutet das einen enormen Mehraufwand.
Ein weiterer wichtiger Punkt von Mifid II ist die absolute Kostentransparenz. Dem Kunden sind alle Kosten offenzulegen, die für Beratung oder Vermittlung sowie sonstige Dienstleistungen erbracht werden.
Wenn das Kerngeschäft leidet
Auch wenn sich vieles noch einspielen muss und es für eine abschließende Bewertung sicher noch viel zu früh ist – es zeichnet sich bereits ab, dass Mifid II zu einem erheblichen administrativen Mehraufwand führen und die damit verbundenen Kosten sowie den Zeitaufwand deutlich erhöhen wird. Die Konsequenz: Die weitreichenden neuen Anforderungen durch Mifid II sind für viele unabhängige Vermögensverwalter kaum mehr zu stemmen. Die Gefahr besteht, dass das eigentliche Kerngeschäft leidet.
Mifid II dürfte sich deshalb vor allem auf kleinere Anbieter negativ auswirken. Denn der hohe Aufwand wird sich auf die Kosten niederschlagen. Bei vielen Finanzberatern ist die Vermögensverwaltung vorwiegend auf Einzelwerte ausgelegt. Eine Dokumentationspflicht zu jeder einzelnen Wertpapier-Order dürfte aber schwer zu leisten sein.
Die Folgen sind verheerend, auch für Anleger: Portfolios könnten zunehmend konservativer ausgerichtet und Umschichtungen vermieden werden, um den beschriebenen Aufwand und die damit verbundenen Kosten einzudämmen. Damit schwindet aber auch die Flexibilität, die eine professionelle Finanzberatung beziehungsweise Vermögensverwaltung auszeichnet, zusehends. Anlagechancen könnten letztlich ungenutzt bleiben.