Merck-Finck-Chef im Gespräch „Wir arbeiten an einem hybriden Geschäftsmodell“

Matthias Schellenberg von Merck Finck Privatbankiers: Der Vorstandsvorsitzende ist vom hybriden Beratungsansatz im Private Banking überzeugt.

Matthias Schellenberg von Merck Finck Privatbankiers: Der Vorstandsvorsitzende ist vom hybriden Beratungsansatz im Private Banking überzeugt. Foto: Merck Finck Privatbankiers

private banking magazin: Herr Schellenberg, ist es schwieriger im Private Banking ein ertragreiches Geschäftsmodell oder die Digitalisierung zu gestalten?

Matthias Schellenberg: Beides lässt sich voneinander nicht trennen. Die Private-Banking-Branche muss die Digitalisierung vorantreiben. Nicht nur aus Kostengründen, sondern weil sich der gestiegene administrative Aufwand anders gar nicht beherrschen lässt. Gleichzeitig bietet sie aber auch ungeheure Chancen, dem eigentlichen Kern von Private Banking wieder mehr Zeit einräumen zu können, nämlich der persönlichen Beratung. Auch da wird die Digitalisierung helfen, wenn sich Prozesse schlanker, effizienter und, das ist ganz wichtig, für den Kunden auch bequemer und angenehmer erledigen lassen.

Das hört sich nach Standardisierung an. Dabei will die Private-Banking-Klientel doch exklusiv betreut werden.

Schellenberg: Exklusivität ist im Private Banking ganz wichtig – das stimmt. Der Begriff und was unsere Kunden darunter verstehen unterliegt aber auch dem Zeitgeist und damit einem Wandel. Wir sehen, dass eine stabile und persönliche Betreuung sowie ein persönlicher und menschlicher Ansprechpartner klar an Bedeutung gewinnen. Das ist der Kern, von dem ich vorhin sprach. Zudem erwarten die Kunden aber mittlerweile ganz selbstverständlich, dass diese persönliche Ebene eingebettet ist in die Möglichkeit, sein Banking digital zu erfahren. Und das heißt, mit ihr auf den heute gängigen Kommunikationswegen in Kontakt treten zu können und dann auch bedient zu werden.

Was ist da die Messlatte?

Schellenberg: Wenn wir über Digitalisierung sprechen, dann muss man sich an denen orientieren, die heute die Marktführer sind. Das hat nicht unbedingt nur mit Banking zu tun. Man muss sich daran orientieren, was die Marktführer bei Bequemlichkeit, Kundenservice und der administrativen Abdeckung vorgeben. Die Kunden vergleichen dabei gar nicht so sehr zwischen Private-Banking-Anbieter X und Y. Sie vergleichen uns mit dem Service-Level, das sie von Amazon oder Google kennen. Natürlich ist das Bankwesen einer ganz anderen Regulierung unterworfen, dennoch dürfen wir nicht zu weit dahinter zurückfallen. Ein Post-Ident-Verfahren beispielsweise würden unsere Kunden als eine Zumutung empfinden.

Wie geht es dann anders?

Schellenberg: Merck Finck hat beispielsweise jüngst einen elektronischen Kontoeröffnungsprozess eingeführt. Der Prozess ist so gestaltet, dass Kunden zusammen mit ihrem Berater auf dem iPad eine Kontoeröffnung starten und mit vier Unterschriften auf dem Bildschirm abschließen und damit das Konto papierlos eröffnen. Mag sein, dass das unspektakulär klingt. Ist es aber keineswegs, sondern ein richtig großer Schritt nach vorne. Das hat ein Level von Geschwindigkeit und Bequemlichkeit, das Kunden vielleicht von spezialisierten Direktbanken kennen, im Zweifel aber nicht aus dem Private Banking. Damit haben wir im Wettbewerb vorgelegt. Jenseits der Kontoeröffnung geht es, wie gesagt, immer primär um die persönliche Beratung. Der Kunde soll aber auch sonntags auf dem Sofa sein Portfolio per Tablet anschauen und je nach Bedarf durchleuchten können. Kommt eine Nachfrage auf, muss er die Möglichkeit haben, diese an einen Berater schicken zu können. Auf die Frage werden wir dann vielleicht nicht 24/7 reagieren, aber der Berater wird am nächsten Morgen das Gespräch suchen.