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Modern Monetary Theory Extreme wirtschaftspolitische Vorschläge werden salonfähig

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Die Dominanz des US-Dollars ergibt sich aus jahrzehntelanger kluger Politik

Die Auffassung, es sei allein die Entscheidung der USA, den US-Dollar als weltweite Reservewährung vorhalten zu können, ist zutiefst irrig. Falls Politiker der Ansicht sind, dass das einzige potenzielle Risiko übermäßiger Staatsausgaben nachfragebedingte Inflation ist, die nie wieder eintreten wird, dürften der Fantasie eines Politikers, wie noch mehr Geld ausgegeben werden kann, keinerlei Grenzen mehr gesetzt sein. Man riskiert dann, die Angebotsseite der Wirtschaft zu übergehen und den Schaden zu unterschätzen, den übermäßige Staatsausgaben im Hinblick auf Anreize und die Ressourcenallokation anrichten können. Der große Vorteil von Budgetbeschränkungen liegt bekanntlich darin, dass man sich auf den besten Verwendungszweck für das ausgegebene Geld konzentrieren muss.

Die MMT wird damit brandgefährlich. Durch das Argument, der Staat unterliege keiner Budgetbeschränkung, wird die MMT zum geistigen Nährboden für Populismus. Weltweit zeigt sich: Die Bevölkerung wendet sich mittlerweile viel bereitwilliger unorthodoxen Vorschlägen und Kandidaten zu. Sowohl in den USA als auch in Europa sind Politiker und ihre Wähler zunehmend anfällig für einfache Lösungen und schmerzlose Rezepte: Austritt aus der EU (Brexit), Überzeugung der EU, mehr Geld ausgeben zu dürfen, etwa für ein „Bürgereinkommen“ (Italien), Ausschluss ausländischer Arbeitnehmer und kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung für alle (USA).

Die Risiken für Bürger und Anleger steigen

Die Angst vor nachteiligen Folgen ist zusammen mit dem Respekt vor Fachleuten verschwunden: Das QE heizte die Inflation nicht an, und der Brexit löste keine Rezession aus. Wer also sagt, dass es kein Grundeinkommen für alle geben und Wohlstand nicht aus der Druckerpresse kommen kann? Es besteht kein Verlangen, über schwierige Kompromisse zu diskutieren. Der Konsens wird aufgeweicht, dass Erfolg in einer immer wettbewerbsorientierteren globalen Wirtschaft harte politische Entscheidungen und Strukturreformen verlangt, um Innovation und Produktivität zu fördern.

Daraus ergeben sich zwei Arten von Risiken, die uns als Bürger und als Anleger stark betreffen. Erstens birgt eine fehlende Bereitschaft, harte Entscheidungen bei Bildung, Infrastruktur und Staatsausgaben zu fällen, die Gefahr, dass das langfristige Wachstumspotenzial der Industrieländer gerade dann ausgehöhlt wird, wenn technologische Fortschritte uns bei der Steigerung der Produktivität helfen können. Dies hätte unmittelbare Auswirkungen auf die Wertentwicklung von Finanzanlagen und würde die geopolitischen Spannungen, die bereits eine bedeutende Quelle von Marktvolatilität sind, erhöhen. Zweitens steigt das Risiko, dass etwas richtig schiefgeht, exponentiell an, da Politiker und Wähler selbstgefällig werden und ausgefallene politische Maßnahmen begrüßen.

Fazit: Die Gefahr von Extremrisiken nimmt zu

Es könnte zu einer größeren Staatsschuldenkrise, einer neuen Finanzkrise, einem Anstieg der Inflation oder einer langen Flaute in einer großen Volkswirtschaft kommen. Dies sind extreme Ereignisse von vergleichsweise geringer Wahrscheinlichkeit, sogenannte „tail risks“. Wenn wirtschaftspolitische Vorschläge zunehmend ins Extreme abdriften, dann steigen die entsprechenden Risiken. Daher sollten wir Anleger uns um die zunehmende Salonfähigkeit der MMT ebenso sorgen wie es Cochrane, Summers, Rogoff und Krugman bereits seit einiger Zeit vehement tun.

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