Matthias Schellenberg im Gespräch „Wir haben bewusst den dezentralen Ansatz gewählt“

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Wollen Sie auch in das externe Fondsgeschäft über Fondsplattformen und andere Vertriebswege einsteigen?

Schellenberg: Ich bleibe beim Beispiel unseres Mittelstandfonds. Der hat ganz normal eine ISIN und kann von jedem, der möchte, erworben werden. Zunächst werden wir ihn jedoch vorwiegend intern einsetzen. Das soll heißen, dass wir ihn nicht aktiv extern bewerben und daher auch keine Vertriebsressourcen dafür haben. Wir sind jedoch absolut überzeugt von der Qualität des Fonds und sind offen für Partner, die sich für unser Produkt interessieren. Übrigens gibt es daran auch bereits Interesse aus unserer Gruppe, also aus unseren Schwesterinstituten, vor allem in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg. 

Wofür will Merck Finck künftig in der Vermögensverwaltung stehen?

Schellenberg: Wir stehen bereits für einige Themen, für die wir auch in der Zukunft stehen wollen. Insgesamt geht es uns um einen aktiven, substanzstarken und robusten modularen Investmentansatz.

Was heißt modular?

Schellenberg: Über entsprechende Angebote für die Vermögensverwaltung verfügen wir bereits seit einiger Zeit. Vermögensverwaltung heißt für uns nicht einfach „Konservativ“, „Chance“ oder „Balanced“. Das halte ich nicht mehr für zeitgemäß. Egal in welche Branche sie schauen, finden Sie doch das gleiche Phänomen: Kunden wollen selbst zusammenstellen können. Wir verfolgen daher schon etwas länger einen modularen Ansatz. Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Mandatsformen und Vermögensverwaltungsstrategien, aus denen unsere Kunden mit uns die für sie passende Kombination auswählen können.

Was heißt das für den Investmentprozess des Hauses?

Schellenberg: Die Asset Allokation wird von uns intern gesteuert und modular umgesetzt. Das hat den großen Vorteil, dass wir uns vor allem bei externen Lösungen bedienen – Stichwort Best in Class – und nur vereinzelte Spezialthemen selbst produzieren. Das machen wir dann, wenn wir darin wirklich eine Kompetenz haben wie beispielsweise bei unserer quantitativen Toga-Strategie oder jetzt dem Mittelstandfonds.

Diesen Ansatz kombinieren wir mit Proximität, also mit tatsächlicher Nähe zum Kunden. Die kommt daher, dass wir nicht nur in München oder Frankfurt Portfoliomanager sitzen haben, sondern vor Ort in den Niederlassungen. Dort können sie gemeinsam mit dem Kundenberater als Partner der Kunden bestmöglich passende Anlagevorschläge entwickeln.

Andere Häuser haben solche Strukturen abgebaut. Wir haben sie verfeinert und intelligenter gestaltet und halten das für ein wesentliches Differenzierungsmerkmal. Und das funktioniert. Wir sprechen bei Merck Finck über eine Vermögensverwaltungs-Quote von über 60 Prozent. Das ist weit über dem Marktdurchschnitt. In diese Richtung, also die Weiterentwicklung einer zeitgemäßen Vermögensverwaltung, werden wir auch künftig arbeiten.

Wie glaubt Merck Finck, bei der vermögenden Klientel punkten zu können?

Schellenberg: Einiges habe ich bereits genannt. Kunden wollen die Wahl haben. Sie müssen das Gefühl haben, dass ihrer Individualität Rechnung getragen wird. Dafür ist ein sehr persönlicher Service wichtig, der sowohl den Kunden als auch das Leistungsangebot des eigenen Hauses ganzheitlich betrachtet.

Dann kommen die Form und der Stil der Kommunikation und der Zugangswege hinzu. Alle im Markt beschäftigen sich derzeit – ganz zu Recht – mit digitalen Zugängen und Angeboten. Wir natürlich auch. Oft wird über Digitalisierung gestöhnt und über Industrialisierung geschimpft. Wir müssen uns doch mal fragen, was eigentlich der Nutzen ist. Digitalisierung dient einer Privatbank dazu, Prozesse zu verschlanken – und Services zu verbessern. Digitale Weiterentwicklungen müssen also dazu beitragen, für den Kunden den Komfort zu erhöhen.