David Plecha hat den weiten Weg von Santa Monica, Kalifornien, nach Deutschland auf sich genommen. Im Park Hyatt Hotel in Hamburg treffen wir den Senior Portfolio Manager für Anleihen zum Gespräch. Sein Arbeitgeber, Dimensional Fund Advisors, arbeitet ausschließlich mit institutionellen Anlegern zusammen. Er ist seit September 2010 auch in Deutschland aktiv, länger schon in den USA, Großbritannien und den Niederlanden. Dimensional managt fast 290 Milliarden Dollar und hat einen seiner Schwerpunkte bei Altersvorsorgevermögen gesetzt. Es arbeitet mit Aktien- und Anleiheportfolios und geht davon aus, dass man die Märkte dort nicht vorhersagen kann. Vielmehr sollen die Risiken durch wissenschaftliche Ansätze und besonders breite Streuung niedrig bleiben – und die Kosten für den Anleger vor allem auch.
Interessante Zeiten am Rentenmarkt, oder?
David Plecha: Mich beschäftigen derzeit einige Dinge. Eines ist die Angst vieler Marktteilnehmer, dass das Zinsniveau zwangsläufig steigen wird und dass das die Anleihemärkte heftig erwischen wird.
Warum denn auch nicht?
Plecha: Natürlich könnte das passieren. Aber die Zinsen können genauso gut sehr lange niedrig bleiben. Wie zum Beispiel in Japan schon seit vielen Jahren. Aber egal, ob die Zinsen rauf gehen oder so tief bleiben – es ist immer eine gut Idee, seine Geldanlage breit zu streuen. Und es wird immer eine gute Idee bleiben.
Eine nicht sehr neue Idee.
Plecha: Aber eine sehr wichtige, heute mehr denn je. Jedes Mal, wenn Sie ins Risiko gehen, versuchen Sie es, so weit wie möglich zu streuen. Ein Aktienportfolio setzen Sie aus mitunter hunderten von Werten zusammen. Die Frage ist nun aber, wie man das am besten mit Anleihen macht.
Und wie lautet die Antwort?
Plecha: Die Investoren verwenden viel Zeit darauf zu versuchen, die Entwicklung von Einzelanleihen und Ländern vorherzusehen. Niemand kann die Entwicklung von Zinsen oder den laufend diskutierten Zusammenbruch des Euro vorhersagen. Die einzige Antwort darauf ist: Investiere und streue global. Für einen Europäer heißt das zum Beispiel, nicht nur Euro-Anleihen zu kaufen. Es gehören auch Papiere in Dollar, Pfund und so weiter dazu. Allerdings sollte man die Währungsrisiken absichern.
Wären die nicht ganz sinnvoll für den Fall, dass der Euro einbricht?
Plecha: Währungskurse sind volatil, sie bringen Unruhe ins Portfolio. Klar können sie kurzfristig Gewinne bringen. Auf lange Sicht steuern sie aber nichts Wesentliches bei. Wenn Sie Währungen abgesichert haben, haben Sie freie Hand, was die Märkte betrifft. Deren Zinskurven sind nie identisch, Sie können hier also durch Kombination Risiken streuen.
Was passiert, wenn die Fed ihr Programm beendet und keine Staatsanleihen mehr kauft und vielleicht sogar den Leitzins erhöht?
Plecha: Die Fed, die Fed, die Fed … immer nur die Fed. Die Leute reden mir zu viel über die Fed.
Die Fed macht den Markt.
Plecha: Nein, die Investoren machen den Markt.
Die Fed ist auch ein Investor. Ein ziemlich großer sogar.
Plecha: Das ist richtig. Und die komplizierte Frage lautet: Verzerrt die Fed die Preise? Niemand kann sagen, wo die Preise ohne das Kaufprogramm der Fed wären. Man könnte meinen, tiefer. Aber wer sagt denn, dass nicht ein anderer Käufer eintreten würde, der sich bisher zurückgehalten hat. Ich kann aus meiner Erfahrung erzählen, dass es schon immer große Käufer von US-Staatsanleihen gegeben hat: Japan, später China und eben heute die Fed. Und immer lautete die Frage, was wäre, wenn die aufhören zu kaufen?
Die Antwort darauf wäre interessant.
Plecha: Zumindest muss die Fed die Anleihen nicht wieder verkaufen, sondern kann sie bequem bis zur Fälligkeit halten. Das beseitigt einen wichtigen Unruhefaktor. Auch sonst wird sie sich nicht verantwortungslos verhalten und versuchen, möglichst wenig Druck auf die Anleihekurse zu erzeugen.
Die Fed hält also die Anleihen bis zum Schluss. Doch wenn sie fällig sind, muss die US-Regierung sich neu refinanzieren. Sie braucht dann andere Geldgeber.
Plecha: Ja, aber vielleicht nicht mehr im selben Ausmaß. Es gibt keine Regel, dass die USA jedes Jahr mehr Schulden machen. Vor etwa 15 Jahren hatten sie einen ausgeglichenen Haushalt mit sogar etwas Überschuss. Damals hatten Investoren plötzlich Angst, es könne bald nicht mehr genug US-Staatsanleihen geben. Lustig, wie sich die Zeiten ändern können.
Die USA könnten ihre Schulden abbauen? Ist das Ihr Ernst?
Plecha: Ich kann das natürlich nicht seriös vorhersagen. Ich kann nur sagen, dass ich in meinen 30 Jahren Anleiheerfahrung auch Zeiten mit sehr niedrigen Defiziten und auch mit Überschüssen gesehen habe.
Manche sprechen angesichts der tiefen Renditen an den Anleihemärkten von einer Spekulationsblase.
Plecha: Ja, damit ist man schnell zur Hand, sobald eine Anlageklasse mal gut läuft. Ich kann Ihnen aber schlicht nicht sagen, ob wir in einer Blase stecken. Eine Blase liegt normalerweise vor, wenn Kurse viel höher sind, als sie eigentlich sein müssten. Und ob es eine war, sieht man immer erst im Nachhinein, wenn die Kurse eingebrochen sind. Wenn wir alle eine Blase erkennen könnten, in der wir gerade stecken, hätten wir keine mehr. Sie würde immer sofort platzen. Und schauen wir noch einmal nach Japan: Dort sind die Renditen seit Jahren niedrig, und inzwischen spricht niemand mehr von einer Blase.
Sie können mir aber bestimmt sagen, ob die aktuellen Renditen fundamental zu Ländern passen, die keine ausgeglichenen Haushalte zustande bekommen.
Plecha: Sagen wir mal so: Die ganze Welt, Unmengen von Anlegern und Asset-Managern sind an den Anleihemärkten engagiert. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass die alle gemeinsam falsch liegen sollen. Es gibt immer einen Grund, weshalb sie Anleihen mit diesen Renditen kaufen und verkaufen. Das macht einen Markt erst zum Markt.
Hat denn der Markt immer Recht?
Plecha: Ich glaube nicht, dass Märkte perfekt sind. Es wäre extrem zu behaupten, dass jeder Umsatz und jeder Preis immer richtig sind. Aber ich glaube auch nicht, dass es so viele Fehlbewertungen gibt, wie viele behaupten. Weshalb würden sonst zwei Drittel aller professionellen Geldmanager regelmäßig hinter dem Markt zurückbleiben. Es müsste doch so einfach sein, den Markt zu schlagen, ist es aber wohl doch nicht.
Ihre Antwort auf die Frage heißt trotzdem nein?
Plecha: Genau. Komplett Recht hat auch der Markt nicht.
Interessante Zeiten am Rentenmarkt, oder?
David Plecha: Mich beschäftigen derzeit einige Dinge. Eines ist die Angst vieler Marktteilnehmer, dass das Zinsniveau zwangsläufig steigen wird und dass das die Anleihemärkte heftig erwischen wird.
Warum denn auch nicht?
Plecha: Natürlich könnte das passieren. Aber die Zinsen können genauso gut sehr lange niedrig bleiben. Wie zum Beispiel in Japan schon seit vielen Jahren. Aber egal, ob die Zinsen rauf gehen oder so tief bleiben – es ist immer eine gut Idee, seine Geldanlage breit zu streuen. Und es wird immer eine gute Idee bleiben.
Eine nicht sehr neue Idee.
Plecha: Aber eine sehr wichtige, heute mehr denn je. Jedes Mal, wenn Sie ins Risiko gehen, versuchen Sie es, so weit wie möglich zu streuen. Ein Aktienportfolio setzen Sie aus mitunter hunderten von Werten zusammen. Die Frage ist nun aber, wie man das am besten mit Anleihen macht.
Und wie lautet die Antwort?
Plecha: Die Investoren verwenden viel Zeit darauf zu versuchen, die Entwicklung von Einzelanleihen und Ländern vorherzusehen. Niemand kann die Entwicklung von Zinsen oder den laufend diskutierten Zusammenbruch des Euro vorhersagen. Die einzige Antwort darauf ist: Investiere und streue global. Für einen Europäer heißt das zum Beispiel, nicht nur Euro-Anleihen zu kaufen. Es gehören auch Papiere in Dollar, Pfund und so weiter dazu. Allerdings sollte man die Währungsrisiken absichern.
Wären die nicht ganz sinnvoll für den Fall, dass der Euro einbricht?
Plecha: Währungskurse sind volatil, sie bringen Unruhe ins Portfolio. Klar können sie kurzfristig Gewinne bringen. Auf lange Sicht steuern sie aber nichts Wesentliches bei. Wenn Sie Währungen abgesichert haben, haben Sie freie Hand, was die Märkte betrifft. Deren Zinskurven sind nie identisch, Sie können hier also durch Kombination Risiken streuen.
Was passiert, wenn die Fed ihr Programm beendet und keine Staatsanleihen mehr kauft und vielleicht sogar den Leitzins erhöht?
Plecha: Die Fed, die Fed, die Fed … immer nur die Fed. Die Leute reden mir zu viel über die Fed.
Die Fed macht den Markt.
Plecha: Nein, die Investoren machen den Markt.
Die Fed ist auch ein Investor. Ein ziemlich großer sogar.
Plecha: Das ist richtig. Und die komplizierte Frage lautet: Verzerrt die Fed die Preise? Niemand kann sagen, wo die Preise ohne das Kaufprogramm der Fed wären. Man könnte meinen, tiefer. Aber wer sagt denn, dass nicht ein anderer Käufer eintreten würde, der sich bisher zurückgehalten hat. Ich kann aus meiner Erfahrung erzählen, dass es schon immer große Käufer von US-Staatsanleihen gegeben hat: Japan, später China und eben heute die Fed. Und immer lautete die Frage, was wäre, wenn die aufhören zu kaufen?
Die Antwort darauf wäre interessant.
Plecha: Zumindest muss die Fed die Anleihen nicht wieder verkaufen, sondern kann sie bequem bis zur Fälligkeit halten. Das beseitigt einen wichtigen Unruhefaktor. Auch sonst wird sie sich nicht verantwortungslos verhalten und versuchen, möglichst wenig Druck auf die Anleihekurse zu erzeugen.
Die Fed hält also die Anleihen bis zum Schluss. Doch wenn sie fällig sind, muss die US-Regierung sich neu refinanzieren. Sie braucht dann andere Geldgeber.
Plecha: Ja, aber vielleicht nicht mehr im selben Ausmaß. Es gibt keine Regel, dass die USA jedes Jahr mehr Schulden machen. Vor etwa 15 Jahren hatten sie einen ausgeglichenen Haushalt mit sogar etwas Überschuss. Damals hatten Investoren plötzlich Angst, es könne bald nicht mehr genug US-Staatsanleihen geben. Lustig, wie sich die Zeiten ändern können.
Die USA könnten ihre Schulden abbauen? Ist das Ihr Ernst?
Plecha: Ich kann das natürlich nicht seriös vorhersagen. Ich kann nur sagen, dass ich in meinen 30 Jahren Anleiheerfahrung auch Zeiten mit sehr niedrigen Defiziten und auch mit Überschüssen gesehen habe.
Manche sprechen angesichts der tiefen Renditen an den Anleihemärkten von einer Spekulationsblase.
Plecha: Ja, damit ist man schnell zur Hand, sobald eine Anlageklasse mal gut läuft. Ich kann Ihnen aber schlicht nicht sagen, ob wir in einer Blase stecken. Eine Blase liegt normalerweise vor, wenn Kurse viel höher sind, als sie eigentlich sein müssten. Und ob es eine war, sieht man immer erst im Nachhinein, wenn die Kurse eingebrochen sind. Wenn wir alle eine Blase erkennen könnten, in der wir gerade stecken, hätten wir keine mehr. Sie würde immer sofort platzen. Und schauen wir noch einmal nach Japan: Dort sind die Renditen seit Jahren niedrig, und inzwischen spricht niemand mehr von einer Blase.
Sie können mir aber bestimmt sagen, ob die aktuellen Renditen fundamental zu Ländern passen, die keine ausgeglichenen Haushalte zustande bekommen.
Plecha: Sagen wir mal so: Die ganze Welt, Unmengen von Anlegern und Asset-Managern sind an den Anleihemärkten engagiert. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass die alle gemeinsam falsch liegen sollen. Es gibt immer einen Grund, weshalb sie Anleihen mit diesen Renditen kaufen und verkaufen. Das macht einen Markt erst zum Markt.
Hat denn der Markt immer Recht?
Plecha: Ich glaube nicht, dass Märkte perfekt sind. Es wäre extrem zu behaupten, dass jeder Umsatz und jeder Preis immer richtig sind. Aber ich glaube auch nicht, dass es so viele Fehlbewertungen gibt, wie viele behaupten. Weshalb würden sonst zwei Drittel aller professionellen Geldmanager regelmäßig hinter dem Markt zurückbleiben. Es müsste doch so einfach sein, den Markt zu schlagen, ist es aber wohl doch nicht.
Ihre Antwort auf die Frage heißt trotzdem nein?
Plecha: Genau. Komplett Recht hat auch der Markt nicht.