Markus Schuller und Gökhan Kula Der Mensch im Mittelpunkt der Investmententscheidung

Gökhan Kula (links) und Markus Schuller (rechts)

Gökhan Kula (links) und Markus Schuller (rechts)

Kontextklärung

Wir, Gökhan Kula und Markus Schuller, schrieben bereits so manchen Artikel gemeinsam und hielten eine Vielzahl von Vorträgen. Das Auditorium will in der Regel gleichermaßen richtige wie mutige Prognosen zu Dax-Ständen und sanftes Vortragen des Heiligen Grals in der Vermögensveranlagung. Nicht zu direkt, man will sich seine eigene Unfehlbarkeit doch nicht allzu offensichtlich in Frage stellen lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, let us be clear: Wir leiden zwar als Gesellschaften daran, getrieben von Reizüberflutung in der Selektion und Interpretation gerne simplifizierend zu werden, sei es in Form religiöser Glaubensgemeinschaften oder durch populistische Erlösungsversprechen von Parteien an rechten oder linken Rändern. Nun könnten wir in unserer Industrie ebenso diesen Fluchtweg verwenden und auf andere Gesellschaftsbereiche verweisen, in denen Simplifizierung akzeptiert ist.

Nicht so schnell. Man muss sich schon entscheiden. Wir sind in der Regel gut ausgebildet, gut mit Selbstwert ausgestattet und gut verdienend. Dementsprechend exponiert sind wir auch in unserer gesellschaftlichen Stellung. Man kann nicht nur die Sonnenseite genießen, sondern hat auch die damit einhergehende Verantwortung anzunehmen.

Dementsprechend muss der Anspruch, sich nicht den simplifizierenden Antworten hinzugeben, gesetzt werden. Was geht nun über das Simplifizierende in unserer Industrie hinaus?

Über das Machbare

Die leidenschaftlich geführte Debatte über effiziente Märkte und rationale Investoren ist nicht weiter notwendig. Sie ist entschieden. Weder sind Märkte effizient, noch sind Investoren rational. Im Umkehrschluss sind Märkte aber nicht vollständig ineffizient, sondern adaptiv. Menschen sind nicht vollständig irrational, sondern zwischen Emotion und Vernunft oszillierend.

Die beiden im Juni in Monaco stattfindenden Konferenzen GAIM 2015 und Fund Forum 2015 zählen zu den weltweit wichtigsten Gradmessern, welche Themen bei Alternatives (GAIM) und der traditionellen Fondsindustrie (Fund Forum) derzeit angesagt sind.

Bewegt die AI-Community derzeit die Mutualfundization – Stichwort Alternative UCITS –, grübeln die Publikumsfondsmanager über Wege, das alte Geschäftsmodell zu retten – Stichwort Smart Beta/Factor-based Investing als Mittelweg zwischen Aktiv und Passiv.

Kurzum, beide Industriezweige sind derzeit in Bewegung. Wie schwierig sich das Loslösen von traditionellen Asset-Allocation-Methoden gestaltet, zeigte sich gut am Beispiel des CEOs von Amundi Asset Management, Pascal Blanque. Noch nie zuvor hörten wir seitens eines großen Marktteilnehmers eine klarere Distanzierung von der Modern Portfolio Theory. Chapeau.

Sein präsentierter Ausweg für das Equity-Exposure heißt Smart Beta. Seine Lösung zu den lediglich temporär abbildbaren Beta-Mustern heißt Market Timing entlang des Wirtschaftszyklus. Zwei Schritte vor, einer zurück.

Trotzdem: Amundi schaffte es von Generation 1 zur Generation 2 plus. Immerhin. Für die Organisation bereits ein großer Schritt, den dessen CEO selbst sogar als mutig beschrieb. Das für ihn größte Hindernis im Change Management: das Ändern von Verhaltensmustern seiner Mitarbeiter.

Und deshalb soll nun der Mitarbeiter im Investmentprozess-Fokus stehen, um in den angewandten Methoden näher an den derzeitigen Asset-Allocation-Erkenntnisrand zu gelangen? Sind nicht CTAs (Contractual Trust Arrangement), HFTs (High-frequency Trading) und Robo Advisors der Beweis dafür, dass der Mensch im Investmentprozess keine Rolle spielen muss?

Gemach. Sämtliche quantitativen Methoden und Algorithmen basieren auf Annahmen über ein Marktmuster und wie eben dieses bestmöglich nutzbar gemacht werden kann. Wer entscheidet über die Annahmen? Richtig, die menschlichen Entwickler, nennen wir sie Quants.

Weil Marktmuster sich verschieben, entwickeln zum Beispiel die guten CTA-Manager ihre Annahmen und folglich die Algorithmen ständig weiter. Im Due-Diligence-Prozess mit CTA-Managern wird schnell klar, ob sie sich über die Gründe für die Existenz des Marktmusters, deren gewählten Näherungsweisen und den damit verbundenen Limitierungen bewusst sind. Wenn nicht, bitte meiden.

Um die eigenen Investmentmethoden näher an den Asset-Allocation-Erkenntnisrand zu führen, bleibt nur der Fokus auf das Investmentteam und seinen gelebten Investmentprozess.

Was ist nun machbar? In einem Satz von uns zusammengefasst:

„Bewusstere und dadurch rationalere Investmententscheidungen mittels proaktivem Management von kognitiven Dissonanzen und einem Analysefokus auf Kausalität statt Korrelation im Verstehen von Marktzusammenhängen erzeugen eine höhere Wahrscheinlichkeit von Antizyklizität im Investmentprozess.“

Suchten Sie nach einem Heiligen Gral, jetzt haben Sie ihn.