McKinsey Global Banking Annual Review Warum die meisten Banken trotz steigender Renditen unprofitabel sind

Blick vom Infinity Pool auf die Skyline Singapurs

Blick vom Infinity Pool auf die Skyline Singapurs: Gerade in Asien haben Banken noch gute Wachstumsaussichten. Foto: Imago / Robertharding

Bedenkt man die Ereignisse der vergangenen Wochen, überraschen die Ergebnisse des Global Banking Annual Reviews von McKinsey. Doch nur auf den ersten Blick. Die globalen Banken haben sich 2022 erholt. Ihre Erträge stiegen aufgrund höherer Margen und Kapitalquoten. Sie waren so rentabel wie zuletzt vor 14 Jahren. Das geht aus der jährlichen Analyse von McKinsey hervor.

Positive Zahlen trügen

Die globale Eigenkapitalrendite lag demnach zwischen 11,5 und 12,5 Prozent, die Erträge wuchsen weltweit um 345 Milliarden Dollar und die Kernkapitalquote (Tier 1) im Bankensektor lag zwischen 14 und 15 Prozent. Sieht man jedoch genauer hin, erkannt man, dass die positiven Zahlen trügen.

Die Eigenkapitalrendite ist zwar im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen, allerdings von einem extrem niedrigen Ausgangswert wie der Vergleich mit den Werten von vor 2008 verdeutlicht. Zudem lag sie 2022 nur bei der Hälfte der Banken weltweit über den Eigenkapitalkosten. Und dieser Anteil wird nach Analysen von McKinsey sogar noch sinken, die jüngsten Margensteigerungen werden demnach nur bei rund einem Drittel der Banken zu Renditen führen, die über den Eigenkapitalkosten liegen.

Der Blick auf die globalen Eigenkapitalrenditen der Banken ab 2000 zeigt, wie niedrig die aktuellen Renditen trotz des jüngsten Anstiegs im historischen Vergleich sind..

Das global aggregierte Bild verdeckt zudem die regionalen Unterschiede. Während viele Regionalbanken in den USA, die größten Banken in Kanada sowie Banken in Indonesien, Mexiko und Indien laut McKinsey schnell wachsen und rentabler werden, seien beispielsweise in Europa und China Rückgänge zu beobachten.

Schwache Konjunktur wird Unterschiede zwischen Banken verstärken

Diese Unterschiede würden durch eine schwache Konjunktur noch verstärkt. Langfristig müssten alle Banken damit rechnen, langsamer zu wachsen, wenn sich steigende Margen nur temporär auswirken. McKinsey schätzt, dass die Eigenkapitalrenditen europäischer Banken im Rezessionsfall auf unter 6 Prozent fallen könnten. Das Bankenwachstum würde sich dann auf Regionen wie die USA oder asiatische Schwellenländer konzentrieren.

Ein Lichtblick für Anleger: Der Bankensektor sei mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13 wesentlich niedriger als andere Sektoren bewertet, die im Schnitt ein KGV von 20 erreichen. Zum vollständigen Bild gehöre aber auch, dass die niedrigen Bewertungen nicht unbedingt günstig seien, weil sie bei vielen Banken auf die geringe Rentabilität und die schlechten Wachstumsaussichten der Institute zurückzuführen seien. Nur rund ein sechstel aller Banken weise gute Gewinnaussichten auf und sei rentabel.

Die niedrigen KGVs der Banken lassen sich auf geringe Wachstumsaussichten und niedrige Profitabilität zurückführen.

Auch wenn der Ausblick gerade für europäische Banken gemischt bis pessimistisch ausfällt, haben Banken weltweit die Gelegenheit, kurzfristig widerstandsfähig und langfristig profitabler zu werden. Auf welche Faktoren europäische Privatbanken dabei achten müssen, hat McKinsey bereits in einer früheren Analyse zusammengefasst, das private banking magazin hat berichtet. Die Ergebnisse lassen sich für große und kleine Privatbanken jeweils präzisieren.

 

Wachstumschance nachhaltige Finanzierung

Ein Wachstumstrend, den Banken dabei nicht übersehen dürften, seien ESG-konforme Investments und Unternehmensführung. Nachhaltige Finanzierungen haben sich in den vergangenen fünf Jahren rasant entwickelt. 11 Prozent aller emittierten Anleihen sind zwischen nachhaltig aus, bei Konsortialkrediten beträgt der Anteil nachhaltiger Kredite am globalen Konsortialkreditvolumen 13 Prozent. Europa, in den letzten Jahren noch führend, wurde inzwischen von nordamerikanischen Emittenten überholt.

Der internationale Vergleich zeigt, dass der einstige Vorreiter Europa bei nachhaltigen Krediten von den USA überholt wurde.

Wachstumschancen sieht McKinsey hier vor allem in der Finanzierung der Energiewende. Allein die zu erwartenden Ausgaben für Sachanlagen, die erforderlich sind, um die Netto-Null-Emissionsziele zu erreichen, könnten kommerziellen Finanzinstituten eine jährliche direkte Finanzierungsmöglichkeit in Höhe von etwa 820 Milliarden US-Dollar bieten. Banken könnten zwischen 2021 und 2030 zusätzliche Investitionen in Höhe von 1,5 Billionen US-Dollar für Unternehmen ermöglichen.

Aktuell sei jedoch nur ein kleiner Anteil der Banken kurzfristig dazu in der Lage, Bereiche wie netzgebundene Infrastruktur, grünen Wasserstoff, grüne Kraftstoffe oder Kohlendioxidspeicher zu finanzieren. Es mangele untere anderem an etablierten Standards für nachhaltige Finanzprodukte und am Management des Kreditrisikos. Sind Banken und Vermögensverwalter aber bereit, sich auf das Geschäftsfeld einzulassen, erwarten sie neue Instrumente, neue Märkte und neue Einnahmequellen.

Eine Übersicht über die Ergebnisse auf englischer Sprache finden Sie hier. Unter diesem Link können Sie auch die vollständige Analyse herunterladen.

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