Kurt von Storch „Ich würde mich für Nestlé-Aktien entscheiden“

Kurt von Storch ist Chef und Mitgründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch

Kurt von Storch ist Chef und Mitgründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch

„Ohne Aktien geht es nicht“, so heißt Ihr Vortrag auf dem 5. Vermögenstag der V-Bank. Sind Aktienanlagen im Niedrigzinsumfeld für die meisten Anleger denn nicht eine Selbstverständlichkeit?

Kurt von Storch: Nein, leider nicht. Die Rally an den Aktienmärkten geht an den meisten Anlegern vorbei. Nehmen wir den Dax:  Der steigt nicht etwa, weil die Deutschen kaufen – es sind vor allem US-amerikanische Index- und Hedge-Fonds, die die Kurse derzeit in die Höhe treiben. 

Im Vergleich zu Ländern aus dem angelsächsischen Raum ist in Deutschland die Aktienkultur nur wenig ausgeprägt. Woran liegt das?

Das ist historisch gewachsen. Die Deutschen bevorzugen seit jeher verzinsliche Anlagen; Aktien dagegen gelten als Zockerpapiere, der Aktionär als Spekulant. Ihre Erfahrungen in den vergangenen 15 Jahren, insbesondere der Crash am Neuen Markt, haben sie darin bestärkt. Diese Einstellung zu ändern, ist leider sehr schwierig. Womöglich müssen die „Schmerzen“, die der Nullzins den Sparern bereitet, noch sehr viel größer werden. Es bleibt zu hoffen, dass sie rechtzeitig erkennen, wie wichtig Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau, insbesondere die Altersvorsorge sind.

Einige Marktteilnehmer geben der Unwissenheit Schuld an der Zurückhaltung der Deutschen gegenüber der Aktie und fordern Finanzkunde als Unterrichtsfach. Was halten Sie davon?

Ein hartes, pauschales Urteil. Man darf bei der Diskussion nicht vergessen, dass die Deutschen in den vergangenen Jahren attraktive Renditen mit ihren Zinsanlagen erzielt haben. Die Notwendigkeit, sich mit Aktien zu beschäftigen, war bislang also gar nicht so groß. Nichtsdestotrotz bin ich sehr dafür, Wirtschafts- und Finanzwissen sehr viel stärker in der Schule zu implementieren; Entsprechendes gilt natürlich für die Lehrerausbildung. Bert Flossbach und ich haben vor einigen Jahren eine Stiftung gegründet, mit deren Mitteln wir das Finanz- und Wirtschaftswissen von Kindern und Jugendlichen fördern; derzeit sind wir dabei, einen bundesweiten Schülerwettbewerb zu konzipieren. Diese Themen sind zu wichtig, als dass man sie vernachlässigen darf – für jeden Einzelnen, aber auch die Volkswirtschaft als Ganzes.

Wie sieht für Sie derzeit die optimale Asset Allocation eines defensiven und wie die eines wachstumsorientierten Anlegers aus?
Die Portfoliozusammensetzung hängt immer vom Einzelfall ab, den Wünschen und Zielen des jeweiligen Kunden. In unseren Strategiefonds besteht das defensive Portfolio derzeit aus rund 52 Prozent Rentenpapieren, 32 Prozent Aktien und 8 Prozent Gold; der Rest entfällt auf eine kleine Position Wandelanleihen und die Kasse. Bei dem wachstumsorientierten Strategiefonds sind aktuell knapp 68 Prozent in Aktien investiert, 14 Prozent in Renten und 9 Prozent in Gold. Eines jedenfalls ist relativ sicher: Wer sein Vermögen in den kommenden Jahren erhalten will, kommt nicht umhin, einen signifikanten Anteil davon in Aktien zu investieren.

Woran schauen Sie bei einem Unternehmen, wenn sie dessen Aktie ins Portfolio eines Ihrer Fonds nehmen wollen?

Unser Schwerpunkt liegt auf echten Qualitätstiteln – auf Aktien von Unternehmen, die verlässlich Gewinne erzielen, nachhaltig wachsen, global aufgestellt und wenig verschuldet sind. Will man, was die Bewertung betrifft, eine bestimmte Bilanzposition beziehungsweise Kennziffer herausheben, die uns wichtig ist, dann der freie Cash-Flow eines Unternehmens. Für die Bewertung bedeutsam sind zudem das Geschäftsmodell und die Wettbewerbsposition eines Unternehmens – starke  Marken und Patente etwa. Dazu die Qualität der Bilanz, also Cash-Flows, Gewinn, eine niedrige Verschuldung, und nicht zuletzt die Qualität des Managements. Was wir nicht mögen, sind Unternehmen mit starkem Einfluss von Seiten des Staates.

Mit welcher Aktie haben Sie im vergangenen Jahr einen besonders guten Fang gemacht?

Unsere Anlagestrategie ist langfristig ausgelegt; es braucht mehr als nur ein Jahr, um den Erfolg einzelner Beteiligungen zu bewerten. Auch wenn es langweilig klingt: Zu unseren Lieblingsaktien zählt nach wie vor der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé:  Ein breit aufgestelltes, global agierendes Unternehmen, das seit Jahrzehnten ein verlässlicher Dividendenzahler ist.

Europa oder die USA: Welchen Aktienmarkt würden Sie vorziehen?

Schaut man sich unsere Portfolios an, wird man sehr schnell feststellen, dass derzeit ein Großteil der Aktien aus den USA stammt. Der Grund dafür ist denkbar einfach: Die Zahl der Unternehmen, die unseren Qualitätsanforderungen entsprechen, ist in den USA schlichtweg größer als in Europa.

Was halten Sie davon, in Aktien aus krisengeplagten Ländern zu investieren?

Wenn das Unternehmen sehr gut ist, noch dazu zu attraktiv bewertet, warum nicht? Schlussendlich geht es bei jeder Anlageentscheidung darum, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen.

Jim Rogers bezeichnete kürzlich Russland als den attraktivsten Markt der Welt. Stimmen Sie ihm zu?

Bei russischen Unternehmen sind wir vorsichtig. Verschiedene Faktoren sprechen gegen ein allzu großes Engagement, etwa Fragen der Rechtssicherheit und der Corporate Governance. An vielen Konzernen ist zudem der Staat als Aktionär beteiligt – den langfristigen Ertragsaussichten ist das nicht unbedingt zuträglich. 

Stellen Sie sich vor, ein Verwandter von Ihnen bekommt Nachwuchs und Sie wollen dem Kind etwas Wertvolles schenken. Was wäre das: Gold, Aktien oder Bargeld?

Bargeld ist keine Option – es soll ja ein Geschenk sein. Die Goldmünze wäre die klassische Variante.  Ich würde mich vermutlich für Nestlé-Aktien entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, mit ihnen auch in den kommenden Jahren attraktive Renditen zu erzielen, ist vergleichsweise groß. Außerdem kann man nicht früh genug damit anfangen, in erstklassige Unternehmen zu investieren. Die Zeit ist der beste Freund der Qualitätsaktie.

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