Moderiert von Corinna Wohlfeil, ordneten Sonja Laud, Investmentchefin von LGIM, Wolfgang Ratheiser, seit acht Jahren in führender Funktion (Vice President Corporate Finance & Treasury) bei Porsche, Timm Höynck, Leiter des Portfoliomanagements der R&V Versicherung, und Alexander Raviol, Partner von Lupus Alpha die Wahlergebnisse in den USA ein – gaben einen Ausblick darauf, was in Europa nun geschehen sollte und wie sie ihre Portfolios aufstellen.
Europäische Kapitalmarktunion muss kommen
Einig waren sich die Beteiligten darin, dass die Wahl in den USA erneut verdeutlicht, dass Europa raus aus der Komfortzone kommen muss. Das Wort „Resilienz“ zog sich in diesem Zusammenhang durch den gesamten Veranstaltungstag in Frankfurt am Main. Ohne Widerstandskraft und klare Führung, verliere Europa seinen Platz am geopolitischen Tisch. Um dem entgegenzuwirken und damit die EU nicht zwischen den USA und China zerrieben wird, wurden konkrete Maßnahmen benannt. „Wir arbeiten seit langem an einer Kapitalmarktunion. Gut, dass sie auf der Agenda steht“, sagt Ratheiser. Auch für Laud steht fest: „Europa muss zusammenrücken, um global eine Rolle zu spielen. Die Kapitalmarktunion wäre ein logischer Schluss, um Kapitalzugang zu erleichtern.“
Für Ratheiser müsse die Kapitalmarktunion aber mit weniger Ländern innerhalb der EU ihren Start nehmen, um robust aufgestellt zu sein. Er unterstreicht: „Wir brauchen sie unbedingt, um Europa voranzubringen, um Zugriff auf Gelder zu haben, die Innovation finanzieren.“ In den Augen des Porsche-Managers, der gut 8 Milliarden Euro federführend mitverwaltet, müssen Portfolios zudem heute global aufgestellt sein und illiquide. Alternatives machen bei seinem Portfolio 40 Prozent aus.
Deregulierung muss auf die Tagesordnung
Für Timm Höynck von der R&V Versicherung sind 40 Prozent in alternativen Anlagen allein aus regulatorischen Gründen nicht darstellbar. Und auch bei Aktien würde er seine derzeitige Quote von 7 Prozent gerne hochfahren. „Im regulatorischen Rahmen wollen wir weiteres Risiko haben“ betont er. „Regulierung kostet und hängt ab“, schlägt Ratheiser in dieselbe Kerbe und verweist darauf, dass in den vergangenen fünf Jahren 13.000 neue Gesetze in Europa ersinnt worden sind, obwohl die Private Markets ein gutes Beispiel für Deregulierung seien.
Während Laud von LGIM für das vergangene Jahr mit gut zehn Prozent Rendite rechnet, legt Höynck folgerichtig einen anderen Schwerpunkt: „Wir sind stark in Fixed income, brauchen laufende Rendite und erreichten bis zum 30. September fast 4 Prozent in der Neuanlage", sagt er und betont: „Wir sind froh darüber, dass die Null und Niedrigzinsphase vorbei ist.“
Dass das so bleibt, sei aber nicht in Stein gemeißelt. „Ich kann mich nicht hundertprozentig gegen geopolitische Krisen abhedgen. Der Markt entwickelte sich beispielsweise trotz der Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten positiv. Wer zu risikoscheu war, hat etwas verpasst“, sagt Laud und merkt an: „Anleihen und Aktien können gut abfedern, aber Inflationssorgen können 2022 zurückbringen und beides sinken lassen. Es braucht Absicherungsstrategien durch Private Markets.“ Höynck sieht das ähnlich und verrät: „Die Managerauswahl bei Private Equity und Private Debt ist essenziell. Wir managen 80 Prozent selbst, aber da holen wir uns externe Expertise.“ Um für alle Eventualitäten gefeit zu sein, will Höynck aber auch Liquidität vorhalten. Er betont: „Darüber hinaus muss man Schocks aushalten können.“
Denn dass Donald Trump weitere Unsicherheit, auch im Punkt Inflation, mit sich bringe, stehe außer Frage. „Die Idee des Abkoppelns zu den USA ist aber nicht relevant, da wir zu verflochten sind. Alle wissen, dass Abkoppelung nicht in Frage kommt“, betont Laud und erklärt: „Es geht um Verhandlungen, Zölle und weiteres.“ Mit Blick auf die US-Staatsverschuldung und die Inflation sagt Alexander Raviol von Lupus Alpha: „Zielbild der USA müssen Negativzinsen sein.“ Unterm Strich stehe aber für Laud fest: „Der Markt freut sich über Trump, weil er Risk-on ist.“ Zudem sei Trump gegen Regulierung, könnte diese mit Hilfe des Silicon Valley, das unter ihm weiter an Einfluss gewinnen dürfte, noch effektive zurückschrauben.
Globale Diversifikation wird wichtiger
Die oft gehörte Aussage: Amerika erfindet und erforscht, China kopiert und verbessert, Europa reguliert, hat weder für Raviol, noch die anderen in der Runde Beständigkeit, zumindest was China angeht. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sei längst Innovationstreiber in der Hochtechnologie. Höynck bleibt dennoch vorsichtig: „Wir sind global investiert, aber hatten nie die Zuversicht, um in China zu investieren und holen das jetzt nicht nach.“ Er schaut lieber weiter auf Europa die USA. „Europäische Aktien sind so bewertet, dass wir investieren wollen“, sagt er und sieht eine Chance für Europa, wenn der Pfad er Regulierung verlassen würde und im Gegenzug mehr Geschlossenheit entstünde: „Das würde auch Trump beeindrucken.“
Ratheiser sagt mit Blick auf China: „Wir müssen uns vom Mindset des weniger Arbeiten verabschieden" und führt an, dass im Reich der Mitte länger und härter gearbeitet wird. Die Immobilien- und Demografieprobleme haben in seinen Augen aber noch länger Bestand. China brauche zudem eine konsumorientiere Volkswirtschaft. Wegstimulierbar sind die Probleme auch für Laud nicht, der Überhang beispielsweise bei den Immobilien müsse „abgearbeitet werden“, die auf Export und staatliche Investitionen ausgerichtete Volkswirtschaft brauche Balance. Investitionen schließe Laud deshalb aber nicht aus.