Marco Richter und Udo Schindler „Das ist die Daseinsberechtigung des Vermögensverwalters“

Marco Richter ist Gründer und Geschäftsführer von Wealthpilot, Udo Schindler Vorstand der KSW Vermögensverwaltung aus Nürnberg.

Marco Richter ist Gründer und Geschäftsführer von Wealthpilot, Udo Schindler Vorstand der KSW Vermögensverwaltung aus Nürnberg. Foto: Anna Rauchenberger/Arman Rastega

private banking magazin: Herr Schindler, reicht es der KSW Vermögensverwaltung, ein Wertpapierhaus zu sein?

Udo Schindler: Rund 80 Prozent unserer Kunden bekommen zunächst einen Finanzplan. Erst dann folgt die Wertpapierdienstleistung. Wenn sich heutzutage bei Vermögensverwaltern das Geschäftsmodell allein um das Wertpapiergeschäft dreht, sind diese austauschbar und deren Geschäft langfristig gefährdet. Wir können zwar versuchen, die Märkte zu schlagen. Allerdings haben Dutzende Studien gezeigt, dass es sehr schwierig ist, eine ETF-Lösung auf 20 Jahre unter Kostengesichtspunkten zu überflügeln.

Wird damit die Rolle des Kümmerers immer wichtiger?

Schindler: Wenn es keine materiellen Probleme mehr gibt, weil das Vermögen aufgebaut ist, will niemand mehr Lebensqualität verlieren, weil er sich mit Finanzdingen herumschlägt. Stattdessen geht es den Kunden um Güterstandsfragen, die Kinder und deren Ausbildungskosten, die Vermögensübertragung auf Geschwister, wann das Elternhaus verkauft werden muss oder die auslaufende Immobilienfinanzierung. Unser Rollenverständnis muss also sein: „Ich kümmere mich, ich bin für dich da, ich verstehe deine anderen Probleme.“ Das ist die Daseinsberechtigung des Vermögensverwalters.

Marco Richter: Es geht darum, Struktur zu geben und dafür zu sorgen, Zielen treu zu bleiben, gerade auch in Phasen, wenn es mal nicht gut läuft. Und dazu brauche ich eben einfach den übergeordneten Blick. Das, was man landläufig unter FinanzCoaching versteht, aber wo der Markt lange noch nicht steht.

Was hält die Finanzindustrie zurück?

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Richter: Der WertpapierFokus ist das Problem. In der Regel schaut die Branche immer nur isoliert auf das Kundendepot. Man hätte aber einen ganz anderen Blick aufs Vermögen, wenn man beispielsweise Immobilien, Tagesgelder, weitere Vermögensbestandteile, die im Zweifel auch nicht risikotragend sein müssen, einbezogen würden. Wenn ich das alles im Gesamtkontext des Kunden berücksichtige, fällt auch die Bewertung von kurzfristigen Markteinbrüchen, die sich eben nur auf das Depot beziehen, anders aus. Dann werden Kundengespräche, auch in Krisenzeiten, entspannter.

Diese Fokussierung kennt man aber auch von Vermögensverwaltern.

Schindler: Das stimmt und folgt aus der typischen Vita eines Vermögensverwalters, der aus dem Wertpapierspezialistentum einer Bank gekommen ist. Was man da lernt, ist, Stressresistenz aufzubauen. Denn jeder hat schwache Marktphasen erlebt. Durch den Produktzwang musste er dem Kunden dennoch etwas verkaufen. Gelernt hat er dadurch, Fehler zu vermeiden. Und jeder, der eine Strategie der Fehlervermeidung fährt, ist für Neues verbrannt. Er stellt fest, dass er sich mit Immobilien, Finanzplanung und Beteiligungen nicht auskennt. Es ist die Angst vor Neuem, die dazu führt, dass wir in unserer Branche solche Probleme haben, digitale Vermögensverwalter einzubinden oder die Finanzplanung auszurollen. Auch bei der KSW wuchs die Akzeptanz für dieses Thema erst in den vergangenen Jahren.