Michael Jänsch vom Focam Family Office „Es wird weitere Konsolidierungen in unserem Markt geben“

Michael Jänsch ist seit etwas über einem Jahr Vorstand der Focam:

Michael Jänsch ist seit etwas über einem Jahr Vorstand der Focam: „Die neue Aufgabe hat einen enormen Perspektivwechsel mit sich gebracht. Die Ansprüche der Mandanten an den Family Officer sind nochmals deutlich weitreichender.“ Foto: FOCAM AG

private banking magazin: Sie sind vor gut einem Jahr aus der Bankenwelt in die Geschäftsführung eines Multi Family Office gewechselt. Was hat sich verändert?

Michael Jänsch: Die neue Aufgabe hat einen enormen Perspektivwechsel mit sich gebracht. Die Ansprüche der Mandanten an den Family Officer sind nochmals deutlich weitreichender, komplexer und diese Aufgabentiefe erfordert eine neue Form der Zusammenarbeit. Wir organisieren den Raum für den vertrauensvollen und diskreten Austausch. Es gilt, die besten Experten und Spezialisten zu orchestrieren und in Projektteams zu organisieren. Das geht nur mit sehr hohen Freiheitsgraden, vollkommener Unabhängigkeit und einer klaren Positionierung. Nur mit dieser Positionierung und Ausrichtung findet man die eigene Daseinsberechtigung, die Etablierung im Wettbewerb und ist attraktiv für neue Mandanten.

Wie wollen Sie bei Focam eine Unterscheidung im Wettbewerb sicherstellen?

Jänsch: Focam ist durch seine Unternehmerpersönlichkeiten geprägt. Die hohen Ansprüche, die die Gründer der Focam um Andreas Jacobs an ihr damaliges Single Family Office gestellt haben, gelten auch noch heute für die weiteren Mandanten der Gesellschaft. Das ist ein gewichtiges Unterscheidungsmerkmal. Zusätzlich wollen und müssen wir uns stets weiterentwickeln, um den Anforderungen der Familien gerecht zu werden. So werden wir neben bekannten Kriterien bei einer Investitionsentscheidung, das Thema Zukunftsorientierung und Impact als Faktor etablieren. Eine klare Kenngröße soll zeigen, ob eine Familie mit ihren Investments konkret die von ihnen individuell gesetzten Ziele erreicht.

 

Impact per se ist kein neuer Ansatz. Wie also eine Unterscheidung sicherstellen?

Jänsch: Im liquiden Bereich gibt es bereits einige Kriterien, da gebe ich Ihnen recht. Diesen stellen wir uns bereits. Wir entwickeln das Bewertungssystem aber so weiter, dass es mit dem Grundgedanken eines Family Office vereinbar ist. Das heißt: Wir individualisieren und weiten den Impact-Gedanken sinnvoll aus, anstatt ihn ad absurdum zu führen. Das gilt für zukunftsorientierte Unternehmensbeteiligungen, das gilt für Co-Investments, das gilt für Private-Equity- und Venture-Capital-Investitionen. Diese Anlagen haben Performance-Ziele, aber auch Ziele abseits von Rendite, auf die sie hinarbeiten. Und der Weg dahin muss transparent und messbar werden. Meine Wahrnehmung ist, dass die nächste Generation der Unternehmerfamilien sich viel mehr dafür interessiert.

Dafür braucht es viel eigenes Research, Daten und Analysen ...

Jänsch: ... und deshalb Investitionen. Investitionen in exzellente Mitarbeitende, die diese Prozesse nicht nur am Flipchart aufmalen können, sondern nah an der Exekution. So haben wir mit Jochen Schmidt und Karl Filbert bereits zwei Corporate-Finance-Berater an Bord, die am Kapitalmarkt so ziemlich alle Transaktionen begleitet haben. Sie sind Bindeglied zwischen Familien auf der einen und Verkäufern von Unternehmensbeteiligungen oder Private-Equity-Investoren auf der anderen Seite. Vermögende Familien wollen nicht in standardisierte Produkte investieren. Sie suchen Opportunitäten, direkte Beteiligungen oder Club Deals. Gemeinsam mit unseren Mandanten dürfen wir zudem auf die Expertise eines hervorragend besetzten Wirtschaftsbeirates zurückgreifen. Im letzten Jahr haben wir diesen mit Persönlichkeiten wie Alexander Hofmann, Philip Burchard und Beatrice Rodenstock weiter verstärkt. 

„Bei Publikumsfonds ist der Einfluss eines einzelnen Investors sehr begrenzt oder gar nicht vorhanden“

Der Transformationsprozess beginnt aber bei uns selbst. Es braucht Investitionen in Digitalisierung, um der Flut der Daten Herr zu werden. Zusätzlich suchen wir den Rat von Unternehmerpersönlichkeiten, um die Kriterien für wirksame Investments transparent zu machen. Hier führen wir bereits spannende Gespräche mit unfassbar engagierten, etablierten und jungen Unternehmerinnen und Unternehmern.

Also bedeutet das Projekt Initialkosten - die wann in schwarze Zahlen umgemünzt werden sollen?

Jänsch: Das ist für uns kein klassisches Projekt. Wir entwickeln unser bestehendes Portfolio weiter und ergänzen unseren Beratungsansatz. Es geht ja nicht um gute Vorsätze. Bis Ende des nächsten Jahres soll diese Weiterentwicklung beendet sein. Unsere Dienstleistungen erfahren bereits jetzt hohe Nachfrage und das wird in der Geschäftsentwicklung unseres Unternehmens sichtbar. Unsere wirtschaftliche Stärke versetzt uns in die Lage, weiter gezielt zu investieren.

Wollen Sie sich dabei auf den illiquiden Bereich fokussieren? Impact ist im liquiden Bereich schließlich – wie bereits angerissen – nur bedingt umsetzbar und individualisierbar.

Jänsch: Das stimmt. Bei Publikumsfonds ist der Einfluss eines einzelnen Investors sehr begrenzt oder gar nicht vorhanden. Für richtige Einflussnahme braucht es individuelle Portfolios. Anders als einige Banken möchten wir nicht standardisierte Portfolios anbieten, aus denen Kunden wählen müssen. Die Nische eines Family Office muss aber eine andere sein. Wenn Kunden neben der erstklassigen Performance wissen wollen, worin sie investieren und welche Auswirkungen diese Investments haben, dann ist das die Nische, die wir künftig besetzen werden.

 

Wie setzt man die Idee von der Nische operativ um?

Jänsch: Einen validen Zugang zu Teilaspekten von Impact-Strategien wie Forst- und Landwirtschaftsinvestitionen haben wir bereits. Wir investieren mit unseren Mandanten direkt in Wald, zum Beispiel in Kanada, Neuseeland und Uruguay. Wir begleiten Mandanten bei Private-Equity- und Immobilieninvestments. Von dem, was hier noch möglich ist, sind wir aber noch entfernt. Wir möchten am Ende ein Scoring-System entwickeln, bei dem unsere Kunden mitdenken und mitgestalten sollen. Der von der Familie verfolgte und gewünschte Impact ist dabei immer individuell.

Was ist mit den Familien, denen Impact nicht wichtig ist?

Jänsch: Wir werden ein Instrument anbieten, das eine zusätzliche Transparenz schafft. Die Ableitungen und Entscheidungen aus dieser Transparenz trifft jede Familie für sich selbst. Dafür braucht es allerdings eine hohe Qualität und Kompetenz in unserem Team und Mitarbeitende, die die Wünsche der Mandanten verstehen und umsetzen können.

Was können Multi Family Offices wie die Focam abbilden und wo müssen sie sich auf externe Anbieter verlassen?

Jänsch: Unsere Gesellschafter und unser Aufsichtsrat unterstützen uns bei der Fokussierung unseres Family Office auf die Anforderungen der nächsten Generation. Wir verstehen es als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung und unseres Beitrages. Wir stärken daher unsere Inhouse-Expertise und verstärken dazu in der nächsten Zeit gezielt unser Team. Gleichzeitig werden wir mit den besten, externen Partnern zusammenarbeiten, die unsere Mandanten zusätzlich begleiten. Wir können und wollen einen zusätzlichen Parameter bei der Beurteilung von Investitionen bieten. Und das passt auch zu unserer Berechtigung als unabhängiges Multi Family Office.

„Dieser Ansatz reicht meist schon, um mit Mandanten und Unternehmern vertieft ins Gespräch zu kommen.“

Wie vermittelt man die Impact-Idee einer Unternehmerfamilie?

Jänsch: Das ist eine interessante Frage, aber dazu gibt es auch einen interessanten Gedanken: Jedes Investment hat eine Wirkung. Und diese Wirkung können wir uns und anschließend unseren Kunden bewusst machen. Dieser Ansatz reicht meist schon, um mit Mandanten und Unternehmern vertieft ins Gespräch zu kommen.

Haben Sie in Sachen Glaubwürdigkeit einen Vorteil gegenüber Banken?

Jänsch: Wir sind seit mehr als 20 Jahren am Markt. Unsere Historie, sowie unsere unternehmerische Ausrichtung helfen hier enorm. Wir müssen nicht bei null starten. Unsere Unabhängigkeit und gute Reputation sind gewichtige Argumente, die unser Multi Family Office auszeichnen. Wir sind offen für Neues und agieren kreativ. Familien können ihre eigenen Ideen einbringen, wir lassen andere Familien an diesen bereits gehobenen Erfahrungsschätzen profitieren. Dieses wird außerhalb eines Family Office schwer.

 

Welche Ziele haben Sie sich für die kommenden Jahre bei Focam gesetzt?

Jänsch: Wir sind im letzten Jahr enorm gewachsen. Wir haben für unsere Mandanten im Asset Management eine bemerkenswerte Performance erzielt. Wir investieren nun in weitere Beratungsqualität, in unser Reporting-Tool und Digitalisierung. Wir suchen weiter unternehmerische agierende Beraterpersönlichkeiten, die diesen Wachstumskurs mitgestalten wollen. Wir denken in Beziehungen, wir wollen für uns die richtigen Partner für den vertrauensvollen Austausch mit unseren Unternehmerfamilien finden. Zusätzlich wird es in den nächsten ein bis zwei Jahren weitere Konsolidierungen in unserem Markt geben. Die Focam wird diesen Prozess aktiv mitbegleiten.

Was vermissen Sie, was es in Banken gab und im Family-Office-Segment nicht?

Jänsch: In Banken gibt es ganz andere Ressourcen-Dimensionen, aus denen Sie schöpfen können. Mit dem Branding- und dem Marketingbudget können wir natürlich nicht mithalten – auch wenn ich mir das manchmal wünsche. Wir werden uns stattdessen in unserer Nische gut positionieren und insbesondere jungen, talentierten Mitarbeiter Entwicklungschancen und -perspektiven aufzeigen. Und das bekommen wir auch ohne großes Marketingbudget sehr gut hin.


Über den Interviewten:
Michael Jänsch ist Vorstand und Gesellschafter der Focam. Er startete im Januar 2022 beim Multi Family Office und leitete zuvor das deutsche Segment UHNWI und Family Office bei der Oddo BHF. Er arbeitet jahrelang im deutschen Wealth Management bei der Credit Suisse, der Vereins- und Westbank, sowie der Sal. Oppenheim und war außerdem Mitglied der Geschäftsleitung Nord der Deutschen Bank.

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