M&A-Aktivitäten „Family Offices finanzieren größtenteils mit Eigenmitteln“

Lutz Becker ist Vorstand und Partner von Oaklins Germany.

Lutz Becker ist Vorstand und Partner von Oaklins Germany.

private banking magazin: Wonach suchen Family Offices auf dem M&A-Markt, welche Zielunternehmen stehen Ihrer Erfahrung nach im Fokus und über welche Unternehmensgröße reden wir hier?

Lutz Becker: Family Offices sind insbesondere interessiert an gut gemanagten Unternehmen in zukunftsträchtigen Branchen. Diese sollen nachhaltig profitabel sein, das heißt keine Krisen- oder Sanierungsfälle. Die am häufigsten genannte Umsatzgröße liegt bei 50 bis 250 Millionen Euro Jahresumsatz.

Mit welchen Wettbewerbern haben es Family Offices in diesem Segment zu tun?

Becker: Die Wunschkriterien hinsichtlich der Zielunternehmen decken sich mit dem Sweet Spot einer Vielzahl von Private Equity-Unternehmen. Und natürlich sind solche Zielobjekte regelmäßig auch für nationale und internationale Branchenkäufer interessant.

Welche Vor- und Nachteile haben Family Offices bei Verkaufsgesprächen?

Becker: Die Vorteile von Family Offices in den Gesprächen mit Verkäufern sind ein langfristiges Investitionsinteresse, in der Regel kein oder kein hoher Fremdkapitaleinsatz für den Erwerb und die fehlende Absicht, in das operative Management einzugreifen oder durch Veränderungen Synergien zu realisieren. Das unternehmerisches Verständnis und die scheinbar schnellen Entscheidungen in den Organisationen gehören auch dazu.

Welche Renditen können Family Offices in dem für sie möglichen M&A-Segment erwarten?

Becker: In dem oben dargestellten Zielsegment sind die Unternehmensbewertungen aktuell sehr hoch, da das Angebot weit unterhalb der Nachfrage liegt. Bewertungsfaktoren liegen bei dem acht- bis 15-fachen des Ebitda, entsprechend einer Ebitda-Rendite von etwa 7,5 bis 12 Prozent. Die entsprechende Nachsteuer-Rendite liegt dann eher im Bereich zwischen 4 und 8 Prozent – jedoch bei guter Entwicklung steigend.

Wie haben sich die Renditen in diesem Segment im Vergleich zum Mega- & Large-Cap-Markt in den vergangenen Jahren entwickelt?

Becker: Die Bewertungsfaktoren in den beiden Segmenten – Mid-Large-Cap gegenüber Large-Mega-Cap – sind in den vergangenen Jahren gestiegen, das heißt die Renditen sind gesunken. Eine weitere Fortsetzung dieser Entwicklung von diesem bereits hohen Bewertungs-Multiple-Niveau ist jedoch nicht zu erwarten – sondern eher wieder irgendwann ein Rückgang.

Sehen Sie einen Trend, dass Family Offices überwiegend im Heimatmarkt investieren oder geht der Blick auf der Suche nach Beteiligungen auch über die Landesgrenzen hinaus?

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Becker: Nur die sehr großen, sehr professionell aufgestellten Family Offices mit in der Regel Vermögensvolumina im Bereich mehrerer Milliarden Euro interessieren sich nachhaltig auch für Investitionen im Ausland.

Gibt es bei Familiengesellschaften eine Abneigung gegen Minderheitsbeteiligungen?

Becker: Family Offices sind durchaus auch an Minderheitsbeteiligungen in sehr attraktiven und stabilen Unternehmen interessiert. Denn bei den meisten kleinen bis mittelgroßen Familiengesellschaften existiert kein Personal, welches dezidierte Erfahrung im Erwerb und der Führung von mittelständischen Unternehmensbeteiligungen hat. Daher scheut man am Ende auch die volle unternehmerische Verantwortung einer Mehrheitsbeteiligung und ist offen für sich zunehmend entwickelnde Club-Deal-Strukturen.

Stichwort Finanzierung: Welche Lösungswege zur Strukturierung der Transaktion sind für Family Offices am besten geeignet?

Becker: Tatsächlich ist es ein Wettbewerbsvorteil von Family Offices, dass diese eine Beteiligungsakquisition meist ganz oder zumindest größtenteils mit Eigenmitteln finanzieren. Diesen Vorteil sollten Familiengesellschaften im Wettbewerb zu anderen Investoren auch nicht aufgeben.




Über den Interviewten:
Lutz Becker ist Vorstand und Partner von Oaklins Germany. Er verfügt über mehr als 25 Erfahrung im M&A- und Corporate-Finance-Geschäft und begleitet Verkäufe und Übernahmen im gehobenen Mittelstand, viele davon grenzüberschreitend.

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