Marcel Müller von HQ Trust „Es ist wichtiger einen Track Record zu verstehen, als einen guten Track Record zu kaufen“

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Zudem birgt sich damit auch ein gewisses Karriererisiko für Analysten. Wenn Sie einen Fonds empfehlen, der über Jahre gut performt hat und der Manager sehr bekannt ist, dann ist es weniger schlimm, wenn dieser einmal schlecht performt.

Bei einem unbekannten Manager und eventuell nicht so guter Performancehistorie müssen Sie sich stärker rechtfertigen. Die Frage ist jedoch, was am Ende zu besseren Investmentergebnissen für unsere Kunden führt. Wir sind der festen Überzeugung, dass vergangenheitsbezogene Fondsauswahl qualitativer Fondsauswahl unterlegen ist.

Würden Sie bei der Managerauswahl einen Unterschied sehen beim Due Diligence-Prozess von Fondsboutiquen in Abgrenzung zum Auswahlprozess bei etablierten, konzerngebundenen Managern?

Müller: Grundsätzlich verfolgen wir einen strukturierten und disziplinierten Selektionsprozess bei allen investierten Fonds für unsere Kunden. Allerdings gibt es bei Fondsboutiquen gewisse Unterschiede im Detailgrad der Due-Diligence im Vergleich zu einem der großen globalen Asset Managern. Lassen Sie mich hierfür ein Beispiel nennen. Wir haben vor ein paar Jahren eine Fondsboutique mit vier Mitarbeitern selektiert. Für die Due-Diligence vor Ort bei dem Manager waren mehrere Tage notwendig. Zum einen wollten wir uns die gesamte IT-Infrastruktur wie Handelssysteme, Risikomanagementsysteme und so weiter erklären lassen und genau verstehen, mit welchen Portfoliotools gearbeitet wird.

Darüber hinaus war es für uns wichtig, die handelnden Personen genau kennenzulernen und uns zudem vor Ort von bestehenden Kunden, Geschäftspartnern sowie ehemaligen Arbeitskollegen eine Meinung einzuholen.

Es gilt zudem, die Eigentümerstruktur sowie die Stabilität und Intensivierung des Investmentteams genau zu analysieren, da das Personenrisiko bei Boutiquen meist um einiges höher ist. Insgesamt kann man sagen, dass wir bei einer Boutique eher jeden Stein zweimal umdrehen als nur einmal. Wir denken, diese Gründlichkeit zahlt sich für unsere Kunden langfristig aus.

Viele Selektoren beobachten intensiv verschiedene Anlagestile, manche Häuser haben hier Präferenzen herausgebildet. Erscheinen Ihnen quantitative Strategien erfolgversprechender bzw. attraktiver als diskretionäre Strategien?

Müller: Ich denke, hier gibt es keine klare Ja oder Nein Antwort. Es gibt sowohl bei quantitativen als auch bei diskretionären Strategien hervorragende Ansätze. Bei quantitativen beziehungsweise regelgebunden Ansätzen besteht häufig das Problem eines „Stil-Bias“, wodurch diese Ansätze häufig bei Trendwenden in den Kapitalmärkten nicht mehr funktionieren oder Underperformance generieren. Daher ist es sehr wichtig, auf eine gewisse Stil-Neutralität und insbesondere auch auf die Bewertung der im Portfolio befindlichen Unternehmen zu achten.

Wir haben bei HQ Trust sowohl mit quantitativen als auch mit diskretionären Ansätzen sehr gute Ergebnisse erzielt. Uns geht es mehr darum, einen qualitativ hochwertigen Ansatz mit kompetitiven Vorteilen im Investmentprozess zu identifizieren, als sich auf einen bestimmten Anlagestil „einzuschießen“. Ob das dann diskretionär oder regelgebunden passiert ist zweitrangig.

Bei vielen Fondsselektoren ergeben sich oft interessante, intensive Diskussionen im Feld aktives versus passives Management. Wie denken Sie über dieses Thema?

Müller: Grundsätzlich glauben wir als Haus sehr stark an aktives Management. Wir denken jedoch, dass beides seine Daseinsberechtigung hat. Es macht in einigen Peer-Gruppen durchaus Sinn, über passive Strategien nachzudenken, insbesondere dann, wenn der ETF systematisch im ersten Quartil einer Peer Gruppe liegt.

Hier ist wichtig anzumerken, dass sich der ETF im ersten Quartil bewegt und nicht die Benchmark. Denn die Benchmark kann niemand kaufen, dies ist insbesondere in illiquiden Anlageklassen der Fall wie beispielsweise Wandel- oder Hochzinsanleihen. In diesen Anlageklassen werden Sie keinen ETF im ersten Quartil einer solchen Peer-Gruppe finden, sofern es überhaupt einen vergleichbaren ETF gibt.