Langfristiger Perspektive Sechs Gründe für ein Euro-Comeback

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management

Im Augenblick rechnet jeder damit, dass sich der US-Dollar weiter aufwerten wird. Das kann gar nicht anders sein. Die US-Wirtschaft wächst mit ordentlichen Raten. Die Zinsen sollen angehoben werden. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich verringert. Der Fehlbetrag in den öffentlichen Haushalten ist geringer. Die Inflation ist fast Null. Unter solchen Bedingungen muss auch die Währung an Wert gewinnen.

Aber ist das wirklich so zwangsläufig? Ich möchte hier etwas Wasser in den Wein gießen. Ich habe mir dazu die ganz lange Entwicklung des Wechselkurses zwischen dem US-Dollar und der D-Mark beziehungsweise dem Euro angeschaut (siehe Grafik). Die Eurokurse vor der Einführung der Gemeinschaftswährung im Jahr 1999 habe ich dazu der Einfachheit halber aus der D-Mark abgeleitet. Die Entwicklung der letzten sechzig Jahre legt einige interessante Schlussfolgerungen nahe.



Erstens: Die Bewegung des Wechselkurses zum US-Dollar hat sich durch den Übergang von der D-Mark zum Euro kaum geändert. Die Gründung der Währungsunion war anders als viele das gedacht haben keine Zäsur. All die Streitereien in der Währungsunion haben der Attraktivität der Gemeinschaftswährung bisher nicht geschadet. Der Verlust der international hochrenommierten D-Mark wurde offenbar durch die größere Breite und Liquidität der neuen Währung kompensiert.

Zweitens: Seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen Anfang der 70er Jahre haben sich die D-Mark beziehungsweise der Euro gegenüber dem US-Dollar im Trend permanent aufgewertet. Im Schnitt ging es um rund 2,5 Prozent pro Jahr nach oben. Auch das ist überraschend. Jeder redet über die große Dynamik und Attraktivität der amerikanischen Wirtschaft, die der europäischen so weit überlegen sei. Am Devisenmarkt ist hiervon jedoch nichts zu erkennen. Das hängt vermutlich mit der größeren Stabilitätsorientierung der Europäer und dem anhaltenden Leistungsbilanzdefizit der Amerikaner zusammen.

Drittens: Die Entwicklung des Euro/Dollar Kurses war über all die Jahre keineswegs so chaotisch, wie es in der Hektik des Tagesgeschäfts manchmal den Eindruck macht. Die Kurse bewegten sich vielmehr in relativ geordneten Bahnen, konkret in einer Bandbreite von +/- 25 Prozent. Wenn sie an das obere Ende des Bandes stießen, drehten sie wieder nach unten. Wenn sie das untere Ende erreichten, ging es wieder nach oben.

Viertens: Seit Beginn der flexiblen Kurse gibt es drei klar voneinander getrennte große Zyklen. Der erste endete 1985 mit der Dollarhausse unter dem amerikanischen Präsidenten Reagan. Der zweite fand seinen Tiefpunkt um die Jahrtausendwende mit der Schwäche des Euros nach der Einführung der Währungsunion. Den dritten er leben wir gerade jetzt. Bemerkenswert ist, dass die Zyklen gemessen an den Tiefpunkten jeweils 15 Jahre auseinander liegen. Eine solche Regelmäßigkeit könnte auf eine tieferliegende Gesetzmäßigkeit hindeuten. Freilich sehe ich keinen ökonomischen Grund, dass es alle 15 Jahre zu einer Zuspitzung auf den Devisenmärkten kommen sollte. Vielleicht ist es nur Zufall, allerdings ein interessanter Zufall.