Moderne Vermögensverwaltung „Sie müssen die Marktbrüche erkennen“

 Chefredakteur Ansgar Neisius (v.l.n.r.) mit Bernd Meyer, Chefanlagestratege der Berenberg Bank und verantwortlich für die Vermögensverwaltung; Lutz Welge, Leiter Vermögensverwaltung der Bank Julius Bär Europe; Ulrich Voss, Leiter Kapitalmarkt beim Tresono Family Office aus Köln; Reinhard Pfingsten, seit Jahresanfang Investmentchef der Bethmann Bank.

Chefredakteur Ansgar Neisius (v.l.n.r.) mit Bernd Meyer, Chefanlagestratege der Berenberg Bank und verantwortlich für die Vermögensverwaltung; Lutz Welge, Leiter Vermögensverwaltung der Bank Julius Bär Europe; Ulrich Voss, Leiter Kapitalmarkt beim Tresono Family Office aus Köln; Reinhard Pfingsten, seit Jahresanfang Investmentchef der Bethmann Bank. Foto: Andreas Mann

private banking magazin: Was kann der vermögende Kunde von einer Vermögensverwaltung heutzutage erwarten?

Bernd Meyer: Beim Investmentprozess und dem Risikomanagement hat sich einiges verändert. Gerade Ersterer ist stärker in den Vordergrund getreten, während früher der individuelle Portfoliomanager im Fokus stand. Kunden können mittlerweile erwarten, dass die Vermögensverwaltung strukturiert und transparent organisiert ist und dass klar ist, wer welche Verantwortung trägt. Der Prozess an sich ist wichtig, um die Wiederkehrbarkeit einer Performance sicherstellen zu können.

Reinhard Pfingsten: Früher waren das Geschäft mit institutionellen Anlegern und das mit vermögenden Privatkunden meilenweit voneinander entfernt. Das hat sich stark gewandelt, beide Bereiche haben sich angenähert. Im institutionellen Geschäft stand der Investmentprozess schon immer im Fokus. Mittlerweile werden aber auch hier asymmetrische Risikoprofile verlangt, nicht mehr nur die Marktrendite. Der institutionelle Kunde ist also in Richtung Privatkunde gewandert, und anders herum. Wir sehen eine Konvergenz.

Ulrich Voss: Für uns als Family Office ist die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Rendite samt Performance-Attribution wichtig. Während in der Vergangenheit oft einzelne Personen diskretionäre Entscheidungen getroffen haben, rücken heute der Prozess, Replizierbarkeit und Risikoaspekte in den Vordergrund. Denkt der Vermögensverwalter in Szenarien, was passiert mit dem Gesamtportfolio eines Klienten in bestimmten Szenarien als Ganzes und wie sieht der maximale Verlust aus?

Lutz Welge: Die Professionalisierung hat stark zugenommen. Es geht heute um die Stringenz des Investmentprozesses, aber auch um die Flexibilität eines Teams, sich nicht in Dogmen zu verfangen. Das Investmentumfeld ist viel mehr in Bewegung, als man aufgrund der Entwicklung – etwa des vergangenen Jahres – meinen mag. Man darf sich deswegen nicht auf vorgefertigte Meinungen beschränken.  

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Was macht die Stringenz eines Investmentprozesses aus?

Pfingsten: Der Prozess darf nicht von einzelnen Personen und Ereignissen abhängen. Zunächst einmal hat man eine Investmentphilosophie und ist überzeugt, dass sie Mehrwert schafft. Der Investmentprozess muss dann entlang dieser Philosophie verlaufen und kann aus unterschiedlichen Bausteinen bestehen. Unser Haus verfolgt einen Ansatz, den wir quantamental nennen. Quantitative Modelle machen uns unabhängiger von Emotionen und stellen Wiederholbarkeit der Ergebnisse her. Gleichzeitig heben wir die Diskussion auf ein höheres Niveau, denn wir diskutieren nicht mehr darüber, was billig oder was teuer ist. Das können wir alle trefflich. Stattdessen reden wir darüber, was wir anders als der Markt sehen.Zudem hat sich über die Jahre verändert, dass wir mit den Kunden über die strategische Asset Allocation sprechen. Darauf bauen dann die taktische Asset Allocation für Über- oder Untergewichtungen und die Wertpapierauswahl auf. Letztlich gehört zur Stringenz auch ein Risikomanagement, das dafür sorgt, dass wir in den Portfolios auch das haben, was unseren Erwartungen an die Kapitalmärkte entspricht.