Die globale Erholung: Sobald die nun zwei Jahre andauernde globale Pandemie überstanden ist, wird die Weltwirtschaft voraussichtlich in die erste Phase eines neuen Konjunkturzyklus eintreten. Davon werden auch die Schwellenländer profitieren, etwa über Spill-over-Effekte. Zwar verzeichnet China nach dem aktuellen IWF-Report ein nachlassendes Wirtschaftswachstum. Dafür sind die Wachstumsprognosen der Schwellenländer ohne China deutlich höher als die der Industriestaaten. Überdies darf nicht vergessen werden: Während die meisten Schwellenländer von der Corona-Pandemie hart getroffen wurden, hat dies zugleich die Leistungsbilanzen der betroffenen Länder durch einen massiven Importrückgang beziehungsweise eine Währungsabwertung stark begünstigt. Lateinamerika und auch Teile Afrikas haben aufgrund steigender beziehungsweise hoch bleibender Rohstoffpreise eine erhebliche Realzinsprämie und positive Außenhandelsbedingungen geschaffen. So wurde praktisch die fundamentale Basis für eine nachhaltige Entwicklung von Lokalwährungsanleihen gelegt.
Der Zugang zu Rohstoffen: Die weltweit steigende Nachfrage hat Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Entscheidend ist, ob Länder per Saldo Rohstoffe importieren oder sie exportieren können. Viele der großen Schwellenländer mit liquiden und offenen Anleihemärkten, wie etwa Indonesien, sind bedeutende Nettoexporteure von Rohstoffen und gehören folglich zu den Gewinnern. Als typische Exporteure gelten überdies Brasilien und Südafrika, außerdem Chile, Nigeria und Peru.
Die strategische Bedeutung für die Weltwirtschaft: Schon 2030 werden sich, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), sieben der weltweit zehn größten Volkswirtschaften aus den Schwellenländern rekrutieren. Überdies leben schon heute fast 90 Prozent der Weltbevölkerung unter 30 Jahren in den Schwellenländern, wobei der Bildungsstandard auf Grund des Wirtschaftswachstums und öffentlicher Investitionen stetig steigt. Hier wächst also eine Mittelschicht heran, die der Unternehmensberatung McKinsey zufolge bis 2025 insgesamt 30 Billionen US-Dollar für Konsumgüter ausgeben dürfte.
Die Untergewichtung in vielen Portfolios: Anfälligkeiten und institutionelle Schwächen sind ein Faktor, der die Emerging Markets konstant belastet. Dies führt dazu, dass die globale Anlegergemeinschaft, aber auch die lokalen EM-Anleger dazu neigen, Schwellenländeranleihen eher unterzugewichten. Klar ist aber auch, dass sich die Regionen stark unterscheiden. Länder mit breiten Inlandsmärkten und niedrigen Zinssätzen – wie etwa Thailand oder Malaysia – sind besonders interessantest.
Mehr Risikostreuung im Fonds
Solche Papiere können Anleger direkt erwerben – oder aber für mehr Risikostreuung einen Fonds wählen. Weil die Unterschiede der Regionen oft sehr groß sind, empfiehlt es sich, auf einen aktiv gemanagten Fonds zu setzen, statt einfach einen Index zu kaufen. Um Verluste zu vermeiden, ist eine Bottom-up-Länderauswahl im aktuellen Umfeld wichtiger denn je. Das Ausfallrisiko in vielen Ländern dürfte jedoch derzeit häufig überbewertet sein. Insbesondere bestehen Chancen bei BB-Staaten wie Brasilien, Paraguay und Serbien, gefolgt von einer Handvoll BBB- und Single-A-Ländern. Sehr ausgewählte Single-B-Länder sind ebenfalls potentiell attraktiv, doch auch hier ist eine strenge Länderauswahl von größter Bedeutung.
Die letzten Jahre waren für Staats- und Lokalwährungsanleihen aus den Schwellenländern eine Herausforderung. Einmal, weil traditionellere, globale Vermögenswerte ihnen den Rang abliefen. Und dann, weil die Zentralbanken der Schwellenländer gezwungen waren, ihre Politik zum Teil erheblich zu straffen. Mittlerweile nähern sich die Märkte jedoch einem Gleichgewicht und die oben beschriebenen Faktoren sollten dazu beitragen, der Asset-Klasse weiteren Auftrieb zu verleihen. Anleger mit höherer Risikobereitschaft, die vom langfristigen Wachstumspotenzial der Schwellenländer überzeugt sind, sollten die derzeitigen Bewertungen als Chance zu Einstieg betrachten.
Über die Autoren:
Cem Karacadag, Leiter der Emerging Markets Sovereign Debt Gruppe von Barings und leitender Portfoliomanager für die Schwellenländer-Staatsschulen-Strategie. Ricardo Adrogué ist bei Barings Leiter der Global Sovereign Debt and Currencies Group. Er ist als leitender Portfoliomanager für die Emerging Markets Local Debt und die Blended Total Return Debt Strategien verantwortlich.