Geschäftsführerhaftung Mögliche Stolpersteine der GmbH-Geschäftsführung in Österreich

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Ausgewählte Fragestellungen

  1. Wie ist es mit der Entlastung der Geschäftsführung im Rahmen der ordentlichen Generalversammlung?

Die Gesellschafter einer GmbH haben die Möglichkeit im Rahmen der Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung die sogenannte Entlastung auszusprechen. Mit dieser Erklärung ist die Geschäftsführung von Schadenersatzansprüchen befreit, die aus dem Handeln als ordentlicher Geschäftsmann entstehen hätten können. Die Entlastung der Geschäftsführung ist auch konkludent möglich. Durch die Entlastung kann die Geschäftsführung für Sachverhalte, die sie unterjährig bereits an die Gesellschafter bzw. den Aufsichtsrat (wenn vorhanden) kommuniziert hat, nicht mehr haftbar gemacht werden. Ausgenommen davon sind vorsätzliche Delikte, wie etwa Betrug. Die Geschäftsführung hat keinen klagbaren Anspruch auf eine Entlastung. Außerdem ist es zulässig auch nur einzelne Mitglieder der Geschäftsführung zu entlasten. 

  1. Die Haftung der Geschäftsführung im Zusammenhang mit der Insolvenz einer Gesellschaft

Wie kann es im Rahmen der Insolvenz zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung kommen? Das Insolvenzrecht dient der geordneten und bestmöglichen Befriedigung der Gläubigerinteresse. Ein Gläubiger darf nicht bessergestellt werden als ein andere (Gleichbehandlungsprinzip).

Die Geschäftsführung hat den Schaden aufgrund einer möglichen Insolvenz prinzipiell so gering wie möglich zu halten. Daher ist rechtzeitig und fristgerecht ein Antrag auf Reorganisations- oder Restrukturierungsverfahren zu stellen. Im Idealfall können die Zahlungsunfähigkeit bzw. die Überschuldung vermieden werden.

  1. Wann ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet?

Zahlungsunfähigkeit ist gemäß Insolvenzordnung jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Davon ist nach herrschender Ansicht jedenfalls auszugehen, wenn bspw. ausstehenden Verbindlichkeiten nicht innerhalb einer angemessenen Frist beglichen werden können. Diese Frist beträgt lt. OGH maximal drei Monate. Bei der Zahlungsunfähigkeit handelt es sich um einen längerfristigen Mangel an liquiden Mitteln und nicht um eine bloße Zahlungsstockung.

Eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts liegt laut OGH vor, „wenn nicht mehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine realistische positive Fortbestehensprognose erstellt werden kann und bei der dann gebotenen Liquidation keine Deckung aller Verbindlichkeiten zu erwarten ist“.

Wenn Schutzgesetze, wie zum Beispiel die Vorschriften der Insolvenzordnung, verletzt werden, hat die Geschäftsführung zu beweisen, dass die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes angewendet wurde und sie kein Verschulden trifft.

  1. Ist die Business Judgement Rule ein Rettungsanker für die Geschäftsführung?

Die Business Judgement Rule geht auf das US-amerikanische case law zurück und berücksichtigt, dass Entscheidungen, die von Geschäftsführern getroffen werden, stets aufgrund von Prognosen und Annahmen unter Unsicherheit und zeitgerecht getroffen werden. Die Aufgabe der Geschäftsführung ist es, entsprechende Informationen zu sammeln, im Entscheidungsfindungsprozess die entsprechenden Parameter auf denen Prognosen beruhen, zu verifizieren. Ziel der Business Judgement Rule ist es, eine Entscheidung nicht am Output (bspw. eine Fehlinvestition), sondern am Entscheidungsfindungsprozess zu messen.

Für die Anwendung der Business Judgement Rule müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Geschäftsführung darf kein Eigeninteresse an der Entscheidung haben (disinterested judgement)
  • Die Geschäftsführung muss im Rahmen des Entscheidungsfindungsprozesses ausreichend Informationen eingeholt haben bzw. eigene Berechnungen erstellt haben (informed judgement)
  • Die Geschäftsführung muss nachvollziehbar im besten Interesse der Gesellschaft gehandelt haben (rational belief and good faith).

Seit einigen Jahren gilt die Business Judgement Rule auch im österreichischen Recht und ist der Maßstab dafür, ob die Geschäftsführung bei einer Entscheidung dem Maßstab des ordentlichen Geschäftsmannes entspricht.

 

Über die Autorinnen:
Lucia Wieder ist Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei EY Österreich. Als Prüfungsleiterin ist sie verantwortlich für Prüfungen von Jahres- und Konzernabschlüssen nach lokalen und internationalen Rechnungslegungsvorschriften (UGB, IFRS, US-GAAP, dHGB). Außerdem ist sie Leiterin des Lehrgangs „Bootcamp für die Geschäftsführung“ und Vortragende am Controller Institut in Wien.

Kerstin Andert ist Steuerberaterin und leitet die Rechnungswesen- und Steuerabteilung bei einem internationalen Immobilienentwickler mit Sitz in Wien. Außerdem ist sie Leiterin des Lehrgangs „Bootcamp für die Geschäftsführung“ und Vortragende am Controller Institut in Wien.

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