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Marktausblick China „In China haben wir nicht das Jahr 1929“

Mitte Juni schlug die Stimmung in China um. Die rasante Rallye an den Aktienmärkten, insbesondere bei den auf dem Festland notierten A-Aktien, die vor allem die Chinesen selbst kaufen, nahm ein rüdes Ende. Der genaue Auslöser ist unklar, aber es mehrten sich die Bedenken über die Bewertungen der Unternehmen und den Margenhandel der Privatanleger. Der Kurseinbruch, zu dem im August eine überraschende Währungsabwertung kam, belastete auch andere Börsen rund um den Erdball.

Die Sorgen der Investoren um die Zukunft Chinas, dessen Wachstumsdynamik zweifellos nachgelassen hat, haben deutlich zugenommen. David Halpert kann diese Sorgen zwar zum Teil nachvollziehen, ist aber dennoch optimistisch: „China ist kein Desaster, wir haben dort nicht das Jahr 1929.“

Dienstleistungsbereich wächst weiterhin stark

Das offiziell angestrebte Wirtschaftswachstum in China liegt zurzeit bei rund 7 Prozent, das ist deutlich weniger als noch vor einigen Jahren. „Einige Bereiche der chinesischen Wirtschaft wachsen jedoch sehr dynamisch“, so Halpert. In der letzten Zeit hat sich die Wirtschaft gewandelt, weg von der Produktion hin zur Dienstleistung. Das Wachstum im vorher sehr starken produzierenden Gewerbe hat sich entsprechend abgekühlt.

„Der Dienstleistungsbereich hingegen wächst weiterhin mit gesunden 8 bis 10 Prozent pro Jahr. Den meisten Quellen zufolge ist er mittlerweile für über 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verantwortlich, und für rund 80 Prozent des BIP-Wachstums in diesem Jahr“, sagt Halpert. Eines der stärksten Wachstumssegmente ist der Online-Handel. „Er macht schon 10 Prozent des gesamten Einzelhandels in China aus und ist damit der größte E-Commerce-Markt in der Welt - und er wächst weiter“, so der Fondsmanager.

Lichtblick bei den Überkapazitäten

Ein Grund für das derzeit schwache Wachstum sind die Nachwirkungen des riesigen Konjunkturpakets aus dem Jahr 2009, das vor allem das produzierende Gewerbe, die Infrastruktur, aber auch den Konsum gefördert hat. Überkapazitäten belasten die Wirtschaft. Es deutet sich jedoch eine Besserung an. „Die Überkapazitäten im Infrastruktur- und Immobilienbereich wachsen nicht mehr.

In einigen Fällen sehen wir dieses Jahr schon Rückgänge“, erläutert Halpert. Bei der Energie- und Stahlproduktion liege das Wachstum bei um die Null oder sei sogar leicht negativ. Den Rückgang beim Wachstum der Überkapazitäten führt Halpert darauf zurück, dass die Liquidität im Markt, gemessen an der Kennzahl Total Social Financing, die das gesamte Finanzierungsvolumen inklusive Bankkrediten und Schattenbankgeschäften erfasst, mittlerweile sehr viel langsamer zunimmt. Ist sie 2009 während des Konjunkturprogramms noch um 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, wächst sie jetzt nur noch mit rund 15 Prozent.

Implizite Staatsgarantie für Unternehmensschulden

Vor der Finanzkrise lag die Gesamtverschuldung in China relativ stabil bei 150 Prozent des BIP. Seitdem ist sie rasant gestiegen. Allerdings sind die Schulden der öffentlichen Hand und der privaten Haushalte im internationalen Vergleich immer noch auf niedrigem Niveau. Die Unternehmensverschuldung hingegen ist explodiert.

Laut Halpert ist es ein wichtiger Unterschied, dass diese Kredite vor allem an staatliche und teilstaatliche Unternehmen vergeben werden. Zudem ist er der Ansicht, dass der Staat die Möglichkeit hätte, einzugreifen und zumindest einen Großteil der Schulden zu übernehmen, sollten diese Unternehmen tatsächlich in größere Schwierigkeiten geraten. 

Halpert geht nicht davon aus, dass der Aktienmarkteinbruch den Konsum komplett verhindert oder damit das neue Wachstumsmodell der Regierung insgesamt ins Wanken bringt. Konsumiert werde immer noch, betroffen sei vor allem der Luxusgüterbereich. Die Privatinvestoren, die auf Kredit am Aktienmarkt spekuliert haben, waren hauptsächlich vermögende Chinesen. „Einige Käufe werden aufgeschoben. Oder es gibt statt des BMW erst einmal ein billigeres Auto“, so Halpert.

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