Liqid, Scalable Capital und Co. Wie Online-Vermögensverwalter die Branche erneuern

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Dieses Number-Crunching versetzt Portfoliomanager und Investmentchefs in die Lage, ihre Dienste statt einer Handvoll Anlegern Tausenden Kunden zugleich anzubieten, indem die Maschine die Portfolios gemäß den Vorgaben überwacht und gegebenenfalls automatisch anpasst. Dabei vertraut jeder Anbieter auf sein eigenes Modell.

So verfolgen Scalable Capital und Whitebox einen risikogemanagten Ansatz. Konkret setzt Scalable Capital auf die Risikokennzahl Value-at-Risk mit einjährigem Horizont. Der Wert steht für den prozentualen Verlust, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres nicht überschritten werden soll.

Whitebox wiederum schwört auf den Mean-Conditional-Value-at-Risk-Ansatz, der auch potenzielle Crashs mit einbezieht und den dabei maximal möglichen Verlust einschätzt. In der jüngsten (moderat) turbulenten Marktphase hat sich mancher Anbieter mit seinem Konzept bereits bewährt: Während die globalen Aktienmärkte im Januar und Februar 2016 um 15 bis 20 Prozent einbrachen, büßte beispielsweise Scalable Capitals risikoreichste Strategie (VaR 25 Prozent) 5 Prozent ein.

Entwicklung erst am Anfang

Wie sich die verschiedenen Ansätze im Fall größerer Marktrücksetzer schlagen, muss sich zeigen. Die wahre Herausforderung dürfte ohnehin woanders liegen. Der Blick über den Atlantik zu US-Anbietern wie Betterment zeigt, dass Angebote, die sich stärker an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientieren, zu deutlich schnellerem Wachstum der Kundenzahlen führen – Stichwort zielbasiertes Anlegen.

Auch einige der deutschen Online-Vermögensverwalter haben auf  diese Entwicklung bereits mit flexiblen Sparplänen reagiert. Den Wendungen der meisten Lebensläufe werden sie aber damit eher nicht gerecht. „Für Kunden, die wie die meisten Menschen mehr als ein einzelnes Anlageziel verfolgen, bräuchte es künstliche Intelligenz, die mit diesen Zielkonflikten umgehen kann“, sagt Frederik Lutterbeck von der Unternehmensberatung Concedro. „Die Frage ist, wie man die Assets so verteilt, dass man alle seine Ziele gleichzeitig erreicht.“ Hier würden die bisherigen Instrumente aus der klassischen Portfoliotheorie noch schnell an ihre Grenzen stoßen.

Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass Fintechs und etablierte Anbieter dieses Ziel besser erreichen können, indem sie den Mehrwert der Digitalisierung gemeinsam heben. Langfristig dürften sich beide Seiten daher eher umarmen, als sich zu bekämpfen.

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