Lasst die Zahlen sprechen Wie es um Europas Unternehmensgewinne und Aktienbewertungen steht

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Als Fondsmanager für europäische Nebenwerte können wir dies bestätigen. Auf den zwei letzten großen Investmentkonferenzen in Deutschland und Frankreich waren die Manager der Firmen sehr zuversichtlich. Das erste Mal seit einigen Jahren sehen auch italienische und französische Unternehmenslenker steigende Margen und solide Auftragseingänge in den nächsten zwölf Monaten. Diese positive Sicht war bisher nur von deutschen Unternehmen zu hören.

Optimistisch stimmt auch, dass gerade Italien, Spanien und auch Frankreich noch Aufholpotential haben. Die Industrieproduktionsdaten liegen hier weiter deutlich unter dem hohen Niveau Deutschlands. Das 2017er Gewinnwachstum rührte allerdings zu etwa 70 Prozent von Erholungseffekten der Branchen Banken, Versicherungen und Öl & Gas. Das diesjährig erwartete Wachstum steht auf breiteren Beinen: Der größte Sektor, Industriegüter & Dienstleistungen, trägt nun auch wesentlich zum Wachstum bei.

Wo bleibt der Cashflow?

Die in der Presse viel zitierten Wachstumswerte aus Branchen wie Technologie oder Biotech tragen hingegen nicht zum Wachstum bei. Umsatzseitig durchaus stark, lassen nachhaltige Gewinne pro Aktie in der Betrachtung zu wünschen übrig. 

Ein ganz anderes Bild ergibt sich bei der Sicht auf die Bewertung von Aktienmärkten: Europäische Aktien notieren bei einem 2018er KGV von knapp 16. Adjustiert man die Gewinne zyklisch, also basiert die Berechnung nicht auf den aktuellen relativ hohen Margen, sondern auf einem 10-Jahresdurchschnitt, liegt das KGV bei dem 19-fachen. In beiden Fällen liegt man dabei aber noch auf dem Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre.

Auch bei Nebenwerten im Vergleich zu Blue Chips ist keine wesentliche Prämie festzustellen. Unsere Bevorzugung von Nebenwerten basiert zudem auf der Tatsache, dass diese sich ähnlich wie Blue Chips stark entschuldet haben und zudem durch ihre Nischenpositionierung weniger stark von makroökonomischen Schocks betroffen sind. Sie wachsen schneller und sind regelmäßig Ziele von Übernahmen. Mehr Alpha also, das heißt ein Mehrwert durch Titelselektion in diesem Segment ist bei stark gelaufenen Aktienmärkten (Beta) zu empfehlen.

Deutsche Aktien sind teuer

Ein Sicherheitspuffer sind starke Bewertungsabschläge zum Gesamtmarkt. So halten wir beispielsweise im Schnitt Aktien mit einem KGV von unter dem 13-fachen. Auffällig ist aktuell die regionale Bewertungsdifferenz. Deutsche Aktien sind im Vergleich zu ihren Pendants aus Frankreich, Italien und Spanien sehr teuer. Wir favorisieren daher die letztgenannten Länder vor deutschen Aktien. Vorsicht bei den Gewinnen höher verschuldeter Unternehmen. Diese dürften im Falle steigender Zinsen schnell aufgefressen werden. Viele sind immer noch variabel über Euribor finanziert.

US-Aktien sind – trotz höherer Profitabilität als die europäischen Mitbewerber – historisch sehr teuer. Ein KGV von fast 20, nahe der Bewertung Anfang 2000 und ein Shiller-KGV von 32 lassen daran kein Zweifel mehr.