Mainsky-Portfoliostrategen im Interview „Ein Faktor muss einen hohen Erklärungsgrad besitzen“

Von der Frankfurter Investmentboutique Mainsky Asset Management: Daniel Pfändler (l.) und Daniel Duarte

Von der Frankfurter Investmentboutique Mainsky Asset Management: Daniel Pfändler (l.) und Daniel Duarte

private banking magazin: In den vergangenen Jahren hat die Forschung viele Erkenntnis zu Faktorprämien zutage gefördert. Ein US-Forscher listet sogar mehr als 200 Sub-Faktoren. Sie fokussieren sich im neuen Macro Navigation Fund auf lediglich zwei Faktoren. Ist weniger mehr?

Daniel Duarte: Ich würde nicht von „weniger ist mehr“ sprechen. Damit von einem Faktor gesprochen werden kann, muss dieser nicht nur einen hohen Erklärungsgrad besitzen, sondern auch über einen längeren Zeitraum und über verschiedene Aktienmärkte Bestand haben. So kommt es, dass nur eine Handvoll von Faktoren allgemein akzeptiert ist. Insbesondere der Faktor Value nimmt hier als ältester Faktor eine Sonderrolle ein und ist spätestens seit der Erforschung durch die Amerikaner Eugene Fama und Kenneth French fester Bestandteil des sogenannten Factor Investing.

In ihrem Fonds nutzen Sie lediglich die Faktoren Value und Quality. Warum diese beiden?

Duarte: Es gibt mehrere Studien, die belegen, dass sich die Faktoren Value und Quality sehr gut ergänzen. Sie sind miteinander unkorreliert oder sogar leicht negativ korreliert. Während in Erholungs- beziehungsweise Aufschwungphasen der Faktor Value höhere Renditen erzielt, sind Qualitätsaktien in Stressphasen aufgrund des geringen Markt-Beta weniger anfällig für volatile Kursbewegungen.

Aber auf andere der bekannteren Faktorprämien wie Size oder Low Volatility verzichten Sie.

Duarte: Streng genommen ist Quality kein eigenständiger Faktor, sondern eine Zusammensetzung aus anderen gängigen Faktoren wie beispielsweise Low Volatility, Low Beta, Growth et cetera. Unter Quality werden Unternehmen verstanden, die hohe Gewinnmargen, ein robustes Dividendenwachstum oder eine niedrige Verschuldungsquote aufweisen. Insofern fließen die genannten Faktoren in die Analyse mit ein.

Die Königsdisziplin – auch bei Ihrem Investmentansatz – dürfte die Faktorrotation sein: Ist das nicht genauso schwierig wie ein Markt-Timing hinzubekommen?

Duarte: Eine funktionierende Faktorrotation setzt voraus, dass Sie bestimmen können, in welcher Phase des Konjunkturzyklus man sich gerade befindet. Wir gehen dabei derart vor, dass wir den Konjunkturzyklus in vier Phasen zerlegen: Aufschwung, Expansion, Abschwung und Rezession.

Entscheidend ist, in Aufschwung- sowie Expansionsphasen den Faktor Value zu übergewichten, während in Abschwung- sowie Rezessionsphasen der Faktor Quality stärker zu berücksichtigen ist. Zur Identifikation der Konjunkturphasen haben wir einen eigenen Indikator entwickelt, der mittels quantitativer Methoden makroökonomische Daten auswertet. Die Kunst darin liegt zu identifizieren, welche Daten wirklich einen Vorlauf zum Konjunkturzyklus aufweisen. Dies sind nicht wirklich viele, da die meisten Daten lediglich koinzidente Informationen liefern. Entscheidend für die Bestimmung der Marktphase sind dann zum einen der Stand des Indikators sowie die zweite Ableitung. Ist der Indikator zwar positiv, aber am Fallen, befindet sich der Markt in einem Abschwung.

Dem Einsatz der Faktorprämien ist also ein makroökonomisches Weltbild vorangestellt. Wie gehen Sie dabei vor?

Daniel Pfändler: Derzeit sehen wir auf der Makro-Ebene die fünf Themen Infrastruktur, Verteilung, Inflation Bottoming, Innovationsführer und tiefe Realzinsen. Die Themenwahl basiert auf unserem strukturellen, das heißt zyklusübergreifenden, makroökonomischen Bild.

Malen Sie uns das Bild.

Pfändler: Kurz gesprochen sind die Zentralbanken mit ihrer ultra-expansiven Geldpolitik am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt. Somit ist die Fiskalpolitik – vor allem mittels einer Förderung von Infrastrukturinvestitionen – wieder vermehrt gefordert. Dazu kommt, dass der Rückhalt für eine weitergehende Globalisierung in der Bevölkerung schwindet und gleichzeitig die Verteilungseffekte der Globalisierung stärker in den Politikfokus rücken. Die Diskrepanz zwischen einer geringen Produktivitätssteigerung auf makroökonomischer Ebene und einem anhaltenden technologischen Fortschritt auf Unternehmensebene lässt sich damit erklären, dass die Diffusion des technologischen Fortschrittes in die breitere Volkswirtschaft langsamer als früher verläuft. Die Stellung der Innovationsführer wird dadurch gefestigt.

Dazu kommt, dass aufgrund der global sehr hohen Schuldenstände die realen Renditen vorerst nicht nachhaltig und spürbar ansteigen können. Sonst würde die Wachstumserholung gefährdet und die Schuldenprobleme wieder in den Vordergrund treten. Höhere nominale Renditen sind daher auf absehbare Zeit fast ausschließlich aufgrund höherer Inflationserwartungen möglich. Das Thema Inflation Bottoming setzen wir mit Hilfe von inflationsgeschützten Produkten um.

Bei allen anderen Makro-Themen wird mit Hilfe einer Sektor- und Länderanalyse ein Anlageuniversum von Aktien definiert, welche mittelfristig von den genannten Entwicklungen profitieren sollte. Anschließend wird dann auf dieses Universum der Faktorrotationsansatz angewendet, um die jeweils attraktivsten Aktien – unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktphase – zu finden.