Früher Ausnahme, heute gefragt Als unabhängiger Vermögensverwalter zur eigenen KVG

Thorsten Schrieber von DJE Kapital

Thorsten Schrieber von DJE Kapital: Der unabhängige Vermögensverwalter gründete als einer der ersten Anbieter eine eigene KVG in Luxemburg. Foto: DJE Kapital

Der Finanzstandort Deutschland hat ab Mitte der 1980er Jahre große Veränderungen durchlaufen, die vor allem von einer Reihe positiver und wegweisender Entwicklungen geprägt waren. Zu nennen sind hier die zahlreichen technischen Neuerungen wie computergestützte Handels- und Kursinformationssysteme oder auch die Einführung des Dax im Jahr 1988, der bis heute als Benchmark-Index für deutsche Standardwerte gilt. 

Doch die zunehmende Internationalisierung des Wertpapierhandels und die Einflechtung Deutschlands in das internationale Finanzsystem haben den hiesigen Finanzsektor am eindrücklichsten geprägt. Der Blick der führenden Finanzinstitute Deutschlands richtete sich gegen Ende der 1990er Jahre erstmals über die heimischen Landesgrenzen hinaus. Erste Niederlassungen wurden an den führenden Finanzstandorten der Welt wie London oder der New Yorker Wall Street gegründet, mit dem Ziel, zu den weltweit führenden Häusern der Branche aufzuschließen. Zudem sollten neue Märkte erschlossen und ein internationales Publikum angesprochen werden. 

Große Institute waren jahrelang im Vorteil

Für große Finanzinstitute wie die Commerzbank oder die Deutsche Bank zahlte sich diese Strategie umgehend aus, während kleineren, unabhängigen Häusern wie DJE Kapital dieser Weg verschlossen blieb. So war es bis etwa um das Jahr 2002 in Deutschland ausschließlich Banken und Versicherungen vorbehalten, über ihre Tochtergesellschaften Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) zu gründen. Bankenunabhängige Vermögensverwalter waren von diesen Rahmenbedingungen abhängig. Eigene Fondsideen mussten über Drittpartner initiiert und von ihnen auch vertrieben und verwaltet werden. 

Aber manch einem Unternehmen war es ein besonderes Anliegen, langfristig unabhängig von Drittpartnern zu werden, um die Marktposition als bankenunabhängiger Vermögensverwalter zu stärken. Nehmen wir das Beispiel DJE Kapital: Als wir uns schließlich im Jahr 2001 dazu entschieden, eine eigene KVG in Luxemburg zu gründen, geschah dies hauptsächlich vor dem Hintergrund, unsere Unabhängigkeit zu wahren. Für die Gründung der DJE Investment S.A. im Jahr 2002 gewannen wir die DZ Bank als Partner. Allerdings konnten wir die KVG eben zunächst nur unter Beteiligung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der DZ Bank realisieren. 

 

Von Anfang an beabsichtigten wir jedoch, die Beteiligung der DZ Bank vollständig zu übernehmen, sobald die Commission de Surveillance du Secteur Financier, kurz CSSF, die zuständige Aufsichtskommission des Finanzsektors in Luxemburg, der Transaktion zustimmte. Diese erfolgte schließlich im Jahr 2006 und die DJE Investment S.A. wurde eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der DJE Kapital AG. 

Mit der DZ Bank hatte sich die DJE Kapital AG für einen geeigneten Partner an seiner Seite entschieden, denn es gab damals bereits gemeinsame Fondsprojekte mit Attrax oder IP Concept. Zudem stand die DZ Bank für Zuverlässigkeit. Dies hat sich insbesondere in turbulenten Marktphasen bewährt, wie beispielsweise während der großen Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 oder der immer noch andauernden Covid-19-Pandemie.

Standort Luxemburg als gute Möglichkeit für Vermögensverwalter

Doch warum sollte man sich damals als unabhängiger Vermögensverwalter für den Standort Luxemburg entscheiden? Zunächst wäre solch ein Vorhaben in Deutschland für eine Gesellschaft in Privatbesitz nahezu unmöglich gewesen. Ein weiterer großer Vorteil war und ist die Internationalität und Mehrsprachigkeit der in Luxemburg verfügbaren Arbeitskräfte mit großer Finanz- und Verwaltungsexpertise von Anlageprodukten sowie die auf Investmentrecht spezialisierten Juristen, die über Erfahrungen in der grenzüberschreitenden Registrierung von Investmentfonds verfügen und somit deren weltweiten Vertrieb erleichtern. 

Weitere Gründe, die für Luxemburg sprachen, waren beispielsweise der damals schon wegweisende Anlegerschutz oder die ausgesprochene Reaktionsschnelligkeit der Aufsichtsbehörde CSSF. Hinzu kam, dass bereits im Jahr 2003 die Genehmigungsprozesse für Ucits-Fonds in Luxemburg extrem kurz waren, während mit einer Art Passporting der Vertrieb der Fonds innerhalb der Europäischen Union wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen entsprach. 

 

Dank der ausgesprochen kurzen Genehmigungsprozesse in Luxemburg war es beispielsweise DJE Kapital möglich, bereits im Jahr 2003 mit dem DJE Dividende & Substanz einen eigenen Dividendenfonds aufzulegen. Durch die Gründung der DJE Investment S.A. im Jahr 2002 war es schließlich möglich, die Bepreisung und das Produktdesign selbst zu bestimmen. 

Neben politischer und wirtschaftlicher Stabilität und der höchsten Bonitätseinstufung gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt, der für Luxemburg spricht: Bereits im Jahr 2002 war Luxemburg mit einem verwalteten Vermögen auf der Ucits-Seite in Höhe von mehr als 1.800 Milliarden Euro ein Schwergewicht unter den weltweiten Fondsstandorten und ist bis heute die Nummer 2 nach den USA. Dieser Standortvorteil sowie die Tatsache, dass die in Luxemburg aufgelegten Fonds inzwischen in mehr als 70 Ländern der Welt vertrieben werden, ist aus heutiger Sicht der wohl entscheidende Faktor, wenn man außerhalb Deutschlands und Österreichs als bankenunabhängiger Vermögensverwalter erfolgreich sein möchte. 

Immer mehr Institute bieten Gründung unabhängiger Fondsstrukturen

Rückblickend auf die vergangenen zwei Jahrzehnte lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Integration der deutschen Finanzbranche in das internationale Finanzsystem erfolgreich war und sich viele neue Chancen für deutsche Anleger, Investoren und zahlreiche Unternehmen ergeben haben. 

Nicht jeder Vermögensverwalter besitzt die nötige Größe, um eine eigene KVG auf internationalem Terrain zu gründen. Dafür bieten sich heute viele anderen Strukturen und Möglichkeiten, um dezidierte Sondervermögen aufzulegen und die eigenen Kundenbestände zu sichern. Positiv ist zu beobachten, dass es inzwischen eine ganze Reihe unabhängiger Vermögensverwalter gibt, die vergleichbar mit DJE Kapital Tochtergesellschaften im Ausland gegründet haben. Inzwischen haben sich aber auch die Banken wie die DZ Privatbank auf das Businessmodell zur Gründung unabhängiger Fondsstrukturen spezialisiert und unterstützen so durch ihr Wirken die fortwährende Entwicklung der Finanzbranche. 

Über den Gastautor:
Thorsten Schrieber ist Mitglied des Vorstands bei DJE Kapital. Seit November 2017 ist er als Mitglied der Geschäftsführung bei DJE für den Fondsvertrieb sowie die Bereiche Institutioneller Vertrieb, Mandats- und Vertriebsmanagement und Marketing und PR verantwortlich. Bereits 2001 bis 2007 war er für die DJE Kapital AG sowie die DJE Investment S.A. als Leiter Vertrieb und Marketing tätig. Zwischenzeitlich widmete Schrieber sich anderen Tätigkeiten im Bereich Immobilienentwicklung in Italien und Österreich. Weitere berufliche Stationen waren Credit Suisse Asset Management, die Zürich Investmentgesellschaft und Fidelity Brokerage Services.

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