Durch mehr Nähe zum Kunden Pricing als große Chance für kleinere Privatbanken

Walter Ernst, Vorstandsvorsitzender der St. Galler Kantonalbank Deutschland (l.), und Nirwan Tajik, Senior-Berater der Beratungsboutique Zeb

Walter Ernst, Vorstandsvorsitzender der St. Galler Kantonalbank Deutschland (l.), und Nirwan Tajik, Senior-Berater der Beratungsboutique Zeb

Der Vergleich kleiner, mittlerer und großer Institute förderte zu Tage, dass kleine Privatbanken sogar wirtschaftlich erfolgreicher sind als ihre deutlich größeren Pendants. Das sagen die Ergebnisse der letzten Private-Banking-Studie von Zeb, einer auf den Finanzdienstleistungssektor spezialisierten Strategie- und Managementberatung. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis drängt sich die Frage auf, was so manches kleinere Haus anders macht und wie die Erfolgsrezepte im Detail aussehen könnten.

Untersuchungen zeigen, dass auf mittlere und größere Institute, die mehr als zehn Milliarden Euro verwalten, je nach Marktgebiet zwischen 60 und 85 Prozent der HNWI-Anlagevermögen entfallen. Wachstumsraten von jährlich 8 Prozent sind in der neuen Normalität der Post-Finanzkrisen-Ära keine Seltenheit.

Kleine Institute vereinen demgegenüber lediglich 9 bis 13 Prozent des Anlagevermögens auf sich, bei einem Wachstum von moderaten 2 bis 3 Prozent pro Jahr. Diese Zuwächse liegen in Zeiten der Quantitativen Lockerung seitens der Notenbanken unterhalb des allgemeinen Marktwachstums.

Dennoch lässt sich feststellen, dass in vergleichbaren Zeitfenstern kleine Institute ihre Ergebnisse um über 10 Prozent verbesserten, während größere Banken Verluste von im Schnitt minus 7 Prozent verzeichneten.

Erfolgsfaktor Ertrag

Eindeutig und gleichermaßen gültig für Deutschland und die Schweiz ist die Tatsache, dass kleinere Institute ihre Rentabilitätssteigerungen nicht durch Effizienz auf der Kostenseite erreichen, sondern durch höhere Ertragsmargen. Konkreter: Kleinere Privatbanken schaffen es flächendeckend, über alle Produkte hinweg und in allen Marktsituationen höhere Preise auszuhandeln.

Grund dafür ist die Kundennähe. Kleinere Privatbanken sind anscheinend mit ihrer Klientel häufig so vertraut, dass sie nicht nur die Höhe des Depotvolumens kennen, sondern auch die Themen und Inhalte, die ihre Kunden wirklich bewegen. Oftmals sind es zwischenmenschliche Themen wie Vorsorgevollmacht, Kinder oder soziales Engagement. Die Wertentwicklung des Depots spielt aus Kundensicht auch eine wichtige Rolle, aber weniger als Banken oftmals meinen.

Das Ergebnis: Kleine Banken sind eher in der Lage, vorhandene Potenziale bei der Preisgestaltung, dem Pricing zu heben und individuelle Preise durchzusetzen. Bei der sonst im Markt üblichen Kostenzuschlagsmethode ist dies nur im Sinne von Abweichungen nach unten möglich. Bei Kunden mit höherer individueller Zahlungsbereitschaft werden so regelmäßig Ertragschancen vergeben und bei Kunden mit höherer Preissensibilität damit der Abschluss eines immerhin rentablen Geschäfts verhindert.

Untersuchungen von Zeb zur Preispolitik im Private Banking liefern dahingehend zwei Erkenntnisse: Zum einen gibt es einen hohen Margenspielraum. Zum anderen können Privatbanken durch individuell differenzierende Preise ihre Margen um bis zu 20 Prozent gegenüber üblichen Standardmargen verbessern.