Lösungsvorschlag zur Eurokrise Alternativlos war gestern

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Die Eurozone braucht einen robusteren und weniger in der Finanzierung von Staatsschulden engagierten Bankensektor. Die Banken müssen ihre Verbindung von ihren Heimatstaaten lösen, indem sie die teilweise unverantwortlich hohen Anleihepositionen abbauen. Staatsanleihen sollten mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Die Bankenregulierung sollte vollständig zentralisiert und in einer eigenständigen, von der EZB unabhängigen Behörde gebündelt werden.

Robustere Rettungsarchitektur vonnöten

Die Schuldenkontrolle in der Eurozone, wie sie zurzeit existiert, ist gescheitert. Souveräne Staaten lassen sich nicht durch Absprachen von der Neuverschuldung abhalten. Die Eurozone kann aber dafür sorgen, dass übermäßige Neuverschuldung – also alles oberhalb von 0,5 Prozent des BIP – nur in nachrangigen Anleihen begeben wird, sogenannten Accountability Bonds. Diese Anleihen dürften nur in kleinen Mengen von den Banken gehalten werden, um gegenseitige Abhängigkeiten zwischen Staaten und Banken zu vermeiden.

Die Aufkaufgarantie des OMT-Programms müsste diese Titel explizit ausschließen. Die Nachrangigkeit der Anleihen kann dabei auch ohne die Zustimmung der Mitgliedstaaten festgelegt werden. Jede Anleihe hat eine Nummer, die von der europäischen Regulierung als nachrangig klassifiziert werden kann – ein wichtiger Aspekt angesichts der Unwilligkeit der Nationalstaaten, sich europäischen Regeln zu beugen.

Die Rettungsarchitektur muss robuster, schneller und transparenter werden. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ist zu langsam und unzureichend ausgestattet, um im Krisenfall effektiv einspringen zu können. Die Rettungsverfahren in der Eurozone sollten in dringenden Fällen weitestgehend unabhängig von der politischen Zustimmung der Mitgliedstaaten funktionieren können. Dazu bedarf es der Definition von Rettungsroutinen, die demokratisch legitimiert werden, bevor die Krise ausbricht. Anleihen, die während eines ESM-Programms auslaufen, sollten automatisch verlängert werden.

Geduldiges Bohren dicker Bretter

Dies verhindert auch, dass Gläubiger überschuldeter Staaten auf Kosten der Steuerzahler ausgezahlt werden. Auf Vorrat beschlossene Kürzungen der Staatsausgaben bewahren die Handlungsfähigkeit der Regierung auch in Krisenzeiten. Spätestens drei Jahre nach Beginn eines ESM-Programms sollte ein Land den Zugang zum Kapitalmarkt zurückerlangt haben. Ist dies nicht gelungen, muss es eine Schuldenkonferenz geben, auf der nach klar definierten Verfahren die Schulden so restrukturiert werden, dass dem Krisenland ein nachhaltiger Schuldendienst ermöglicht wird.

Die Befestigung des Fundaments ist harte Arbeit, es erfordert geduldiges Bohren dicker Bretter. Einen Karlspreis gibt es für das Konsolidieren bereits bestehender Institutionen nicht – es wundert daher nicht, dass so viele politische Ressourcen in kühne Visionen eines vereinten Europas gesteckt werden. Doch das ist zu kurz gedacht. Unterbleibt die Stabilisierung der Eurozone, droht genau das, was einem immer höher gebauten Haus ohne stabiles Fundament blüht: ein krachender Zusammenbruch.


Über den Autor:
Johannes Becker ist Professor für Finanzwissenschaft  an der westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Im jüngst erschienenen Buch „Der Odysseus-Komplex“ benennt er zusammen mit Ifo-Chef Clemens Fuest die Fehler der Währungsunion und liefert ein realistisches Programm zur Lösung der Eurokrise.

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