Mehr Risikomanager denn je Wie sich Multi-Asset-Lösungen ans Zinsumfeld anpassen müssen

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Erhöhte Anforderungen an Risikomanagement

Die Jagd nach Alpha und die Einbindung komplexerer Anlageklassen wie Alternatives erhöhen die Anforderungen an das Risikomanagement bei Multi-Asset-Strategien. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt von einer reinen Risikokontrolle immer stärker auf eine aktive Risikoberatung entlang des gesamten Implementierungsprozesses vom Research über die Portfoliokonstruktion bis zu eigentlichen Umsetzung.

Alle Investoren, auch die professionellen, sind anfällig für psychologische Einflüsse. Dazu zählen unter anderem das Herdenverhalten, Verlustaversion oder Selbstüberschätzung. Die Folgen solcher Faktoren kann man aber versuchen geringzuhalten. So hat zum Beispiel Vontobel Asset Management ein diszipliniertes Kontroll- und Steuerungssystem für alle Transaktionen entwickelt, bei denen die Fondsmanager ihre eigenen Überzeugungen umsetzen, sogenannte High Conviction Trades, um Alpha zu erwirtschaften, also nicht der Marktbewegung folgen.

Die sogenannte Trade Library setzt für jeden High Conviction Trades einen Rahmen. Zunächst muss jeder Fondsmanager, der eine solche Transaktion plant, dafür einen Co-Sponsor benennen. Das Ziel ist, sogenannte Management Babys, also Aktien an denen ein Fondsmanager nicht aus rationalen Gründen hängt, zu vermeiden.

Der Austausch mit einem Kollegen im Vorfeld hilft dabei, die eigene Einschätzung zu hinterfragen und eventuell nicht bedachte Aspekte zu berücksichtigen. Stehen beide hinter dem geplanten Trade, wird ein Zeithorizont definiert, bis zu dem der angestrebte Effekt erwartet wird. Gleichzeitig werden vorab Stop-Loss-Grenzen sowie Schwellen für eine Gewinnmitnahme definiert. Ändert sich einer der Parameter, steht der ganze Trade zur Diskussion. Auf diese Weise unterliegen alle Transaktionen einem disziplinierten Monitoring, das dabei hilft, auftretende Risiken im Vorfeld zu identifizieren und zu steuern.

Aktive Begleitung durch Risikomanager

In den Folgeschritten (Modellierung, Konstruktion, Umsetzung) sollte die fortlaufende Begleitung durch einen Risikomanager einen festen Platz haben. Das Risikoprofil des Modellportfolios muss mit den Vorgaben des Kunden oder des Investmentkomitees abgeglichen werden. Der Risikomanager kann dabei helfen, die optimale Risikoallokation und die richtigen Diversifikationsparameter zu finden und das Portfolio verschiedenen Stresstests in unterschiedlichen Marktszenarien zu unterziehen. Nach der Implementierung berät er den Portfoliomanager laufend über mögliche ungeplante Risiken einzelner Unternehmen und deren Wertpapiere (idiosynkratisches Risiko).

Ein solcher Risikomanagementansatz kann dazu beitragen, dass Fondsmanager bessere Ergebnisse erzielen, wenn ihre Einschätzungen korrekt sind. Erweisen sich die Einschätzungen bei einer geplanten Transaktion trotz aller Vorabmaßnahmen einmal als falsch, verringert ein fortlaufendes Risikomanagement das Downside-Risiko.

Die Bedeutung einer Alpha-Generierung wächst angesichts hoher Bewertungen an den Aktienmärkten und eines steigenden Zinsrisikos auch in Multi-Asset-Portfolios. Die ohnehin gesunkenen Renditeerwartungen machen diese bereits für geringe Performanceeinbußen anfällig.

Vor diesem Hintergrund kommt dem Risikomanagement eine wachsende Bedeutung zu. Es geht darum seine Rolle über die Kontrollfunktion hinaus zu erweitern und stärker in den Investmentprozess zu integrieren. Auf diese Weise können Multi-Asset-Strategien auch in einem sich ändernden Umfeld einen Mehrwert bieten.

 

Über den Autor:
Gregor Hirt ist Leiter Multi Asset Solutions der Schweizer Investmentgesellschaft Vontobel Asset Management und sitzt dort auch im Anlageausschuss. Zuvor war er von 2014 bis 2017 bei der UBS, war dort Investmentchef für Europa und die Schweiz und später globaler Leiter Multi Asset. Zuvor arbeitete er in leitenden Funktionen bei Schroders und Credit Suisse.

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