Innerhalb von 20 Minuten kletterte der Kurs des US-Dollars am letzten Freitag im Juni gegenüber dem kanadischen Dollar um 0,57 Prozent - es war der stärkste Anstieg seit einem Monat. Innerhalb von einer Stunde waren zwei Drittel des Kursgewinns wieder abgeschmolzen.
Das gleiche Muster - ein plötzlicher Anstieg um kurz vor 16 Uhr Londoner Zeit am letzten Handelstag des Monats, gefolgt von einem raschen Rückschlag - erfolgte über zwei Jahre lang bei 14 Devisenpaaren in 31 Prozent der Zeit. Das zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten. Für die am häufigsten gehandelten Währungspaare, wie Euro-Dollar, geschah es etwa in der Hälfte der Zeit, wie aus den Daten hervorgeht.
Die wiederkehrenden Spitzenwerte treten zum gleichen Zeitpunkt auf, zu dem Finanz-Benchmarks bekannt, unter dem Namen WM/Reuters-Sätze, auf Basis dieser Handelsgeschäfte festgelegt werden. Fondsmanager und Experten deuten die Muster als Beleg für Versuche zur Kursmanipulation. Damit würde der Wert von Investments im Volumen von Billionen Dollar in Fonds, die weltweite Indizes abbilden, verzerrt.
Bloomberg News berichtete im Juni, dass Händler Informationen austauschten und Kundenorders nutzten, um die Sätze zu beeinflussen und so den Handelsgewinn zu steigern. Die britische Finanzaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority überprüft nach Angaben eines Sprechers die Beschuldigungen.
“Wir beobachten enorme Spitzenwerte,” sagt Michael DuCharme, Leiter Devisenhandel bei Russell Investments in Seattle. “Dann, kurz nach 16 Uhr fällt der Kurs wieder zurück auf ein Niveau, das wie der Marktkurs aussieht. Das erhärtet den Verdacht, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht.”
Weltweit untersuchen Aufsichtsbehörden den Missbrauch von Finanz-Benchmarks durch Großbanken, die eine zentrale Rolle bei deren Festlegung spielen. Barclays, Royal Bank of Scotland Group und UBS wurden bereits mit Strafen von insgesamt 2,5 Milliarden US-Dollar für Manipulationen beim Londoner Interbanken-Satz Libor belegt.
Die Commodity Futures Trading Commission in den USA untersucht wegen des Verdachts der Manipulation bei den ISDAfix-Sätzen. Von Bloomberg News befragte Investoren und Berater sagen, dass Händler bei Banken, die den Devisenmarkt, an dem täglich 4,7 BillionenUS-Dollar umgesetzt werden, dominieren, möglicherweise eine große Zahl von Handelsgeschäften innerhalb eines kurzen Zeitraums ausführen.
Damit solle der Kurs zu ihrem Vorteil bewegt werden - eine unter dem Namen “banging the close” bekannte Praxis. Da die 16-Uhr-Benchmark bestimmt, wieviel Gewinn Händler mit den Positionen, die sie in der vorherigen Stunde eingegangen sind, erzielen, bestehe ein Anreiz, den Satz zu beeinflussen, erläutert DuCharme.
Händler sagen, sie müssen innerhalb dieses Zeitfensters handeln, um der Kundennachfrage nachzukommen und ihre eigenen Risiken zu minimieren. “Es gibt bei den Währungen gewisse Muster, die dem sehr ähneln, was ich in anderen Märkten gesehen habe, und zwar dahingehend, dass die Auswirkungen der Preisfestsetzungen häufig bis zum nächsten Tag verschwunden sind”, sagt Rosa Abrantes-Metz.
Die Professorin an der Stern School of Busines der New York University hatte mit ihrem im August 2008 erschienenen Papier, “Libor Manipulation?,” die Untersuchungen über die Manipulation von Referenzzinssätzen mit ausgelöst. “Es sind auch große Kursbewegungen zu einem Zeitpunkt zu sehen, da das Handelsvolumen hoch und daher der Markt sehr liquide ist. Wenn ich Aufseher wäre, würde ich das sicherlich unter die Lupe nehmen”, führt sie aus.
Die WM/Reuters-Sätze legen fest, wieviel viele Pensionsfonds und Vermögensverwalter für Devisen zahlen. Die Kurse werden stündlich für 160 Währungen und halbstündlich für die am meisten gehandelten 21 Währungen ermittelt. Die Benchmarks geben den Median aller Handelsgeschäfte in einem Zeitraum von einer Minute an, der 30 Sekunden vor Beginn einer jeden halben Stunde anfängt. Die Sätze für weniger häufig gehandelte Währungen basieren auf Notierungen innerhalb eines Zeitfensters von zwei Minuten.
Benchmark-Anbieter wie FTSE Group und MSCI basieren die täglichen Notierungen von Indizes mit unterschiedlichen Währungen auf den zu 16 Uhr ermittelten WM/Reuters-Sätzen, dem so genannten London Close. Die Daten werden von World Markets, einer Tochtergesellschaft von State Street und Thomson Reuters gesammelt und verbreitet.
Bloomberg LP, die Muttergesellschaft von Bloomberg News, konkurriert mit Thomson Reuters und ICAP in den Bereichen Nachrichten und Information sowie Devisenhandelssysteme. Reuters und World Markets haben Bitten um eine Stellungnahme an State Street verwiesen. Noreen Shah, eine Sprecherin der Depotbank in London, schrieb in einer E-Mail, dass die Kurse über tatsächliche Handelsgeschäfte ermittelt werden und die Benchmark anonym errechnet werde, wobei mittels einer Reihe von Untersuchungsverfahren die Qualität der Daten geprüft werde.
“WM unterstützt die Bemühungen der Branche, jegliches mutmaßlich störende Verhalten von Marktteilnehmern festzustellen und anzugehen. Wir begrüßen weitere Diskussionen zu diesen Themen und der Frage, welche vorsorglichen Maßnahmen ergriffen werden können”, so Shah.
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