Marcel Müller von HQ Trust „Es ist wichtiger einen Track Record zu verstehen, als einen guten Track Record zu kaufen“

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Passive Strategien bergen jedoch auch ihre Risiken, die insbesondere durch die Konstruktion der zugrundeliegenden Benchmarks begründet sind. Nehmen Sie zum Beispiel die gängigen Rentenbenchmarks, welche die größten Gewichtungen in Ländern beziehungsweise Unternehmen haben, die die größten Verschuldungen aufweisen und oftmals die schlechteren Bonitäten, wie beispielsweise Japan.

Wenn Sie passiv investieren, investieren Sie unter Umständen sehr risikoreich und oftmals renditearm. Daher haben wir gegenüber passiven Strategien in dieser Anlageklasse eher Bedenken. Hier gilt, je aktiver desto besser.

Sehr sinnvoll erscheint jedoch der Einsatz von passiven Strategien in sehr liquiden und effizienten Märkten wie USA Large Cap und Japan Large Cap. Hier finden Sie in beiden Peer-Gruppen die ETFs systematisch über lange Zeiträume im ersten Quartil.

Wenn Sie zusätzlich noch das Selektionsrisiko mit berücksichtigen, erscheint hier aktives Management weniger attraktiv. Dies kann sich jedoch ändern, da auch Aktienbenchmarks ihre Risiken bergen. Sollten Indexschwergewichte durch ständig steigende passive Gelder zunehmend teurer werden, dann können passive Strategien auch in diesen Peer Gruppen in der Zukunft weniger vorteilhaft sein als in der Vergangenheit.

Ein gutes Beispiel sind lateinamerikanische Aktien, bei denen es in den Jahren 2002-2007 in der Rohstoffhausse deutlich vorteilhafter war, über einen ETF zu investieren, ab 2008 bis 2015 war aktives Management jedoch sehr erfolgsversprechend. Hier gilt es, genau zu beobachten und entsprechend zu agieren. Das ist im Übrigen auch das Interessante in unserem Job, die Dynamik!

Aktuell wird häufig über Kennzahlen wie Active Share gesprochen. Wie sehen Sie das Thema?

Müller: Active Share ist eine interessante Kennzahl, die wir uns auch schon seit längerem genau anschauen. Jedoch sollte man bei dieser Kennzahl ein paar Dinge beachten, wenn man diese zur Entscheidungsfindung mit einbezieht. Zum einen sagt die Kennzahl für sich betrachtet nichts über die Qualität des Investmentprozesses aus.

Darüber hinaus ist die Kennzahl lediglich für Aktien anwendbar und nicht für andere Anlageklassen. Des Weiteren sagt die Höhe des Active Share allgemein betrachtet nicht sehr viel über die wirkliche Aktivität des Portfolios aus. Es hängt sehr stark von der jeweiligen Benchmark ab. Es ist weit verbreitet in der Industrie, dass ein Active Share von über 80 als sehr „gut“ beziehungsweise „aktiv“ gilt. Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall.

Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern. Bei einem Index mit vielen Titeln wie zum Beispiel dem MSCI World erreichen Sie relativ schnell eine hohe Active Share von 80 und höher, allein schon weil Sie in den Großteil der Aktien in der Benchmark gar nicht investieren.

Nehmen Sie hingegen eine überschaubare Benchmark wie zum Beispiel den MSCI Latein Amerika, bei dem die größten 5 Indexgewichte nahezu 40 Prozent des gesamten Indexes ausmachen, ist schon eine Active Share von 60 als sehr hoch zu beurteilen. Sie sehen also, dass diese Kennzahl mit Vorsichtig zu genießen ist und immer in Abhängigkeit von der jeweiligen Benchmark zu betrachten ist.

Wir verwenden diese Kennzahl entsprechend und bevorzugen Fonds mit einer hohen Active Share und einem hochwertigen qualitativen Investmentprozess.

Vielen Dank für das Gespräch.


Info:
Marcel Müller
ist seit 2009 Partner bei dem Vermögensverwalter HQ Trust, einem Tochterunternehmen des Finanzdienstleisters der Familie Harald Quandt, von 2008 bis 2012 war er Senior Analyst. Bevor Müller bei Harald Quandt angefangen hat, arbeitete er für die Schweizer Großbank UBS.

Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt. Seine Fachgebiete liegen in Marketing / Vertrieb / PR und in der Managerselektion. Hill beschäftigt sich intensiv mit Private Label Fonds, Fondsboutiquen und dem Einsatz von Publikumsfonds (Fondsselektion) bei Institutionellen: www.markus-hill.com

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