„Marktbedingungen“ bremsen Kapitalanlage LVM zieht sich aus 60 Millionen Euro schwerem Immobilienprojekt zurück

Luftbild mit Blick auf das Grundstück am Stadthafen, das die LVM-Versicherung der Stadt Münster nun zurückgegeben hat: Neben der LVM wollten zwei weitere Investoren hier einen Bürokomplex bauen.

Luftbild mit Blick auf das brachliegende Grundstück direkt am Stadthafen, das die LVM-Versicherung der Stadt Münster nun zurückgegeben hat: Neben der LVM wollten zwei weitere Investoren hier einen Bürokomplex bauen. Foto: Imago Images / Hans Blossey

Im Jahr 2015 vermeldeten die „Westfälischen Nachrichten“ noch, dass ein Investor für eine der verbliebenen Baulücken am Münsteraner Stadthafen gefunden wurde: Die LVM-Versicherung gab damals bekannt, das Baugrundstück kaufen zu wollen. Der Plan: der Bau eines Bürogebäudes. Schon damals bezifferte die LVM den Wert des Immobilienprojekts mit 60 Millionen Euro, die bis zu drei Gebäude sollten die Kapitalanlage der Versicherung erweitern. Für die Münsteraner sollte der Komplex eine Nutzfläche von 22.400 Quadratmeter und neben den Büro- und Dienstleistungsflächen auch Wohnbebauung im kleineren Rahmen bieten.

 

Fast 10 Jahre später ist klar: Aus dem in lokalen Medien als „prestigeträchtig“ bezeichneten Investment der LVM wird nichts mehr. Die Versicherung gibt das Multimillionen-Projekt auf und zieht sich als Geldgeber zurück. Eigentlich wollten die Investoren schon 2017 anfangen zu bauen, 2020 das Projekt fertigstellen. Lange Zeit lag die Fläche aber brach. Aus der Verzögerung wird nun – zumindest für die LVM – ein finaler Schlussstrich.

„Mit dieser Entscheidung konzentrieren wir uns auf die Entwicklung des Stadtquartiers 'Auf der Friedrichsburg' und damit auf das deutlich größere und für uns relevantere Projekt“, ordnet Reimar Volkert, Vorstand Finanzen, die Entscheidung ein. Aber nicht nur das andere Großprojekt begründet die Entscheidung. Es sei in den vergangenen Jahren generell herausfordernder geworden, Immobilienprojekte umzusetzen. Die Marktbedingungen mit dem einhergehenden Anstieg der Baukosten würden sich spürbar auf die Entwicklung von Bauprojekten auswirken. Sprich: Bei der LVM dürfte man zu dem Schluss gekommen sein, dass sich das ursprünglich für die Kapitalanlage eingeplante Investment nicht mehr lohnen dürfte.

Projekt soll trotzdem gebaut werden – LVM schrieb 2023 schon Millionen ab

Deswegen entschied sich die LVM jetzt dazu, das vor 10 Jahren übernommene Grundstück am Stadthafen von Münster zurückzugeben. Möglich macht das ein Rücktrittsrecht, das die Versicherung wohl schon damals im Kaufvertrag einbauen ließ. Die Stadt Münster teilte in einer Pressemitteilung mit: „Stadt und Stadtwerke bedauern die Entscheidung der LVM als wichtige Partnerin und prüfen die Auswirkungen des von der LVM erklärten und vertragskonformen Rücktritts.“ Die städtebaulichen Ziele für das Quartier würden sich durch die Entscheidung der LVM nicht verändern – die Bauleitplanung führe man fort. Schließlich müsse man noch das Baurecht schaffen. „Der wichtigste Verfahrensschritt im Bebauungsplanverfahren, die öffentliche Auslegung der Planungen, ist für das kommende Jahr vorgesehen“, teilt die Stadt mit.

Die LVM ist als Investor dann schon nicht mehr an Bord. In der Kapitalanlage verwaltete die Versicherung Ende 2023 insgesamt ein Vermögen von mehr als 22 Milliarden Euro, der Buchwert von Immobilienfonds aus dem Investmentvermögen des Konzerns lag beispielsweise bei fast 1,2 Milliarden Euro. Schon im damaligen Geschäftsbericht merkte die Versicherung an, dass man die Risiken bei den Immobilienanlagen streuen wolle: „Aufgrund von gestiegenen Zinsen und der Inflation der Baukosten ergeben sich jedoch erhöhte Risiken bei Projektentwicklungen von Immobilien.“ Die Abschreibungen im Immobilienbereich nannte der Konzern als auch einen der Hauptgründe dafür, dass das Ergebnis stark zurückging: Insgesamt schrieb die Versicherung 2023 in der Kapitalanlage 352 Millionen Euro ab.

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