Bernd Scherer vom Bankhaus Lampe Lohnt sich Diversifikation in der Krise?

Bernd Scherer ist von der Lampe Asset Management

Bernd Scherer ist von der Lampe Asset Management: Der Geschäftsführer räumt mit einem naheliegenden Fehlschluss bei Korrelationen auf Foto: Lampe Asset Management

Eigentlich ist das Thema Diversifikation abgearbeitet. Mit den Worten von Karl Valentin ausgedrückt: „Alles ist schon gesagt, nur nicht von jedem.“ Dennoch wage ich mich an den Sachverhalt, um einen neuen Blick auf eine portfoliotheoretische Binsenweisheit zu werfen. Motiviert ist dieser Beitrag durch die Frage eines vermögenden Privatkunden Ende März 2020: Lohnt sich Diversifikation in der Krise? Ein Bekannter hatte ihm erzählt, dass die Korrelation zwischen riskanten Anlagen in Krisen ansteigt. Diversifikation funktioniert nicht, wenn sie am meisten benötigt wird.

Gerade Privatkunden haben einen kritischen Blick auf theoretische Konzepte und hinterfragen ihre praktische Bedeutung. Ein einfaches „Ja, trotzdem“ hätte hier nicht genügt. In dem folgenden Beitrag möchte ich zeigen, dass die zweite Aussage nicht notwendigerweise aus der ersten folgt.

Hierzu stellen wir ein kleines Gedankenexperiment an. Zwei riskante Anlagen haben die gleiche erwartete Rendite und das gleiche Risiko. Wie groß ist im Krisenfall der Vorteil eines Portfolios, das aus beiden Anlagen besteht und dadurch diversifiziert ist, gegenüber einer einzelnen Anlage? Unser Anleger liebt Rendite und mag kein Risiko. Der Anleger wird umso glücklicher sein, je höher die Risikoreduktion durch Diversifikation, also je geringer die Korrelation zwischen den beiden Anlagen ist.

Mit abnehmender Risikotoleranz – also steigender Risikoaversion – erhöht sich der Vorteil des diversifizierten Portfolios gegenüber der Einzelanlage, solange wir von identischen Renditeerwartungen ausgehen. Steigt hingegen die Korrelation, so schwindet der Vorteil des diversifizierten Portfolios. Beide riskanten Anlagen werden in diesem Fall ähnlicher und verhalten sich zunehmend wie eine Einzelanlage. Ein Vorteil der Diversifikation ist auch dann noch ex ante messbar, wird aber kleiner. Wenn also in einer Krise die Korrelationen steigen, dann scheint es zu stimmen, dass sich Diversifikation gerade in solchen Phasen nicht wirklich lohnt.

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Doch nicht so schnell. Korrelationen steigen nicht unter sonst gleichen Bedingungen. Ein Anstieg der Korrelation wird meist von einer erhöhten Volatilität – gemeint sind Schwankungen der Einzelinvestments – begleitet. Je höher die Volatilität, desto größer ist der risikoreduzierende Effekt von Diversifikation.

Auch dieser Effekt nimmt zwar durch die zunehmende Korrelation ab, die Krisen auszeichnet. Aber gerade in volatilen Phasen führt er beim Vergleich zwischen einer Einzelanlage und einem diversifizierten Portfolio zu erkennbaren Unterschieden. Dies ist besonders für Anleger mit hoher Risikoaversion bedeutsam.